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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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nun aber durch ausgerissene Steine und grundlose
Geleise mehr das Ansehen eines gefährlichen Klippen-
weges erhalten hat. Nichts desto weniger ist diesem
holprichten und halsbrechenden Wege bis auf die
neusten Zeiten der Name der Schloßstraße verblieben.
Denn man sieht oder sah, kurz nachdem man sie
betreten, das Schloß, welches die Ueberschrift
dieses Capitels nennt, auf einem ziemlich kahlen
Hügel liegen.

Je näher man demselben kommt, oder kam,
denn am heutigen Tage ist davon nur noch ein
Trümmerhaufen übrig, desto deutlicher springt, oder
sprang die ungemeine Baufälligkeit des Schlosses
in das Auge. Was zuvörderst die Pforte betrifft,
oder betraf, so standen zwar deren beide steinerne
Pfeiler noch, und auf dem rechten hatte sich sogar
der statuarische Löwe als Wappenhalter zu behaup-
ten gewußt, während sein Partner von dem linken
Pfeiler hinab in das hohe Gras gesunken war, allein
das eiserne Pfortengegitter selbst war längst wegge-
brochen und zu andern Zwecken verwendet worden.
Die Gefahr, welche hieraus für das Gebäude von
räuberischen Ueberfällen zu besorgen stand, war
aber nur bei trocknem Wetter vorhanden. Wenn

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nun aber durch ausgeriſſene Steine und grundloſe
Geleiſe mehr das Anſehen eines gefährlichen Klippen-
weges erhalten hat. Nichts deſto weniger iſt dieſem
holprichten und halsbrechenden Wege bis auf die
neuſten Zeiten der Name der Schloßſtraße verblieben.
Denn man ſieht oder ſah, kurz nachdem man ſie
betreten, das Schloß, welches die Ueberſchrift
dieſes Capitels nennt, auf einem ziemlich kahlen
Hügel liegen.

Je näher man demſelben kommt, oder kam,
denn am heutigen Tage iſt davon nur noch ein
Trümmerhaufen übrig, deſto deutlicher ſpringt, oder
ſprang die ungemeine Baufälligkeit des Schloſſes
in das Auge. Was zuvörderſt die Pforte betrifft,
oder betraf, ſo ſtanden zwar deren beide ſteinerne
Pfeiler noch, und auf dem rechten hatte ſich ſogar
der ſtatuariſche Löwe als Wappenhalter zu behaup-
ten gewußt, während ſein Partner von dem linken
Pfeiler hinab in das hohe Gras geſunken war, allein
das eiſerne Pfortengegitter ſelbſt war längſt wegge-
brochen und zu andern Zwecken verwendet worden.
Die Gefahr, welche hieraus für das Gebäude von
räuberiſchen Ueberfällen zu beſorgen ſtand, war
aber nur bei trocknem Wetter vorhanden. Wenn

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[99/0107] nun aber durch ausgeriſſene Steine und grundloſe Geleiſe mehr das Anſehen eines gefährlichen Klippen- weges erhalten hat. Nichts deſto weniger iſt dieſem holprichten und halsbrechenden Wege bis auf die neuſten Zeiten der Name der Schloßſtraße verblieben. Denn man ſieht oder ſah, kurz nachdem man ſie betreten, das Schloß, welches die Ueberſchrift dieſes Capitels nennt, auf einem ziemlich kahlen Hügel liegen. Je näher man demſelben kommt, oder kam, denn am heutigen Tage iſt davon nur noch ein Trümmerhaufen übrig, deſto deutlicher ſpringt, oder ſprang die ungemeine Baufälligkeit des Schloſſes in das Auge. Was zuvörderſt die Pforte betrifft, oder betraf, ſo ſtanden zwar deren beide ſteinerne Pfeiler noch, und auf dem rechten hatte ſich ſogar der ſtatuariſche Löwe als Wappenhalter zu behaup- ten gewußt, während ſein Partner von dem linken Pfeiler hinab in das hohe Gras geſunken war, allein das eiſerne Pfortengegitter ſelbſt war längſt wegge- brochen und zu andern Zwecken verwendet worden. Die Gefahr, welche hieraus für das Gebäude von räuberiſchen Ueberfällen zu beſorgen ſtand, war aber nur bei trocknem Wetter vorhanden. Wenn 7*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/107>, abgerufen am 28.04.2024.