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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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also glauben, daß das Eintreten der Sonnennähe in eine entgegengesetzte Jahreszeit (statt des Winters, wie jetzt der Fall ist, in den Sommer) große klimatische Veränderungen hervorbringen müsse; aber in der gemachten Voraussetzung wird die Sonne nicht mehr sieben Tage länger in der südlichen Halbkugel verweilen; nicht mehr, wie jetzt, den Theil der Ekliptik vom Herbst-Aequinoctium bis zum Frühlings-Aequinoctium in einer Zeit durchlaufen, welche um eine Woche kürzer ist als diejenige, während welcher sie die andere Hälfte ihrer Bahn, vom Frühlings- zum Herbst-Aequinoctium, zurücklegt. Der Temperatur-Unterschied (und wir verweilen hier bloß bei den astronomischen Klimaten, mit Ausschluß aller physischen Betrachtungen über das Verhältniß des Festen zum Flüssigen auf der vielgestalteten Erdoberfläche), der Temperatur-Unterschied, welcher die befürchtete Folge der Drehung der Apsidenlinie sein soll, wird meist dadurch im ganzen verschwinden44, daß der Punkt, in welchem unser Planet der Sonne am nächsten steht, immer zugleich der ist, durch den der Planet sich am schnellsten bewegt. Das schöne, zuerst von Lambert45 aufgestellte Theorem, nach dem die Wärmemenge, welche die Erde in jedwedem Theile des Jahres von der Sonne empfängt, dem Winkel proportional ist, den in derselben Zeitdauer der Radius vector der Sonne beschreibt, enthält gewissermaßen die beruhigende Auflösung des oben bezeichneten Problems.

Wie die veränderte Richtung der Apsidenlinie wenig Einfluß auf die Temperatur des Erdkörpers ausüben kann; so sind auch, nach Arago und Poisson46, die Grenzen der wahrscheinlichen Veränderungen der elliptischen Form der Erdbahn so eng beschränkt, daß sie die Klimate der einzelnen Zonen

also glauben, daß das Eintreten der Sonnennähe in eine entgegengesetzte Jahreszeit (statt des Winters, wie jetzt der Fall ist, in den Sommer) große klimatische Veränderungen hervorbringen müsse; aber in der gemachten Voraussetzung wird die Sonne nicht mehr sieben Tage länger in der südlichen Halbkugel verweilen; nicht mehr, wie jetzt, den Theil der Ekliptik vom Herbst-Aequinoctium bis zum Frühlings-Aequinoctium in einer Zeit durchlaufen, welche um eine Woche kürzer ist als diejenige, während welcher sie die andere Hälfte ihrer Bahn, vom Frühlings- zum Herbst-Aequinoctium, zurücklegt. Der Temperatur-Unterschied (und wir verweilen hier bloß bei den astronomischen Klimaten, mit Ausschluß aller physischen Betrachtungen über das Verhältniß des Festen zum Flüssigen auf der vielgestalteten Erdoberfläche), der Temperatur-Unterschied, welcher die befürchtete Folge der Drehung der Apsidenlinie sein soll, wird meist dadurch im ganzen verschwinden44, daß der Punkt, in welchem unser Planet der Sonne am nächsten steht, immer zugleich der ist, durch den der Planet sich am schnellsten bewegt. Das schöne, zuerst von Lambert45 aufgestellte Theorem, nach dem die Wärmemenge, welche die Erde in jedwedem Theile des Jahres von der Sonne empfängt, dem Winkel proportional ist, den in derselben Zeitdauer der Radius vector der Sonne beschreibt, enthält gewissermaßen die beruhigende Auflösung des oben bezeichneten Problems.

Wie die veränderte Richtung der Apsidenlinie wenig Einfluß auf die Temperatur des Erdkörpers ausüben kann; so sind auch, nach Arago und Poisson46, die Grenzen der wahrscheinlichen Veränderungen der elliptischen Form der Erdbahn so eng beschränkt, daß sie die Klimate der einzelnen Zonen

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[458/0463] also glauben, daß das Eintreten der Sonnennähe in eine entgegengesetzte Jahreszeit (statt des Winters, wie jetzt der Fall ist, in den Sommer) große klimatische Veränderungen hervorbringen müsse; aber in der gemachten Voraussetzung wird die Sonne nicht mehr sieben Tage länger in der südlichen Halbkugel verweilen; nicht mehr, wie jetzt, den Theil der Ekliptik vom Herbst-Aequinoctium bis zum Frühlings-Aequinoctium in einer Zeit durchlaufen, welche um eine Woche kürzer ist als diejenige, während welcher sie die andere Hälfte ihrer Bahn, vom Frühlings- zum Herbst-Aequinoctium, zurücklegt. Der Temperatur-Unterschied (und wir verweilen hier bloß bei den astronomischen Klimaten, mit Ausschluß aller physischen Betrachtungen über das Verhältniß des Festen zum Flüssigen auf der vielgestalteten Erdoberfläche), der Temperatur-Unterschied, welcher die befürchtete Folge der Drehung der Apsidenlinie sein soll, wird meist dadurch im ganzen verschwinden ⁴⁴ , daß der Punkt, in welchem unser Planet der Sonne am nächsten steht, immer zugleich der ist, durch den der Planet sich am schnellsten bewegt. Das schöne, zuerst von Lambert ⁴⁵ aufgestellte Theorem, nach dem die Wärmemenge, welche die Erde in jedwedem Theile des Jahres von der Sonne empfängt, dem Winkel proportional ist, den in derselben Zeitdauer der Radius vector der Sonne beschreibt, enthält gewissermaßen die beruhigende Auflösung des oben bezeichneten Problems. Wie die veränderte Richtung der Apsidenlinie wenig Einfluß auf die Temperatur des Erdkörpers ausüben kann; so sind auch, nach Arago und Poisson ⁴⁶ , die Grenzen der wahrscheinlichen Veränderungen der elliptischen Form der Erdbahn so eng beschränkt, daß sie die Klimate der einzelnen Zonen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/463>, abgerufen am 28.04.2024.