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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Euch ein Attest schreiben über wohlgeführte Admi-
nistration; was mich betrifft, so gehe ich jetzt in
das höchste Collegium und werde Geheimer-Rath.

Ach! aber als er nach dem höchsten Collegio
fragte, so war ein solches nicht mehr vorhanden,
und als er nach den Fürsten von Hechelkram
fragte, so sagte man ihm, die hätten längst aufge-
hört zu regieren, und als er sich bei dem Reichs-
tage erkundigen wollte, wie er seine wohlherge-
brachten Ansprüche durchzusetzen habe, so hörte er,
das deutsche Reich wäre schon vor so und so vielen
Jahren einmal unversehens dem Kaiser unter den
Händen weggekommen. Sonderbar! rief der alte
Baron, wie ist das nur zugegangen? Er versank
in tiefes Nachdenken, und dachte mehrere Jahre
lang darüber nach, wie nur das deutsche Reich
habe wegkommen, der Hechelkramische Fürstenstamm
aufhören können, zu regieren, und wie es möglich
seyn sollte, daß er nicht mehr geborner Geheimer
Rath im höchsten Collegio sei? Für die beiden
ersten Probleme fand er zuletzt noch eine Lösung,
aber das Letzte, das Geheimeraths-Problem blieb
ihm unlösbar, und deßhalb kam er endlich auf den
Gedanken, die gegenwärtigen Verhältnisse seien nur

Euch ein Atteſt ſchreiben über wohlgeführte Admi-
niſtration; was mich betrifft, ſo gehe ich jetzt in
das höchſte Collegium und werde Geheimer-Rath.

Ach! aber als er nach dem höchſten Collegio
fragte, ſo war ein ſolches nicht mehr vorhanden,
und als er nach den Fürſten von Hechelkram
fragte, ſo ſagte man ihm, die hätten längſt aufge-
hört zu regieren, und als er ſich bei dem Reichs-
tage erkundigen wollte, wie er ſeine wohlherge-
brachten Anſprüche durchzuſetzen habe, ſo hörte er,
das deutſche Reich wäre ſchon vor ſo und ſo vielen
Jahren einmal unverſehens dem Kaiſer unter den
Händen weggekommen. Sonderbar! rief der alte
Baron, wie iſt das nur zugegangen? Er verſank
in tiefes Nachdenken, und dachte mehrere Jahre
lang darüber nach, wie nur das deutſche Reich
habe wegkommen, der Hechelkramiſche Fürſtenſtamm
aufhören können, zu regieren, und wie es möglich
ſeyn ſollte, daß er nicht mehr geborner Geheimer
Rath im höchſten Collegio ſei? Für die beiden
erſten Probleme fand er zuletzt noch eine Löſung,
aber das Letzte, das Geheimeraths-Problem blieb
ihm unlösbar, und deßhalb kam er endlich auf den
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[127/0135] Euch ein Atteſt ſchreiben über wohlgeführte Admi- niſtration; was mich betrifft, ſo gehe ich jetzt in das höchſte Collegium und werde Geheimer-Rath. Ach! aber als er nach dem höchſten Collegio fragte, ſo war ein ſolches nicht mehr vorhanden, und als er nach den Fürſten von Hechelkram fragte, ſo ſagte man ihm, die hätten längſt aufge- hört zu regieren, und als er ſich bei dem Reichs- tage erkundigen wollte, wie er ſeine wohlherge- brachten Anſprüche durchzuſetzen habe, ſo hörte er, das deutſche Reich wäre ſchon vor ſo und ſo vielen Jahren einmal unverſehens dem Kaiſer unter den Händen weggekommen. Sonderbar! rief der alte Baron, wie iſt das nur zugegangen? Er verſank in tiefes Nachdenken, und dachte mehrere Jahre lang darüber nach, wie nur das deutſche Reich habe wegkommen, der Hechelkramiſche Fürſtenſtamm aufhören können, zu regieren, und wie es möglich ſeyn ſollte, daß er nicht mehr geborner Geheimer Rath im höchſten Collegio ſei? Für die beiden erſten Probleme fand er zuletzt noch eine Löſung, aber das Letzte, das Geheimeraths-Problem blieb ihm unlösbar, und deßhalb kam er endlich auf den Gedanken, die gegenwärtigen Verhältniſſe ſeien nur

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/135>, abgerufen am 05.05.2024.