Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

solche Ideen, Pensee'n, Attrappen und Calembourgs
müssen aber improvisirt und nicht destillirt werden,
nur aus dem Stegreif gerathen sie.

Toller Mensch! rief der Schriftsteller und be-
zeichnete ihm den Ort, wo er seiner mit den
Wechseln zur Reise nach Dünkelblasenheim warten
wollte. Es war ein Dorf ganz in der Nähe, wo
sich eine für Alterthumsfreunde merkwürdige Kirche
mit einer sonderbar geformten Krypte befand. -- Be-
stellt ein gutes Abendessen, sprengt einen Burschen
für doppeltes Trinkgeld nach der Stadt, um uns
Champagner zu verschaffen; wir wollen einen
lustigen Abend haben und uns des Lebens freuen,
das wie Champagner zu brausen beginnt! rief
der Freiherr seinem Curator nach.

Er ging trällernd ein Paarmal in der Stube
auf und nieder, richtete den umgestürzten Tisch
auf, legte sich zwei Bogen Postpapier zurecht, und
schrieb nun, während das Schloß schütterte, der Wind
heulte und das Lied Emerentia's unten wie das Lied
der Parzen immer schrillender klang, gleichzeitig die
beiden Briefe, den spirituellen und den submissen,
erst eine Zeile Geist an den Erbprinzen und dann
eine Zeile Angemessenes an den regierenden Herrn.


ſolche Ideen, Penſee’n, Attrappen und Calembourgs
müſſen aber improviſirt und nicht deſtillirt werden,
nur aus dem Stegreif gerathen ſie.

Toller Menſch! rief der Schriftſteller und be-
zeichnete ihm den Ort, wo er ſeiner mit den
Wechſeln zur Reiſe nach Dünkelblaſenheim warten
wollte. Es war ein Dorf ganz in der Nähe, wo
ſich eine für Alterthumsfreunde merkwürdige Kirche
mit einer ſonderbar geformten Krypte befand. — Be-
ſtellt ein gutes Abendeſſen, ſprengt einen Burſchen
für doppeltes Trinkgeld nach der Stadt, um uns
Champagner zu verſchaffen; wir wollen einen
luſtigen Abend haben und uns des Lebens freuen,
das wie Champagner zu brauſen beginnt! rief
der Freiherr ſeinem Curator nach.

Er ging trällernd ein Paarmal in der Stube
auf und nieder, richtete den umgeſtürzten Tiſch
auf, legte ſich zwei Bogen Poſtpapier zurecht, und
ſchrieb nun, während das Schloß ſchütterte, der Wind
heulte und das Lied Emerentia’s unten wie das Lied
der Parzen immer ſchrillender klang, gleichzeitig die
beiden Briefe, den ſpirituellen und den ſubmiſſen,
erſt eine Zeile Geiſt an den Erbprinzen und dann
eine Zeile Angemeſſenes an den regierenden Herrn.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0374" n="360"/>
&#x017F;olche Ideen, Pen&#x017F;ee&#x2019;n, Attrappen und Calembourgs<lb/>&#x017F;&#x017F;en aber improvi&#x017F;irt und nicht de&#x017F;tillirt werden,<lb/>
nur aus dem Stegreif gerathen &#x017F;ie.</p><lb/>
          <p>Toller Men&#x017F;ch! rief der Schrift&#x017F;teller und be-<lb/>
zeichnete ihm den Ort, wo er &#x017F;einer mit den<lb/>
Wech&#x017F;eln zur Rei&#x017F;e nach Dünkelbla&#x017F;enheim warten<lb/>
wollte. Es war ein Dorf ganz in der Nähe, wo<lb/>
&#x017F;ich eine für Alterthumsfreunde merkwürdige Kirche<lb/>
mit einer &#x017F;onderbar geformten Krypte befand. &#x2014; Be-<lb/>
&#x017F;tellt ein gutes Abende&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;prengt einen Bur&#x017F;chen<lb/>
für doppeltes Trinkgeld nach der Stadt, um uns<lb/>
Champagner zu ver&#x017F;chaffen; wir wollen einen<lb/>
lu&#x017F;tigen Abend haben und uns des Lebens freuen,<lb/>
das wie Champagner zu brau&#x017F;en beginnt! rief<lb/>
der Freiherr &#x017F;einem Curator nach.</p><lb/>
          <p>Er ging trällernd ein Paarmal in der Stube<lb/>
auf und nieder, richtete den umge&#x017F;türzten Ti&#x017F;ch<lb/>
auf, legte &#x017F;ich zwei Bogen Po&#x017F;tpapier zurecht, und<lb/>
&#x017F;chrieb nun, während das Schloß &#x017F;chütterte, der Wind<lb/>
heulte und das Lied Emerentia&#x2019;s unten wie das Lied<lb/>
der Parzen immer &#x017F;chrillender klang, gleichzeitig die<lb/>
beiden Briefe, den &#x017F;pirituellen und den &#x017F;ubmi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
er&#x017F;t eine Zeile Gei&#x017F;t an den Erbprinzen und dann<lb/>
eine Zeile Angeme&#x017F;&#x017F;enes an den regierenden Herrn.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0374] ſolche Ideen, Penſee’n, Attrappen und Calembourgs müſſen aber improviſirt und nicht deſtillirt werden, nur aus dem Stegreif gerathen ſie. Toller Menſch! rief der Schriftſteller und be- zeichnete ihm den Ort, wo er ſeiner mit den Wechſeln zur Reiſe nach Dünkelblaſenheim warten wollte. Es war ein Dorf ganz in der Nähe, wo ſich eine für Alterthumsfreunde merkwürdige Kirche mit einer ſonderbar geformten Krypte befand. — Be- ſtellt ein gutes Abendeſſen, ſprengt einen Burſchen für doppeltes Trinkgeld nach der Stadt, um uns Champagner zu verſchaffen; wir wollen einen luſtigen Abend haben und uns des Lebens freuen, das wie Champagner zu brauſen beginnt! rief der Freiherr ſeinem Curator nach. Er ging trällernd ein Paarmal in der Stube auf und nieder, richtete den umgeſtürzten Tiſch auf, legte ſich zwei Bogen Poſtpapier zurecht, und ſchrieb nun, während das Schloß ſchütterte, der Wind heulte und das Lied Emerentia’s unten wie das Lied der Parzen immer ſchrillender klang, gleichzeitig die beiden Briefe, den ſpirituellen und den ſubmiſſen, erſt eine Zeile Geiſt an den Erbprinzen und dann eine Zeile Angemeſſenes an den regierenden Herrn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/374
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/374>, abgerufen am 27.04.2024.