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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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beiden ersten Gesetze würden Anwendung finden, wenn es auch nur einen einzigen planetarischen Körper gäbe; das dritte und wichtigste, welches neunzehn Jahre später entdeckt ward, fesselt die Bewegung zweier Planeten an Ein Gesetz. (Das Manuscript der Harmonice Mundi, welche 1619 erschien, war bereits vollendet den 27 Mai 1618.)

Wenn im Anfang des 17ten Jahrhunderts die Gesetze der Planeten-Bewegung empirisch aufgefunden wurden; wenn Newton erst die Kraft enthüllte, von deren Wirkung Kepler's Gesetze als nothwendige Folgen zu betrachten sind: so hat das Ende des 18ten Jahrhunderts durch die neuen Wege, welche die vervollkommnete Infinitesimal-Rechnung zur Erforschung astronomischer Wahrheiten eröffnete, das Verdienst gehabt die Stabilität des Planeten-Systems darzuthun. Die Hauptelemente dieser Stabilität sind: die Unveränderlichkeit der großen Axen der Planetenbahnen, von Laplace (1773 und 1784), Lagrange und Poisson erwiesen; die lange periodische, in enge Grenzen eingeschlossene Aenderung der Excentricität zweier mächtiger sonnenfernen Planeten, Jupiters und Saturns; die Vertheilung der Massen, da die des Jupiter selbst nur 1/1048 der Masse des alles beherrschenden Centralkörpers ist; endlich die Einrichtung: daß nach dem ewigen Schöpfungsplane und der Natur ihrer Entstehung alle Planeten des Sonnensystems sich in Einer Richtung translatorisch und rotirend bewegen; daß es in Bahnen geschieht von geringer und sich wenig ändernder Ellipsität, in Ebenen von mäßigen Unterschieden der Inclination; daß die Umlaufszeiten der Planeten unter einander kein gemeinschaftliches Maaß haben. Solche Elemente der Stabilität, gleichsam der Erhaltung und Lebensdauer der Planeten, sind an die Bedingung gegenseitiger

beiden ersten Gesetze würden Anwendung finden, wenn es auch nur einen einzigen planetarischen Körper gäbe; das dritte und wichtigste, welches neunzehn Jahre später entdeckt ward, fesselt die Bewegung zweier Planeten an Ein Gesetz. (Das Manuscript der Harmonice Mundi, welche 1619 erschien, war bereits vollendet den 27 Mai 1618.)

Wenn im Anfang des 17ten Jahrhunderts die Gesetze der Planeten-Bewegung empirisch aufgefunden wurden; wenn Newton erst die Kraft enthüllte, von deren Wirkung Kepler's Gesetze als nothwendige Folgen zu betrachten sind: so hat das Ende des 18ten Jahrhunderts durch die neuen Wege, welche die vervollkommnete Infinitesimal-Rechnung zur Erforschung astronomischer Wahrheiten eröffnete, das Verdienst gehabt die Stabilität des Planeten-Systems darzuthun. Die Hauptelemente dieser Stabilität sind: die Unveränderlichkeit der großen Axen der Planetenbahnen, von Laplace (1773 und 1784), Lagrange und Poisson erwiesen; die lange periodische, in enge Grenzen eingeschlossene Aenderung der Excentricität zweier mächtiger sonnenfernen Planeten, Jupiters und Saturns; die Vertheilung der Massen, da die des Jupiter selbst nur 1/1048 der Masse des alles beherrschenden Centralkörpers ist; endlich die Einrichtung: daß nach dem ewigen Schöpfungsplane und der Natur ihrer Entstehung alle Planeten des Sonnensystems sich in Einer Richtung translatorisch und rotirend bewegen; daß es in Bahnen geschieht von geringer und sich wenig ändernder Ellipsität, in Ebenen von mäßigen Unterschieden der Inclination; daß die Umlaufszeiten der Planeten unter einander kein gemeinschaftliches Maaß haben. Solche Elemente der Stabilität, gleichsam der Erhaltung und Lebensdauer der Planeten, sind an die Bedingung gegenseitiger

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[629/0636] beiden ersten Gesetze würden Anwendung finden, wenn es auch nur einen einzigen planetarischen Körper gäbe; das dritte und wichtigste, welches neunzehn Jahre später entdeckt ward, fesselt die Bewegung zweier Planeten an Ein Gesetz. (Das Manuscript der Harmonice Mundi, welche 1619 erschien, war bereits vollendet den 27 Mai 1618.) Wenn im Anfang des 17ten Jahrhunderts die Gesetze der Planeten-Bewegung empirisch aufgefunden wurden; wenn Newton erst die Kraft enthüllte, von deren Wirkung Kepler's Gesetze als nothwendige Folgen zu betrachten sind: so hat das Ende des 18ten Jahrhunderts durch die neuen Wege, welche die vervollkommnete Infinitesimal-Rechnung zur Erforschung astronomischer Wahrheiten eröffnete, das Verdienst gehabt die Stabilität des Planeten-Systems darzuthun. Die Hauptelemente dieser Stabilität sind: die Unveränderlichkeit der großen Axen der Planetenbahnen, von Laplace (1773 und 1784), Lagrange und Poisson erwiesen; die lange periodische, in enge Grenzen eingeschlossene Aenderung der Excentricität zweier mächtiger sonnenfernen Planeten, Jupiters und Saturns; die Vertheilung der Massen, da die des Jupiter selbst nur 1/1048 der Masse des alles beherrschenden Centralkörpers ist; endlich die Einrichtung: daß nach dem ewigen Schöpfungsplane und der Natur ihrer Entstehung alle Planeten des Sonnensystems sich in Einer Richtung translatorisch und rotirend bewegen; daß es in Bahnen geschieht von geringer und sich wenig ändernder Ellipsität, in Ebenen von mäßigen Unterschieden der Inclination; daß die Umlaufszeiten der Planeten unter einander kein gemeinschaftliches Maaß haben. Solche Elemente der Stabilität, gleichsam der Erhaltung und Lebensdauer der Planeten, sind an die Bedingung gegenseitiger

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/636>, abgerufen am 28.04.2024.