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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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ben Weise zu begegnen wußte. Es sah daher nach
einem Zanke zwischen beiden Männern aus; indessen
hatte es damit nicht viel zu bedeuten. Denn es
war schon hergebracht, daß sie über solche und ähn-
liche Dinge aneinander geriethen, wenn sie zusam-
menkamen. Immer aber blieben sie trotz dieser
Streitigkeiten gute Freunde. Der Sammler, der
sich das Brod am Munde absparte, um seine Lieb-
haberei zu befriedigen, pflegte sich das Jahr hin-
durch wochenlang bei den gefüllten Fleischtöpfen
des Oberhofes auszufüttern und half wieder sei-
nerseits dem Gastfreunde mit allerhand Schreibe-
reien in dessen Geschäften; denn er war seines
Zeichens ein ehemaliger Kaiserlicher geschworner
und immatriculirter Notarius.

Endlich sagte der Hofschulze nach vielem nutz-
losen Hin- und Herreden von beiden Seiten: Ich
will mit Ihnen über den Wahlplatz nicht streiten,
obgleich ich dabei verbleibe, daß Hermann den Va-
rus hier herum geschlagen hat. Es liegt mir aber
überhaupt nicht viel daran, die Sache ist mehr für
die Herrn Gelehrten, denn wenn der andere römi-
sche General sechs Jahre darauf, wie Sie mir oft-
malen erzählt haben, schon wieder mit einer Armee

ben Weiſe zu begegnen wußte. Es ſah daher nach
einem Zanke zwiſchen beiden Männern aus; indeſſen
hatte es damit nicht viel zu bedeuten. Denn es
war ſchon hergebracht, daß ſie über ſolche und ähn-
liche Dinge aneinander geriethen, wenn ſie zuſam-
menkamen. Immer aber blieben ſie trotz dieſer
Streitigkeiten gute Freunde. Der Sammler, der
ſich das Brod am Munde abſparte, um ſeine Lieb-
haberei zu befriedigen, pflegte ſich das Jahr hin-
durch wochenlang bei den gefüllten Fleiſchtöpfen
des Oberhofes auszufüttern und half wieder ſei-
nerſeits dem Gaſtfreunde mit allerhand Schreibe-
reien in deſſen Geſchäften; denn er war ſeines
Zeichens ein ehemaliger Kaiſerlicher geſchworner
und immatriculirter Notarius.

Endlich ſagte der Hofſchulze nach vielem nutz-
loſen Hin- und Herreden von beiden Seiten: Ich
will mit Ihnen über den Wahlplatz nicht ſtreiten,
obgleich ich dabei verbleibe, daß Hermann den Va-
rus hier herum geſchlagen hat. Es liegt mir aber
überhaupt nicht viel daran, die Sache iſt mehr für
die Herrn Gelehrten, denn wenn der andere römi-
ſche General ſechs Jahre darauf, wie Sie mir oft-
malen erzählt haben, ſchon wieder mit einer Armee

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[281/0289] ben Weiſe zu begegnen wußte. Es ſah daher nach einem Zanke zwiſchen beiden Männern aus; indeſſen hatte es damit nicht viel zu bedeuten. Denn es war ſchon hergebracht, daß ſie über ſolche und ähn- liche Dinge aneinander geriethen, wenn ſie zuſam- menkamen. Immer aber blieben ſie trotz dieſer Streitigkeiten gute Freunde. Der Sammler, der ſich das Brod am Munde abſparte, um ſeine Lieb- haberei zu befriedigen, pflegte ſich das Jahr hin- durch wochenlang bei den gefüllten Fleiſchtöpfen des Oberhofes auszufüttern und half wieder ſei- nerſeits dem Gaſtfreunde mit allerhand Schreibe- reien in deſſen Geſchäften; denn er war ſeines Zeichens ein ehemaliger Kaiſerlicher geſchworner und immatriculirter Notarius. Endlich ſagte der Hofſchulze nach vielem nutz- loſen Hin- und Herreden von beiden Seiten: Ich will mit Ihnen über den Wahlplatz nicht ſtreiten, obgleich ich dabei verbleibe, daß Hermann den Va- rus hier herum geſchlagen hat. Es liegt mir aber überhaupt nicht viel daran, die Sache iſt mehr für die Herrn Gelehrten, denn wenn der andere römi- ſche General ſechs Jahre darauf, wie Sie mir oft- malen erzählt haben, ſchon wieder mit einer Armee

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/289>, abgerufen am 21.05.2024.