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Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23.

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graphische Geviertmeilen einnehmend. Eine solche geogno-
stische Erscheinung ist in unserm Welttheile überaus selten:
denn wenn auch im südlichen Deutschlande die baierischen
und schwäbischen Hochebenen 1560 und 900 Fuß erreichen,
so bilden jene deutschen Länder doch kein geschlossenes Ganze,
und sind theilweise durch breite Niederungen und Stromge-
biete*) ausgefurcht.

Als ich im Jahre 1799 Spanien durchreiste, um dort
eine Gelegenheit zu suchen, mich nach der afrikanischen Küste
zu begeben, und so die französische Expedition in Aegypten
zu erreichen, machte ich einen Versuch, die ganze Halbinsel in
der Richtung von Südost nach Nordwest von den Küsten
des Mittelmeeres bei Valenzia bis nach den Küsten des at-
lantischen Ozeans in Galizien barometrisch zu nivelliren.
La Lande (Mem. de Paris 1776. pag. 148) hatte freilich
schon im Jahr 1776 aus einigen Barometer-Berechnungen
des berühmten Reisenden und Mathematikers Don Jorge
Juan geschlossen, daß Madrid 294 Toisen über der Meeres-
fläche erhaben sei; aber die Geographen hatten damals noch
keine Kenntniß von dem Zusammenhange aller Hoch-
ebenen in dem Innern der iberischen Halbinsel
.
Meine ersten Beobachtungen über die Höhen-Unterschiede der
Gegend um Madrid wurden von Cavanilles in das erste
Stück der Annales de historia natural. Tom. I. pag. 86
eingeschaltet, aber mit einigen ziemlich ungenauen Messungen
unsers Landsmannes Thalacker (eines sonst wohl unterrich-
teten Mineralogen) vermengt. Das Profil, welches diese
Höhenunterschiede angab, ist in Labordes Werk über Spanien
(Itin. descriptif de l'Espagne 1808. Tom. I.
pag. CXIV.
) wiederholt, und von mir selbst durch einige
Bemerkungen, die sich auf das Klima beziehen, erläutert
worden. Viele Jahre lang hielt ich das Manuskript, wel-
ches meine Originalbeobachtungen enthält, für verloren, und

*) K. F. Vollrath Hoffmann, Erden-Staatenkunde
vom Lande der Deutschen
, Thl. I. pag. 10.

graphiſche Geviertmeilen einnehmend. Eine ſolche geogno-
ſtiſche Erſcheinung iſt in unſerm Welttheile überaus ſelten:
denn wenn auch im ſüdlichen Deutſchlande die baieriſchen
und ſchwäbiſchen Hochebenen 1560 und 900 Fuß erreichen,
ſo bilden jene deutſchen Länder doch kein geſchloſſenes Ganze,
und ſind theilweiſe durch breite Niederungen und Stromge-
biete*) ausgefurcht.

Als ich im Jahre 1799 Spanien durchreiſte, um dort
eine Gelegenheit zu ſuchen, mich nach der afrikaniſchen Küſte
zu begeben, und ſo die franzöſiſche Expedition in Aegypten
zu erreichen, machte ich einen Verſuch, die ganze Halbinſel in
der Richtung von Südoſt nach Nordweſt von den Küſten
des Mittelmeeres bei Valenzia bis nach den Küſten des at-
lantiſchen Ozeans in Galizien barometriſch zu nivelliren.
La Lande (Mem. de Paris 1776. pag. 148) hatte freilich
ſchon im Jahr 1776 aus einigen Barometer-Berechnungen
des berühmten Reiſenden und Mathematikers Don Jorge
Juan geſchloſſen, daß Madrid 294 Toiſen über der Meeres-
fläche erhaben ſei; aber die Geographen hatten damals noch
keine Kenntniß von dem Zuſammenhange aller Hoch-
ebenen in dem Innern der iberiſchen Halbinſel
.
Meine erſten Beobachtungen über die Höhen-Unterſchiede der
Gegend um Madrid wurden von Cavanilles in das erſte
Stück der Annales de historia natural. Tom. I. pag. 86
eingeſchaltet, aber mit einigen ziemlich ungenauen Meſſungen
unſers Landsmannes Thalacker (eines ſonſt wohl unterrich-
teten Mineralogen) vermengt. Das Profil, welches dieſe
Höhenunterſchiede angab, iſt in Labordés Werk über Spanien
(Itin. descriptif de l’Espagne 1808. Tom. I.
pag. CXIV.
) wiederholt, und von mir ſelbſt durch einige
Bemerkungen, die ſich auf das Klima beziehen, erläutert
worden. Viele Jahre lang hielt ich das Manuſkript, wel-
ches meine Originalbeobachtungen enthält, für verloren, und

*) K. F. Vollrath Hoffmann, Erden-Staatenkunde
vom Lande der Deutſchen
, Thl. I. pag. 10.
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[6/0006] graphiſche Geviertmeilen einnehmend. Eine ſolche geogno- ſtiſche Erſcheinung iſt in unſerm Welttheile überaus ſelten: denn wenn auch im ſüdlichen Deutſchlande die baieriſchen und ſchwäbiſchen Hochebenen 1560 und 900 Fuß erreichen, ſo bilden jene deutſchen Länder doch kein geſchloſſenes Ganze, und ſind theilweiſe durch breite Niederungen und Stromge- biete *) ausgefurcht. Als ich im Jahre 1799 Spanien durchreiſte, um dort eine Gelegenheit zu ſuchen, mich nach der afrikaniſchen Küſte zu begeben, und ſo die franzöſiſche Expedition in Aegypten zu erreichen, machte ich einen Verſuch, die ganze Halbinſel in der Richtung von Südoſt nach Nordweſt von den Küſten des Mittelmeeres bei Valenzia bis nach den Küſten des at- lantiſchen Ozeans in Galizien barometriſch zu nivelliren. La Lande (Mem. de Paris 1776. pag. 148) hatte freilich ſchon im Jahr 1776 aus einigen Barometer-Berechnungen des berühmten Reiſenden und Mathematikers Don Jorge Juan geſchloſſen, daß Madrid 294 Toiſen über der Meeres- fläche erhaben ſei; aber die Geographen hatten damals noch keine Kenntniß von dem Zuſammenhange aller Hoch- ebenen in dem Innern der iberiſchen Halbinſel. Meine erſten Beobachtungen über die Höhen-Unterſchiede der Gegend um Madrid wurden von Cavanilles in das erſte Stück der Annales de historia natural. Tom. I. pag. 86 eingeſchaltet, aber mit einigen ziemlich ungenauen Meſſungen unſers Landsmannes Thalacker (eines ſonſt wohl unterrich- teten Mineralogen) vermengt. Das Profil, welches dieſe Höhenunterſchiede angab, iſt in Labordés Werk über Spanien (Itin. descriptif de l’Espagne 1808. Tom. I. pag. CXIV.) wiederholt, und von mir ſelbſt durch einige Bemerkungen, die ſich auf das Klima beziehen, erläutert worden. Viele Jahre lang hielt ich das Manuſkript, wel- ches meine Originalbeobachtungen enthält, für verloren, und *) K. F. Vollrath Hoffmann, Erden-Staatenkunde vom Lande der Deutſchen, Thl. I. pag. 10.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_spanien_1825/6>, abgerufen am 27.04.2024.