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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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Wenn die Welträume, welche die Gestirne von einander trennen, nicht leer14, sondern mit irgend einer Materie gefüllt sind, wie nicht bloß die Fortpflanzung des Lichtes, sondern auch eine besondere Art seiner Schwächung, das auf die Umlaufszeit des Enckischen Cometen wirkende widerstehende (hemmende) Mittel, und die Verdunstung zahlreicher und mächtiger Cometenschweife zu beweisen scheinen; so müssen wir aus Vorsicht gleich hier in Erinnerung bringen, daß unter den unbestimmten jetzt gebrauchten Benennungen: Himmelsluft, kosmische (nicht selbstleuchtende) Materie, und Weltäther, die letztere, uns aus dem frühesten süd- und west-asiatischen Alterthume überkommen, im Lauf der Jahrhunderte nicht ganz dieselben Ideen bezeichnet hat. Bei den indischen Naturphilosophen gehört der Aether (aka'sa) zum Fünfthum (pantschata); d. h. er ist eins von den fünf Elementen: ein Fluidum unendlicher Feinheit, welches das Universum, das ganze Weltall, durchdringt, sowohl der Anreger des Lebens als das Fortpflanzungsmittel des Schalles.15 Etymologisch bedeutet aka'sa nach Bopp "leuchtend, glänzend, und steht demnach in seiner Grundbedeutung dem Aether der Griechen so nahe, als leuchten dem brennen steht."

Dieser Aether (aither) war nach den Dogmen der ionischen Naturphilosophie, nach Anaxagoras und Empedocles, von der eigentlichen, gröberen (dichteren), mit Dünsten gefüllten Luft (aer), die den Erdkreis umgiebt "und vielleicht bis zum Monde reicht", ganz verschieden. Er war "feuriger Natur, eine reine Feuerluft, hellstrahlend16, von großer Feinheit (Dünne) und ewiger Heiterkeit." Mit dieser Definition stimmt vollkommen die etymologische Ableitung von

Wenn die Welträume, welche die Gestirne von einander trennen, nicht leer14, sondern mit irgend einer Materie gefüllt sind, wie nicht bloß die Fortpflanzung des Lichtes, sondern auch eine besondere Art seiner Schwächung, das auf die Umlaufszeit des Enckischen Cometen wirkende widerstehende (hemmende) Mittel, und die Verdunstung zahlreicher und mächtiger Cometenschweife zu beweisen scheinen; so müssen wir aus Vorsicht gleich hier in Erinnerung bringen, daß unter den unbestimmten jetzt gebrauchten Benennungen: Himmelsluft, kosmische (nicht selbstleuchtende) Materie, und Weltäther, die letztere, uns aus dem frühesten süd- und west-asiatischen Alterthume überkommen, im Lauf der Jahrhunderte nicht ganz dieselben Ideen bezeichnet hat. Bei den indischen Naturphilosophen gehört der Aether (âkâ'sa) zum Fünfthum (pantschatâ); d. h. er ist eins von den fünf Elementen: ein Fluidum unendlicher Feinheit, welches das Universum, das ganze Weltall, durchdringt, sowohl der Anreger des Lebens als das Fortpflanzungsmittel des Schalles.15 Etymologisch bedeutet âkâ'sa nach Bopp „leuchtend, glänzend, und steht demnach in seiner Grundbedeutung dem Aether der Griechen so nahe, als leuchten dem brennen steht.“

Dieser Aether (αἰθήρ) war nach den Dogmen der ionischen Naturphilosophie, nach Anaxagoras und Empedocles, von der eigentlichen, gröberen (dichteren), mit Dünsten gefüllten Luft (ἀήρ), die den Erdkreis umgiebt „und vielleicht bis zum Monde reicht“, ganz verschieden. Er war „feuriger Natur, eine reine Feuerluft, hellstrahlend16, von großer Feinheit (Dünne) und ewiger Heiterkeit.“ Mit dieser Definition stimmt vollkommen die etymologische Ableitung von

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[42/0047] Wenn die Welträume, welche die Gestirne von einander trennen, nicht leer ¹⁴ , sondern mit irgend einer Materie gefüllt sind, wie nicht bloß die Fortpflanzung des Lichtes, sondern auch eine besondere Art seiner Schwächung, das auf die Umlaufszeit des Enckischen Cometen wirkende widerstehende (hemmende) Mittel, und die Verdunstung zahlreicher und mächtiger Cometenschweife zu beweisen scheinen; so müssen wir aus Vorsicht gleich hier in Erinnerung bringen, daß unter den unbestimmten jetzt gebrauchten Benennungen: Himmelsluft, kosmische (nicht selbstleuchtende) Materie, und Weltäther, die letztere, uns aus dem frühesten süd- und west-asiatischen Alterthume überkommen, im Lauf der Jahrhunderte nicht ganz dieselben Ideen bezeichnet hat. Bei den indischen Naturphilosophen gehört der Aether (âkâ'sa) zum Fünfthum (pantschatâ); d. h. er ist eins von den fünf Elementen: ein Fluidum unendlicher Feinheit, welches das Universum, das ganze Weltall, durchdringt, sowohl der Anreger des Lebens als das Fortpflanzungsmittel des Schalles. ¹⁵ Etymologisch bedeutet âkâ'sa nach Bopp „leuchtend, glänzend, und steht demnach in seiner Grundbedeutung dem Aether der Griechen so nahe, als leuchten dem brennen steht.“ Dieser Aether (αἰθήρ) war nach den Dogmen der ionischen Naturphilosophie, nach Anaxagoras und Empedocles, von der eigentlichen, gröberen (dichteren), mit Dünsten gefüllten Luft (ἀήρ), die den Erdkreis umgiebt „und vielleicht bis zum Monde reicht“, ganz verschieden. Er war „feuriger Natur, eine reine Feuerluft, hellstrahlend ¹⁶ , von großer Feinheit (Dünne) und ewiger Heiterkeit.“ Mit dieser Definition stimmt vollkommen die etymologische Ableitung von

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/47>, abgerufen am 27.04.2024.