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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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und der Magd wie zu einem Zuge hinter jenen
beiden Hauptpersonen aufstellte. Der Jäger ging,
um den Zusammenhang dieses Auftritts zu erfah-
ren, hinunter, sah im Flur weißen Sand gestreut,
und die daranstoßende beste Stube mit grünen
Zweigen geschmückt. Die Tochter saß darin, eben-
falls sonntäglich geputzt, und spann, als wolle sie
noch heute ein ganzes Stück Garn liefern. Sie
sah hochroth aus und blickte von ihrem Faden
nicht auf. Er ging in das Zimmer und wollte
eben bei ihr Erkundigung einziehen, als schon der
Zug der Fremden mit dem Hofschulzen die Schwelle
vom Flure aus betrat. Voran ging der Geistliche,
hinter ihm der Küster, dann der Bauer, dann die
Küsterfrau, dann die Magd, zuletzt der Hofschulze;
Alle einzeln und ungepaart. Der Geistliche trat
auf die spinnende Tochter, welche noch immer nicht
emporsah, zu, bot ihr freundlichen Gruß und sagte:
So recht, Jungfer Hofschulze, wenn die Braut
noch so fleißig ihr Rädchen dreht, da kann sich der
Liebste volle Kisten und Kasten erwarten und ver-
hoffen. Wann soll denn die Hochzeit seyn? -- Auf
Donnerstag über acht Tage, Herr Diaconus, wenn
es erlaubt ist, versetzte die Braut, wurde wo mög-

und der Magd wie zu einem Zuge hinter jenen
beiden Hauptperſonen aufſtellte. Der Jäger ging,
um den Zuſammenhang dieſes Auftritts zu erfah-
ren, hinunter, ſah im Flur weißen Sand geſtreut,
und die daranſtoßende beſte Stube mit grünen
Zweigen geſchmückt. Die Tochter ſaß darin, eben-
falls ſonntäglich geputzt, und ſpann, als wolle ſie
noch heute ein ganzes Stück Garn liefern. Sie
ſah hochroth aus und blickte von ihrem Faden
nicht auf. Er ging in das Zimmer und wollte
eben bei ihr Erkundigung einziehen, als ſchon der
Zug der Fremden mit dem Hofſchulzen die Schwelle
vom Flure aus betrat. Voran ging der Geiſtliche,
hinter ihm der Küſter, dann der Bauer, dann die
Küſterfrau, dann die Magd, zuletzt der Hofſchulze;
Alle einzeln und ungepaart. Der Geiſtliche trat
auf die ſpinnende Tochter, welche noch immer nicht
emporſah, zu, bot ihr freundlichen Gruß und ſagte:
So recht, Jungfer Hofſchulze, wenn die Braut
noch ſo fleißig ihr Rädchen dreht, da kann ſich der
Liebſte volle Kiſten und Kaſten erwarten und ver-
hoffen. Wann ſoll denn die Hochzeit ſeyn? — Auf
Donnerstag über acht Tage, Herr Diaconus, wenn
es erlaubt iſt, verſetzte die Braut, wurde wo mög-

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[377/0385] und der Magd wie zu einem Zuge hinter jenen beiden Hauptperſonen aufſtellte. Der Jäger ging, um den Zuſammenhang dieſes Auftritts zu erfah- ren, hinunter, ſah im Flur weißen Sand geſtreut, und die daranſtoßende beſte Stube mit grünen Zweigen geſchmückt. Die Tochter ſaß darin, eben- falls ſonntäglich geputzt, und ſpann, als wolle ſie noch heute ein ganzes Stück Garn liefern. Sie ſah hochroth aus und blickte von ihrem Faden nicht auf. Er ging in das Zimmer und wollte eben bei ihr Erkundigung einziehen, als ſchon der Zug der Fremden mit dem Hofſchulzen die Schwelle vom Flure aus betrat. Voran ging der Geiſtliche, hinter ihm der Küſter, dann der Bauer, dann die Küſterfrau, dann die Magd, zuletzt der Hofſchulze; Alle einzeln und ungepaart. Der Geiſtliche trat auf die ſpinnende Tochter, welche noch immer nicht emporſah, zu, bot ihr freundlichen Gruß und ſagte: So recht, Jungfer Hofſchulze, wenn die Braut noch ſo fleißig ihr Rädchen dreht, da kann ſich der Liebſte volle Kiſten und Kaſten erwarten und ver- hoffen. Wann ſoll denn die Hochzeit ſeyn? — Auf Donnerstag über acht Tage, Herr Diaconus, wenn es erlaubt iſt, verſetzte die Braut, wurde wo mög-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/385>, abgerufen am 14.05.2024.