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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Die Decke war blau gemalt mit goldenen Ster-
nen, an der Kanzel zeigte sich künstliches Schnitz-
werk und unter den Leichentafeln der alten Pfar-
rer, welche den Fußboden bedeckten, befanden sich
sogar zwei oder drei von Messing. Reinlich und
sauber wurden die Bänke gehalten, auch darauf
hatte der Hofschulze mit seinem großen Einflusse
hingewirkt. Eine schöne Decke zierte den Altar,
über dem sich ein geschlungenes marmorirt ange-
strichenes Säulenwerk erhob.

Hell fiel das Licht zu dem Kirchlein ein, die
Bäume säuselten draußen und zuweilen bewegte ein
gelindes Lüftchen, das durch eine zerbrochene Scheibe
drang, die weiße Schärpe, womit der Engel über
dem Taufbecken bekleidet war, oder die Flit-
ter der Kronen, welche, von den Särgen der
Jungfrauen genommen, die Pfeiler umher schmückten.

Braut und Bräutigam waren fort, der Braut-
zug war fort, und doch war es nicht ganz einsam
in dem stillen Kirchlein. Zwei junge Leute waren
darin zurückgeblieben und wußten nicht von ein-
ander und das war so zugegangen. Der Jäger
hatte sich, als die Hochzeitleute die Kirche betra-
ten, von ihnen abgesondert und war still eine

Die Decke war blau gemalt mit goldenen Ster-
nen, an der Kanzel zeigte ſich künſtliches Schnitz-
werk und unter den Leichentafeln der alten Pfar-
rer, welche den Fußboden bedeckten, befanden ſich
ſogar zwei oder drei von Meſſing. Reinlich und
ſauber wurden die Bänke gehalten, auch darauf
hatte der Hofſchulze mit ſeinem großen Einfluſſe
hingewirkt. Eine ſchöne Decke zierte den Altar,
über dem ſich ein geſchlungenes marmorirt ange-
ſtrichenes Säulenwerk erhob.

Hell fiel das Licht zu dem Kirchlein ein, die
Bäume ſäuſelten draußen und zuweilen bewegte ein
gelindes Lüftchen, das durch eine zerbrochene Scheibe
drang, die weiße Schärpe, womit der Engel über
dem Taufbecken bekleidet war, oder die Flit-
ter der Kronen, welche, von den Särgen der
Jungfrauen genommen, die Pfeiler umher ſchmückten.

Braut und Bräutigam waren fort, der Braut-
zug war fort, und doch war es nicht ganz einſam
in dem ſtillen Kirchlein. Zwei junge Leute waren
darin zurückgeblieben und wußten nicht von ein-
ander und das war ſo zugegangen. Der Jäger
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[70/0084] Die Decke war blau gemalt mit goldenen Ster- nen, an der Kanzel zeigte ſich künſtliches Schnitz- werk und unter den Leichentafeln der alten Pfar- rer, welche den Fußboden bedeckten, befanden ſich ſogar zwei oder drei von Meſſing. Reinlich und ſauber wurden die Bänke gehalten, auch darauf hatte der Hofſchulze mit ſeinem großen Einfluſſe hingewirkt. Eine ſchöne Decke zierte den Altar, über dem ſich ein geſchlungenes marmorirt ange- ſtrichenes Säulenwerk erhob. Hell fiel das Licht zu dem Kirchlein ein, die Bäume ſäuſelten draußen und zuweilen bewegte ein gelindes Lüftchen, das durch eine zerbrochene Scheibe drang, die weiße Schärpe, womit der Engel über dem Taufbecken bekleidet war, oder die Flit- ter der Kronen, welche, von den Särgen der Jungfrauen genommen, die Pfeiler umher ſchmückten. Braut und Bräutigam waren fort, der Braut- zug war fort, und doch war es nicht ganz einſam in dem ſtillen Kirchlein. Zwei junge Leute waren darin zurückgeblieben und wußten nicht von ein- ander und das war ſo zugegangen. Der Jäger hatte ſich, als die Hochzeitleute die Kirche betra- ten, von ihnen abgeſondert und war ſtill eine

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/84>, abgerufen am 29.04.2024.