Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn an, rüttelte ihn, schüttelte ihn, Münchhausen
richtete sich etwas auf, sah ihn schlaftrunken an,
lallte mit schwerer Zunge: Warum weckst du mich?
und fiel auf den Rücken. Um sechs Uhr, um
acht Uhr Abends hatten gleiche Weckversuche die
gleichen Erfolge, oder vielmehr Nichterfolge. Münch-
hausen schlief.

Der erste Tag war sonach verschlafen. Am
andern nahm der alte Baron allerhand lärmende
Geschäfte vor, er brachte z. B. schweres Geräth
und Möbelwerk von der Gerichtsstube herab und
hatte dessen kein sonderlich Arg, wenn ein Stück
donnernd gegen Münchhausen's Stubenthüre flog.
Denn, brummte er ingrimmig, ich will diesen ver-
ruchten Kerl denn doch wohl wach kriegen! Alles
vergebens. Münchhausen schlief auch den zweiten
Tag hindurch mit Ausnahme kurzer Eßpausen.
Karl Buttervogel berichtete, sein Herr sei zwar auf-
gestanden und habe sich angekleidet, aber immer mit
halbgeschlossenen Augen und mit Gähnen. Sobald
er das letzte Stück angezogen gehabt, sei er wieder
in einen Stuhl gesunken und sitzend eingeschlafen.

Am dritten Tage schnarchte Münchhausen stär-
ker, als je zuvor. Der alte Baron, der die ganze

ihn an, rüttelte ihn, ſchüttelte ihn, Münchhauſen
richtete ſich etwas auf, ſah ihn ſchlaftrunken an,
lallte mit ſchwerer Zunge: Warum weckſt du mich?
und fiel auf den Rücken. Um ſechs Uhr, um
acht Uhr Abends hatten gleiche Weckverſuche die
gleichen Erfolge, oder vielmehr Nichterfolge. Münch-
hauſen ſchlief.

Der erſte Tag war ſonach verſchlafen. Am
andern nahm der alte Baron allerhand lärmende
Geſchäfte vor, er brachte z. B. ſchweres Geräth
und Möbelwerk von der Gerichtsſtube herab und
hatte deſſen kein ſonderlich Arg, wenn ein Stück
donnernd gegen Münchhauſen’s Stubenthüre flog.
Denn, brummte er ingrimmig, ich will dieſen ver-
ruchten Kerl denn doch wohl wach kriegen! Alles
vergebens. Münchhauſen ſchlief auch den zweiten
Tag hindurch mit Ausnahme kurzer Eßpauſen.
Karl Buttervogel berichtete, ſein Herr ſei zwar auf-
geſtanden und habe ſich angekleidet, aber immer mit
halbgeſchloſſenen Augen und mit Gähnen. Sobald
er das letzte Stück angezogen gehabt, ſei er wieder
in einen Stuhl geſunken und ſitzend eingeſchlafen.

Am dritten Tage ſchnarchte Münchhauſen ſtär-
ker, als je zuvor. Der alte Baron, der die ganze

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0251" n="237"/>
ihn an, rüttelte ihn, &#x017F;chüttelte ihn, Münchhau&#x017F;en<lb/>
richtete &#x017F;ich etwas auf, &#x017F;ah ihn &#x017F;chlaftrunken an,<lb/>
lallte mit &#x017F;chwerer Zunge: Warum weck&#x017F;t du mich?<lb/>
und fiel auf den Rücken. Um &#x017F;echs Uhr, um<lb/>
acht Uhr Abends hatten gleiche Weckver&#x017F;uche die<lb/>
gleichen Erfolge, oder vielmehr Nichterfolge. Münch-<lb/>
hau&#x017F;en &#x017F;chlief.</p><lb/>
          <p>Der er&#x017F;te Tag war &#x017F;onach ver&#x017F;chlafen. Am<lb/>
andern nahm der alte Baron allerhand lärmende<lb/>
Ge&#x017F;chäfte vor, er brachte z. B. &#x017F;chweres Geräth<lb/>
und Möbelwerk von der Gerichts&#x017F;tube herab und<lb/>
hatte de&#x017F;&#x017F;en kein &#x017F;onderlich Arg, wenn ein Stück<lb/>
donnernd gegen Münchhau&#x017F;en&#x2019;s Stubenthüre flog.<lb/>
Denn, brummte er ingrimmig, ich will die&#x017F;en ver-<lb/>
ruchten Kerl denn doch wohl wach kriegen! Alles<lb/>
vergebens. Münchhau&#x017F;en &#x017F;chlief auch den zweiten<lb/>
Tag hindurch mit Ausnahme kurzer Eßpau&#x017F;en.<lb/>
Karl Buttervogel berichtete, &#x017F;ein Herr &#x017F;ei zwar auf-<lb/>
ge&#x017F;tanden und habe &#x017F;ich angekleidet, aber immer mit<lb/>
halbge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Augen und mit Gähnen. Sobald<lb/>
er das letzte Stück angezogen gehabt, &#x017F;ei er wieder<lb/>
in einen Stuhl ge&#x017F;unken und &#x017F;itzend einge&#x017F;chlafen.</p><lb/>
          <p>Am dritten Tage &#x017F;chnarchte Münchhau&#x017F;en &#x017F;tär-<lb/>
ker, als je zuvor. Der alte Baron, der die ganze<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0251] ihn an, rüttelte ihn, ſchüttelte ihn, Münchhauſen richtete ſich etwas auf, ſah ihn ſchlaftrunken an, lallte mit ſchwerer Zunge: Warum weckſt du mich? und fiel auf den Rücken. Um ſechs Uhr, um acht Uhr Abends hatten gleiche Weckverſuche die gleichen Erfolge, oder vielmehr Nichterfolge. Münch- hauſen ſchlief. Der erſte Tag war ſonach verſchlafen. Am andern nahm der alte Baron allerhand lärmende Geſchäfte vor, er brachte z. B. ſchweres Geräth und Möbelwerk von der Gerichtsſtube herab und hatte deſſen kein ſonderlich Arg, wenn ein Stück donnernd gegen Münchhauſen’s Stubenthüre flog. Denn, brummte er ingrimmig, ich will dieſen ver- ruchten Kerl denn doch wohl wach kriegen! Alles vergebens. Münchhauſen ſchlief auch den zweiten Tag hindurch mit Ausnahme kurzer Eßpauſen. Karl Buttervogel berichtete, ſein Herr ſei zwar auf- geſtanden und habe ſich angekleidet, aber immer mit halbgeſchloſſenen Augen und mit Gähnen. Sobald er das letzte Stück angezogen gehabt, ſei er wieder in einen Stuhl geſunken und ſitzend eingeſchlafen. Am dritten Tage ſchnarchte Münchhauſen ſtär- ker, als je zuvor. Der alte Baron, der die ganze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/251
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/251>, abgerufen am 16.05.2024.