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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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denn er war auf dem Wege nach dem Oberhofe.
Aber ihn sehen, einen Laut des Schreckens aussto-
ßen, sich blitzschnell umkehren und mit gewaltiger
Schnelligkeit entfliehen, war bei dem Küster Eins.

Er lief, die Hände vorgestreckt, spornstreichs
nach dem Hochzeithause und stürzte mit dem Ge-
schrei: Rettet Euch! unter die Gäste, die alsobald
aufgestört, theils den Schulmeister in bewegten
Gruppen umwogten, theils zum Flüchten Anstalt
machten. Der Hofschulze, welcher von der allge-
meinen Unruhe nicht angesteckt wurde, trat fragend
zum Küster und erhielt von ihm den Bescheid, daß
einer oder mehrere Tolle, ja vermuthlich das ganze
Irrenhaus in der Nähe ausgebrochen sei, und die
verrückte Gesellschaft, furchtbar mit Flinten und
Keulen bewaffnet, sich nahe.

Die Weiber erhoben ein Geschrei, der Hof-
schulze, welcher von sich auf Andere schloß und
nicht annehmen konnte, daß die Furcht in dem
Maaße übertreibe, wie hier der Fall war, machte
zum Erstenmale in seinem Leben ein verlegenes
Gesicht, und Alles war in Bestürzung -- als der
Schirrmeister mit dem vermeintlichen Tollen in
den Hof trat.


denn er war auf dem Wege nach dem Oberhofe.
Aber ihn ſehen, einen Laut des Schreckens ausſto-
ßen, ſich blitzſchnell umkehren und mit gewaltiger
Schnelligkeit entfliehen, war bei dem Küſter Eins.

Er lief, die Hände vorgeſtreckt, ſpornſtreichs
nach dem Hochzeithauſe und ſtürzte mit dem Ge-
ſchrei: Rettet Euch! unter die Gäſte, die alſobald
aufgeſtört, theils den Schulmeiſter in bewegten
Gruppen umwogten, theils zum Flüchten Anſtalt
machten. Der Hofſchulze, welcher von der allge-
meinen Unruhe nicht angeſteckt wurde, trat fragend
zum Küſter und erhielt von ihm den Beſcheid, daß
einer oder mehrere Tolle, ja vermuthlich das ganze
Irrenhaus in der Nähe ausgebrochen ſei, und die
verrückte Geſellſchaft, furchtbar mit Flinten und
Keulen bewaffnet, ſich nahe.

Die Weiber erhoben ein Geſchrei, der Hof-
ſchulze, welcher von ſich auf Andere ſchloß und
nicht annehmen konnte, daß die Furcht in dem
Maaße übertreibe, wie hier der Fall war, machte
zum Erſtenmale in ſeinem Leben ein verlegenes
Geſicht, und Alles war in Beſtürzung — als der
Schirrmeiſter mit dem vermeintlichen Tollen in
den Hof trat.


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[90/0104] denn er war auf dem Wege nach dem Oberhofe. Aber ihn ſehen, einen Laut des Schreckens ausſto- ßen, ſich blitzſchnell umkehren und mit gewaltiger Schnelligkeit entfliehen, war bei dem Küſter Eins. Er lief, die Hände vorgeſtreckt, ſpornſtreichs nach dem Hochzeithauſe und ſtürzte mit dem Ge- ſchrei: Rettet Euch! unter die Gäſte, die alſobald aufgeſtört, theils den Schulmeiſter in bewegten Gruppen umwogten, theils zum Flüchten Anſtalt machten. Der Hofſchulze, welcher von der allge- meinen Unruhe nicht angeſteckt wurde, trat fragend zum Küſter und erhielt von ihm den Beſcheid, daß einer oder mehrere Tolle, ja vermuthlich das ganze Irrenhaus in der Nähe ausgebrochen ſei, und die verrückte Geſellſchaft, furchtbar mit Flinten und Keulen bewaffnet, ſich nahe. Die Weiber erhoben ein Geſchrei, der Hof- ſchulze, welcher von ſich auf Andere ſchloß und nicht annehmen konnte, daß die Furcht in dem Maaße übertreibe, wie hier der Fall war, machte zum Erſtenmale in ſeinem Leben ein verlegenes Geſicht, und Alles war in Beſtürzung — als der Schirrmeiſter mit dem vermeintlichen Tollen in den Hof trat.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/104>, abgerufen am 30.04.2024.