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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Ordnung in dem Handel zwischen ihr und dem
Jäger zu stiften. Ich werde dem Kinde sagen --
sprach er, indem er, seinen Hut auf dem Haupte
und den Stab in der Hand, langsam und bedäch-
tig durch den Flur schritt. Bei seinem Vieh stand
er einen Augenblick stille, denn die prächtig ge-
schmückte Blässe stöhnte ungeachtet ihres Putzes an
Stirn und Hörnern erbärmlich und als er hin-
leuchtete, stand das arme Thier ganz krumm zu-
sammengezogen. Was ist denn das nun wieder?
rief der Hofschulze. -- Was wird es seyn? ver-
setzte der Rothhaarige, der aus einer dunkeln Ecke
des Stalles hervorkam, trotzig, das Vieh hat seinen
Eigensinn, davon ist es krank, ich habe ihm aber
schon was eingegeben. -- Der Hofschulze beschaute
mit zornigem Schmerz die Leiden seines besten
Stücks; aber auch dieser Anblick entlockte ihm
kein Fluch- oder Scheltwort, sondern er stieß nur
sein gewöhnliches: Ei! Ei! Ei! aus und setzte
dann dumpf hinzu: Diese Hochzeit, auf welche ich
gespart und gehofft habe, nimmt ein übles Ende.

Er stieg die Treppe empor und trat so hart
auf, daß die Stufen dröhnten. Dann öffnete er
die Thüre von Lisbeths Stube fest und rauh. Sie

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Ordnung in dem Handel zwiſchen ihr und dem
Jäger zu ſtiften. Ich werde dem Kinde ſagen —
ſprach er, indem er, ſeinen Hut auf dem Haupte
und den Stab in der Hand, langſam und bedäch-
tig durch den Flur ſchritt. Bei ſeinem Vieh ſtand
er einen Augenblick ſtille, denn die prächtig ge-
ſchmückte Bläſſe ſtöhnte ungeachtet ihres Putzes an
Stirn und Hörnern erbärmlich und als er hin-
leuchtete, ſtand das arme Thier ganz krumm zu-
ſammengezogen. Was iſt denn das nun wieder?
rief der Hofſchulze. — Was wird es ſeyn? ver-
ſetzte der Rothhaarige, der aus einer dunkeln Ecke
des Stalles hervorkam, trotzig, das Vieh hat ſeinen
Eigenſinn, davon iſt es krank, ich habe ihm aber
ſchon was eingegeben. — Der Hofſchulze beſchaute
mit zornigem Schmerz die Leiden ſeines beſten
Stücks; aber auch dieſer Anblick entlockte ihm
kein Fluch- oder Scheltwort, ſondern er ſtieß nur
ſein gewöhnliches: Ei! Ei! Ei! aus und ſetzte
dann dumpf hinzu: Dieſe Hochzeit, auf welche ich
geſpart und gehofft habe, nimmt ein übles Ende.

Er ſtieg die Treppe empor und trat ſo hart
auf, daß die Stufen dröhnten. Dann öffnete er
die Thüre von Lisbeths Stube feſt und rauh. Sie

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[131/0145] Ordnung in dem Handel zwiſchen ihr und dem Jäger zu ſtiften. Ich werde dem Kinde ſagen — ſprach er, indem er, ſeinen Hut auf dem Haupte und den Stab in der Hand, langſam und bedäch- tig durch den Flur ſchritt. Bei ſeinem Vieh ſtand er einen Augenblick ſtille, denn die prächtig ge- ſchmückte Bläſſe ſtöhnte ungeachtet ihres Putzes an Stirn und Hörnern erbärmlich und als er hin- leuchtete, ſtand das arme Thier ganz krumm zu- ſammengezogen. Was iſt denn das nun wieder? rief der Hofſchulze. — Was wird es ſeyn? ver- ſetzte der Rothhaarige, der aus einer dunkeln Ecke des Stalles hervorkam, trotzig, das Vieh hat ſeinen Eigenſinn, davon iſt es krank, ich habe ihm aber ſchon was eingegeben. — Der Hofſchulze beſchaute mit zornigem Schmerz die Leiden ſeines beſten Stücks; aber auch dieſer Anblick entlockte ihm kein Fluch- oder Scheltwort, ſondern er ſtieß nur ſein gewöhnliches: Ei! Ei! Ei! aus und ſetzte dann dumpf hinzu: Dieſe Hochzeit, auf welche ich geſpart und gehofft habe, nimmt ein übles Ende. Er ſtieg die Treppe empor und trat ſo hart auf, daß die Stufen dröhnten. Dann öffnete er die Thüre von Lisbeths Stube feſt und rauh. Sie 9*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/145>, abgerufen am 30.04.2024.