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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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kann noch donnern und blitzen, es kann von man-
cher säuerlichen Stimmung ausgebeutet werden,
es kann sogar noch großen Nutzen stiften durch
Verbindung mit tüchtigen Welfen allzutölpelhaften
Ghibellinen gegenüber, aber sein Regiment ist vor-
bei, seitdem selbst mancher Bauer weiß, daß man
der Sonne nicht gebieten dürfe, um die Erde zu laufen.

Also eine neue Entdeckung thut der Religion
Noth, wenn das dritte Weltalter anbrechen soll.
Wie, wenn es abermals etwas von einem heiteren
Paganismus annähme? -- Wenn das Formeln- und
Dogmenwesen aufhörte, und die Satzungen des
tridentinischen Concils und die Sätze der symbo-
lischen Bücher sich völlig und ehrlich antiquirten,
anstatt die gegenwärtige fictive Herrschaft noch so
fortzuschleppen? Wenn die Sprüche des Evan-
geliums nicht mehr gebraucht würden, die Men-
schen und die Verhältnisse zu verwirren? Wenn
Jeder sich rechtschaffen überzeugte, das Christen-
thum sei eine von Ewigkeit beschlossene und in
Ewigkeit fortzeugende Thatsache, erhaben über die
kleinliche Diplomatie, die sich in der Folgerung
offenbart: Das darf nicht zugegeben werden; denn
sonst fällt auch das und das über den Haufen?


kann noch donnern und blitzen, es kann von man-
cher ſäuerlichen Stimmung ausgebeutet werden,
es kann ſogar noch großen Nutzen ſtiften durch
Verbindung mit tüchtigen Welfen allzutölpelhaften
Ghibellinen gegenüber, aber ſein Regiment iſt vor-
bei, ſeitdem ſelbſt mancher Bauer weiß, daß man
der Sonne nicht gebieten dürfe, um die Erde zu laufen.

Alſo eine neue Entdeckung thut der Religion
Noth, wenn das dritte Weltalter anbrechen ſoll.
Wie, wenn es abermals etwas von einem heiteren
Paganismus annähme? — Wenn das Formeln- und
Dogmenweſen aufhörte, und die Satzungen des
tridentiniſchen Concils und die Sätze der ſymbo-
liſchen Bücher ſich völlig und ehrlich antiquirten,
anſtatt die gegenwärtige fictive Herrſchaft noch ſo
fortzuſchleppen? Wenn die Sprüche des Evan-
geliums nicht mehr gebraucht würden, die Men-
ſchen und die Verhältniſſe zu verwirren? Wenn
Jeder ſich rechtſchaffen überzeugte, das Chriſten-
thum ſei eine von Ewigkeit beſchloſſene und in
Ewigkeit fortzeugende Thatſache, erhaben über die
kleinliche Diplomatie, die ſich in der Folgerung
offenbart: Das darf nicht zugegeben werden; denn
ſonſt fällt auch das und das über den Haufen?


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[399/0413] kann noch donnern und blitzen, es kann von man- cher ſäuerlichen Stimmung ausgebeutet werden, es kann ſogar noch großen Nutzen ſtiften durch Verbindung mit tüchtigen Welfen allzutölpelhaften Ghibellinen gegenüber, aber ſein Regiment iſt vor- bei, ſeitdem ſelbſt mancher Bauer weiß, daß man der Sonne nicht gebieten dürfe, um die Erde zu laufen. Alſo eine neue Entdeckung thut der Religion Noth, wenn das dritte Weltalter anbrechen ſoll. Wie, wenn es abermals etwas von einem heiteren Paganismus annähme? — Wenn das Formeln- und Dogmenweſen aufhörte, und die Satzungen des tridentiniſchen Concils und die Sätze der ſymbo- liſchen Bücher ſich völlig und ehrlich antiquirten, anſtatt die gegenwärtige fictive Herrſchaft noch ſo fortzuſchleppen? Wenn die Sprüche des Evan- geliums nicht mehr gebraucht würden, die Men- ſchen und die Verhältniſſe zu verwirren? Wenn Jeder ſich rechtſchaffen überzeugte, das Chriſten- thum ſei eine von Ewigkeit beſchloſſene und in Ewigkeit fortzeugende Thatſache, erhaben über die kleinliche Diplomatie, die ſich in der Folgerung offenbart: Das darf nicht zugegeben werden; denn ſonſt fällt auch das und das über den Haufen?

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/413>, abgerufen am 13.05.2024.