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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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die Thüre und war schon in Zeichen und Wundern
mitten inne, als ich etwas später die Stube be-
trat. Der Nachbar hatte sich voll Furcht und
Zittern entfernt.

Die Schnotterbaum lag an der Erde, verdrehte
ihren Körper, ächzte und stöhnte. Der Magische
kniete über ihr, hielt ihr die Faust geballt vor den
Mund und polterte: Hab' ich's Euch nicht ange-
sagt? Ist er nicht eben in Euch hineingefahren?
-- Ach wohl, winselte die Nätherin, es mußte ja
so kommen! Als Ihr die Thüre sprengtet, fuhr er
mir wie ein kuhler Wind in den offenen Mund.
Thut mir die Gnade, und befreiet mich von ihm,
er stößt mir fast das Herz ab.

Das werde ich wohl bleiben lassen, versetzte der
Magische, es ist mir sauer genug geworden, den
Hund für die beiden Herren zu erwischen, nun soll
er sich erst in Euch zum Glauben bekehren.

Das thue ich mein Tage nicht, rief der Dämon
aus der Schnotterbaum, ich bin ein gottloser Ma-
gister, und ein solcher will ich leben und sterben!

Diese Antwort setzte mich in das größte Er-
staunen. Meister, sagte ich zum Schneider, ist uns
denn etwa der Grobschmidt unterweges abhänden

die Thüre und war ſchon in Zeichen und Wundern
mitten inne, als ich etwas ſpäter die Stube be-
trat. Der Nachbar hatte ſich voll Furcht und
Zittern entfernt.

Die Schnotterbaum lag an der Erde, verdrehte
ihren Körper, ächzte und ſtöhnte. Der Magiſche
kniete über ihr, hielt ihr die Fauſt geballt vor den
Mund und polterte: Hab’ ich’s Euch nicht ange-
ſagt? Iſt er nicht eben in Euch hineingefahren?
— Ach wohl, winſelte die Nätherin, es mußte ja
ſo kommen! Als Ihr die Thüre ſprengtet, fuhr er
mir wie ein kuhler Wind in den offenen Mund.
Thut mir die Gnade, und befreiet mich von ihm,
er ſtößt mir faſt das Herz ab.

Das werde ich wohl bleiben laſſen, verſetzte der
Magiſche, es iſt mir ſauer genug geworden, den
Hund für die beiden Herren zu erwiſchen, nun ſoll
er ſich erſt in Euch zum Glauben bekehren.

Das thue ich mein Tage nicht, rief der Dämon
aus der Schnotterbaum, ich bin ein gottloſer Ma-
giſter, und ein ſolcher will ich leben und ſterben!

Dieſe Antwort ſetzte mich in das größte Er-
ſtaunen. Meiſter, ſagte ich zum Schneider, iſt uns
denn etwa der Grobſchmidt unterweges abhänden

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[290/0308] die Thüre und war ſchon in Zeichen und Wundern mitten inne, als ich etwas ſpäter die Stube be- trat. Der Nachbar hatte ſich voll Furcht und Zittern entfernt. Die Schnotterbaum lag an der Erde, verdrehte ihren Körper, ächzte und ſtöhnte. Der Magiſche kniete über ihr, hielt ihr die Fauſt geballt vor den Mund und polterte: Hab’ ich’s Euch nicht ange- ſagt? Iſt er nicht eben in Euch hineingefahren? — Ach wohl, winſelte die Nätherin, es mußte ja ſo kommen! Als Ihr die Thüre ſprengtet, fuhr er mir wie ein kuhler Wind in den offenen Mund. Thut mir die Gnade, und befreiet mich von ihm, er ſtößt mir faſt das Herz ab. Das werde ich wohl bleiben laſſen, verſetzte der Magiſche, es iſt mir ſauer genug geworden, den Hund für die beiden Herren zu erwiſchen, nun ſoll er ſich erſt in Euch zum Glauben bekehren. Das thue ich mein Tage nicht, rief der Dämon aus der Schnotterbaum, ich bin ein gottloſer Ma- giſter, und ein ſolcher will ich leben und ſterben! Dieſe Antwort ſetzte mich in das größte Er- ſtaunen. Meiſter, ſagte ich zum Schneider, iſt uns denn etwa der Grobſchmidt unterweges abhänden

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/308>, abgerufen am 28.04.2024.