Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


Mit dem Herausheben des letztern aus der Ar-
che, welche zum Andenken an die Bundeslade Aron
Hakkodesch genannt wird, sind drei wichtige Ge-
schäfte oder Aemter verbunden, nemlich das Amt
Gelilah, welches in dem Auf- und Zuwickeln des
Gesetzbuchs besteht; das Amt Etzchajim, oder
das Angreifen vom Holz des Lebens, und endlich
das Amt Hagbohoh, oder das Amt des Aufhe-
bens und Umhertragens des heiligen Buches. Die-
se kirchlichen Ehrenstellen werden an jedem Mon-
tage, Donnerstage und Sabbath auf eine sonderbare
Weise besetzt.. Der Chasan oder Vorsänger geht
nemlich in der Synagoge herum und schreit, wie
ein ächter Bandjude: Wer will kaufen Etzchajim?
Wer will kaufen Gelilah? Wer will kaufen Hagbo-
hoh? Den Meistbietenden werden dann die Aemter
zugeschlagen, und das Geld wird zu Almosen ver-
wandt. Dieses öffentliche Ausbieten und Verstei-
gern von Aemtern und Würden scheint vielleicht
manchem meiner Leser lächerlich; allein nach meiner
Ansicht ist es den heimlichen Versteigerungen der
Art, welche bei uns Christen üblich sind, weit vor-
zuziehen; denn kein Jude, der sich beim öffentlichen
Verkauf überbieten und das Holz des Lebens aus
der Hand winden läßt, kann sich mit Recht über
Zurücksetzung, Repotismus und dergleichen beklagen,
da es blos von ihm abhängt, der Meistbietende zu
werden.



Mit dem Herausheben des letztern aus der Ar-
che, welche zum Andenken an die Bundeslade Aron
Hakkodeſch genannt wird, ſind drei wichtige Ge-
ſchaͤfte oder Aemter verbunden, nemlich das Amt
Gelilah, welches in dem Auf- und Zuwickeln des
Geſetzbuchs beſteht; das Amt Etzchajim, oder
das Angreifen vom Holz des Lebens, und endlich
das Amt Hagbohoh, oder das Amt des Aufhe-
bens und Umhertragens des heiligen Buches. Die-
ſe kirchlichen Ehrenſtellen werden an jedem Mon-
tage, Donnerstage und Sabbath auf eine ſonderbare
Weiſe beſetzt.. Der Chaſan oder Vorſaͤnger geht
nemlich in der Synagoge herum und ſchreit, wie
ein aͤchter Bandjude: Wer will kaufen Etzchajim?
Wer will kaufen Gelilah? Wer will kaufen Hagbo-
hoh? Den Meiſtbietenden werden dann die Aemter
zugeſchlagen, und das Geld wird zu Almoſen ver-
wandt. Dieſes oͤffentliche Ausbieten und Verſtei-
gern von Aemtern und Wuͤrden ſcheint vielleicht
manchem meiner Leſer laͤcherlich; allein nach meiner
Anſicht iſt es den heimlichen Verſteigerungen der
Art, welche bei uns Chriſten uͤblich ſind, weit vor-
zuziehen; denn kein Jude, der ſich beim oͤffentlichen
Verkauf uͤberbieten und das Holz des Lebens aus
der Hand winden laͤßt, kann ſich mit Recht uͤber
Zuruͤckſetzung, Repotismus und dergleichen beklagen,
da es blos von ihm abhaͤngt, der Meiſtbietende zu
werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0224" n="224"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Mit dem Herausheben des letztern aus der Ar-<lb/>
che, welche zum Andenken an die Bundeslade Aron<lb/>
Hakkode&#x017F;ch genannt wird, &#x017F;ind drei wichtige Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte oder Aemter verbunden, nemlich das Amt<lb/><hi rendition="#g">Gelilah</hi>, welches in dem Auf- und Zuwickeln des<lb/>
Ge&#x017F;etzbuchs be&#x017F;teht; das Amt <hi rendition="#g">Etzchajim,</hi> oder<lb/>
das Angreifen vom Holz des Lebens, und endlich<lb/>
das Amt <hi rendition="#g">Hagbohoh</hi>, oder das Amt des Aufhe-<lb/>
bens und Umhertragens des heiligen Buches. Die-<lb/>
&#x017F;e kirchlichen Ehren&#x017F;tellen werden an jedem Mon-<lb/>
tage, Donnerstage und Sabbath auf eine &#x017F;onderbare<lb/>
Wei&#x017F;e be&#x017F;etzt.. Der Cha&#x017F;an oder Vor&#x017F;a&#x0364;nger geht<lb/>
nemlich in der Synagoge herum und &#x017F;chreit, wie<lb/>
ein a&#x0364;chter Bandjude: Wer will kaufen Etzchajim?<lb/>
Wer will kaufen Gelilah? Wer will kaufen Hagbo-<lb/>
hoh? Den Mei&#x017F;tbietenden werden dann die Aemter<lb/>
zuge&#x017F;chlagen, und das Geld wird zu Almo&#x017F;en ver-<lb/>
wandt. Die&#x017F;es o&#x0364;ffentliche Ausbieten und Ver&#x017F;tei-<lb/>
gern von Aemtern und Wu&#x0364;rden &#x017F;cheint vielleicht<lb/>
manchem meiner Le&#x017F;er la&#x0364;cherlich; allein nach meiner<lb/>
An&#x017F;icht i&#x017F;t es den heimlichen Ver&#x017F;teigerungen der<lb/>
Art, welche bei uns Chri&#x017F;ten u&#x0364;blich &#x017F;ind, weit vor-<lb/>
zuziehen; denn kein Jude, der &#x017F;ich beim o&#x0364;ffentlichen<lb/>
Verkauf u&#x0364;berbieten und das Holz des Lebens aus<lb/>
der Hand winden la&#x0364;ßt, kann &#x017F;ich mit Recht u&#x0364;ber<lb/>
Zuru&#x0364;ck&#x017F;etzung, Repotismus und dergleichen beklagen,<lb/>
da es blos von ihm abha&#x0364;ngt, der Mei&#x017F;tbietende zu<lb/>
werden.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0224] Mit dem Herausheben des letztern aus der Ar- che, welche zum Andenken an die Bundeslade Aron Hakkodeſch genannt wird, ſind drei wichtige Ge- ſchaͤfte oder Aemter verbunden, nemlich das Amt Gelilah, welches in dem Auf- und Zuwickeln des Geſetzbuchs beſteht; das Amt Etzchajim, oder das Angreifen vom Holz des Lebens, und endlich das Amt Hagbohoh, oder das Amt des Aufhe- bens und Umhertragens des heiligen Buches. Die- ſe kirchlichen Ehrenſtellen werden an jedem Mon- tage, Donnerstage und Sabbath auf eine ſonderbare Weiſe beſetzt.. Der Chaſan oder Vorſaͤnger geht nemlich in der Synagoge herum und ſchreit, wie ein aͤchter Bandjude: Wer will kaufen Etzchajim? Wer will kaufen Gelilah? Wer will kaufen Hagbo- hoh? Den Meiſtbietenden werden dann die Aemter zugeſchlagen, und das Geld wird zu Almoſen ver- wandt. Dieſes oͤffentliche Ausbieten und Verſtei- gern von Aemtern und Wuͤrden ſcheint vielleicht manchem meiner Leſer laͤcherlich; allein nach meiner Anſicht iſt es den heimlichen Verſteigerungen der Art, welche bei uns Chriſten uͤblich ſind, weit vor- zuziehen; denn kein Jude, der ſich beim oͤffentlichen Verkauf uͤberbieten und das Holz des Lebens aus der Hand winden laͤßt, kann ſich mit Recht uͤber Zuruͤckſetzung, Repotismus und dergleichen beklagen, da es blos von ihm abhaͤngt, der Meiſtbietende zu werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/224
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/224>, abgerufen am 05.05.2024.