Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Verkehr nicht bloß mit unserer Sonne, sondern auch mit allen anderen leuchtenden Sonnen des Firmaments. Die wichtige Entdeckung von dem Widerstande, welchen ein, den Weltraum füllendes Fluidum einem Cometen von fünfjähriger Umlaufszeit meßbar entgegensetzt, hat sich durch die genaue Uebereinstimmung der numerischen Verhältnisse vollständig bewährt. Auf Analogien gegründete Schlüsse können einen Theil der weiten Kluft ausfüllen, welche die sicheren Resultate einer mathematischen Naturphilosophie von den Ahndungen trennt, die auf die äußersten, und darum sehr nebeligen und öden Grenzen aller wissenschaftlichen Gedankenentwickelung gerichtet sind.

Aus der Unendlichkeit des Weltraums, die freilich von Aristoteles bezweifelt ward10, folgt seine Unermeßlichkeit. Nur einzelne Theile sind meßbar geworden; und die, alle unsere Fassungskraft überschreitenden Resultate der Messung werden gern von denen zusammengestellt, welche an großen Zahlen eine kindliche Freude haben, ja wohl gar wähnen durch staunen- und schreckenerregende Bilder physischer Größe den Eindruck der Erhabenheit astronomischer Studien vorzugsweise zu erhöhen. Die Entfernung des 61ten Sterns des Schwans von der Sonne ist 657000 Halbmesser der Erdbahn; und das Licht braucht etwas über 10 Jahre, um diese Entfernung zu durchlaufen, während es in 8' 17",78 von der Sonne zur Erde gelangt. Sir John Herschel vermuthet nach einer sinnreichen Combination photometrischer Schätzungen11, daß Sterne des großen Ringes der Milchstraße, die er im 20füßigen Telescop aufglimmen sah, wären es neu entstandene leuchtende Weltkörper, an 2000 Jahre gebraucht haben würden, um uns den ersten Lichtstrahl

Verkehr nicht bloß mit unserer Sonne, sondern auch mit allen anderen leuchtenden Sonnen des Firmaments. Die wichtige Entdeckung von dem Widerstande, welchen ein, den Weltraum füllendes Fluidum einem Cometen von fünfjähriger Umlaufszeit meßbar entgegensetzt, hat sich durch die genaue Uebereinstimmung der numerischen Verhältnisse vollständig bewährt. Auf Analogien gegründete Schlüsse können einen Theil der weiten Kluft ausfüllen, welche die sicheren Resultate einer mathematischen Naturphilosophie von den Ahndungen trennt, die auf die äußersten, und darum sehr nebeligen und öden Grenzen aller wissenschaftlichen Gedankenentwickelung gerichtet sind.

Aus der Unendlichkeit des Weltraums, die freilich von Aristoteles bezweifelt ward10, folgt seine Unermeßlichkeit. Nur einzelne Theile sind meßbar geworden; und die, alle unsere Fassungskraft überschreitenden Resultate der Messung werden gern von denen zusammengestellt, welche an großen Zahlen eine kindliche Freude haben, ja wohl gar wähnen durch staunen- und schreckenerregende Bilder physischer Größe den Eindruck der Erhabenheit astronomischer Studien vorzugsweise zu erhöhen. Die Entfernung des 61ten Sterns des Schwans von der Sonne ist 657000 Halbmesser der Erdbahn; und das Licht braucht etwas über 10 Jahre, um diese Entfernung zu durchlaufen, während es in 8′ 17″,78 von der Sonne zur Erde gelangt. Sir John Herschel vermuthet nach einer sinnreichen Combination photometrischer Schätzungen11, daß Sterne des großen Ringes der Milchstraße, die er im 20füßigen Telescop aufglimmen sah, wären es neu entstandene leuchtende Weltkörper, an 2000 Jahre gebraucht haben würden, um uns den ersten Lichtstrahl

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0045" n="40"/>
Verkehr nicht bloß mit unserer Sonne, sondern auch mit allen anderen leuchtenden Sonnen des Firmaments. Die wichtige Entdeckung von dem Widerstande, welchen ein, den Weltraum füllendes Fluidum einem Cometen von fünfjähriger Umlaufszeit meßbar entgegensetzt, hat sich durch die genaue Uebereinstimmung der numerischen Verhältnisse vollständig bewährt. Auf Analogien gegründete Schlüsse können einen Theil der weiten Kluft ausfüllen, welche die sicheren Resultate einer mathematischen Naturphilosophie von den Ahndungen trennt, die auf die äußersten, und darum sehr nebeligen und öden Grenzen aller wissenschaftlichen Gedankenentwickelung gerichtet sind.</p>
              <p>Aus der Unendlichkeit des Weltraums, die freilich von Aristoteles bezweifelt ward<note xml:id="ftn56" next="ftn56-text" place="end" n="10"/>, folgt seine Unermeßlichkeit. Nur einzelne Theile sind meßbar geworden; und die, alle unsere Fassungskraft überschreitenden Resultate der Messung werden gern von denen zusammengestellt, welche an großen Zahlen eine kindliche Freude haben, ja wohl gar wähnen durch staunen- und schreckenerregende Bilder physischer Größe den Eindruck der Erhabenheit astronomischer Studien vorzugsweise zu erhöhen. Die Entfernung des 61ten Sterns des Schwans von der Sonne ist 657000 Halbmesser der Erdbahn; und das Licht braucht etwas über 10 Jahre, um diese Entfernung zu durchlaufen, während es in 8&#x2032; 17&#x2033;,78 von der Sonne zur Erde gelangt. Sir John Herschel vermuthet nach einer sinnreichen Combination photometrischer Schätzungen<note xml:id="ftn57" next="ftn57-text" place="end" n="11"/>, daß Sterne des großen Ringes der Milchstraße, die er im 20füßigen Telescop aufglimmen sah, wären es neu entstandene leuchtende Weltkörper, an 2000 Jahre gebraucht haben würden, um uns den ersten Lichtstrahl
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0045] Verkehr nicht bloß mit unserer Sonne, sondern auch mit allen anderen leuchtenden Sonnen des Firmaments. Die wichtige Entdeckung von dem Widerstande, welchen ein, den Weltraum füllendes Fluidum einem Cometen von fünfjähriger Umlaufszeit meßbar entgegensetzt, hat sich durch die genaue Uebereinstimmung der numerischen Verhältnisse vollständig bewährt. Auf Analogien gegründete Schlüsse können einen Theil der weiten Kluft ausfüllen, welche die sicheren Resultate einer mathematischen Naturphilosophie von den Ahndungen trennt, die auf die äußersten, und darum sehr nebeligen und öden Grenzen aller wissenschaftlichen Gedankenentwickelung gerichtet sind. Aus der Unendlichkeit des Weltraums, die freilich von Aristoteles bezweifelt ward ¹⁰ , folgt seine Unermeßlichkeit. Nur einzelne Theile sind meßbar geworden; und die, alle unsere Fassungskraft überschreitenden Resultate der Messung werden gern von denen zusammengestellt, welche an großen Zahlen eine kindliche Freude haben, ja wohl gar wähnen durch staunen- und schreckenerregende Bilder physischer Größe den Eindruck der Erhabenheit astronomischer Studien vorzugsweise zu erhöhen. Die Entfernung des 61ten Sterns des Schwans von der Sonne ist 657000 Halbmesser der Erdbahn; und das Licht braucht etwas über 10 Jahre, um diese Entfernung zu durchlaufen, während es in 8′ 17″,78 von der Sonne zur Erde gelangt. Sir John Herschel vermuthet nach einer sinnreichen Combination photometrischer Schätzungen ¹¹ , daß Sterne des großen Ringes der Milchstraße, die er im 20füßigen Telescop aufglimmen sah, wären es neu entstandene leuchtende Weltkörper, an 2000 Jahre gebraucht haben würden, um uns den ersten Lichtstrahl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/45
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/45>, abgerufen am 27.04.2024.