Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

wollen, da sie unmöglich jetzt noch eine Sorge um
Oswald mit auf die Reise nehmen könne. Schon
daß er so bestimmt sprach, regte ihren Widerspruch
auf und sie fühlte wohl, daß wenn sie den An-
fängen solcher Emancipation nicht entgegentrete,
es leicht um die ganze Zukunft ihres Regiments
geschehen seyn dürfte. Sie erklärte daher eben so
bestimmt, daß sie noch bleiben und so lange bleiben
werde, bis sie ihren geliebtesten Anverwandten
von einem schlimmeren Uebel befreit sehe, als
dem Blutsturze, nämlich von seinem verkehrten
Heirathsvorsatze. Der Oberamtmann fasse Alles
zu rauh an, sie als Frau wisse allein in solcher
Verwickelung das Richtige zu treffen und den
Knäuel mit Feinheit zu entwirren. -- Du kennst
meine Festigkeit, Edmund, sagte sie zuletzt; ich
bin ganz fest in dieser Sache, zu deren Behand-
lung mich der Himmel selbst offenbar hieher hat
kommen lassen, also stehe ab von dem Vorsatze,
mich nach deinen Wünschen bewegen zu wollen.
Er erwiederte ihr darauf höflich, daß er an ihrer
Festigkeit nie gezweifelt habe, daß sie ihm aber
unter solchen Umständen verzeihen möge, wenn er,
so lange ihr Geschäft hier daure, einen Besuch bei

wollen, da ſie unmöglich jetzt noch eine Sorge um
Oswald mit auf die Reiſe nehmen könne. Schon
daß er ſo beſtimmt ſprach, regte ihren Widerſpruch
auf und ſie fühlte wohl, daß wenn ſie den An-
fängen ſolcher Emancipation nicht entgegentrete,
es leicht um die ganze Zukunft ihres Regiments
geſchehen ſeyn dürfte. Sie erklärte daher eben ſo
beſtimmt, daß ſie noch bleiben und ſo lange bleiben
werde, bis ſie ihren geliebteſten Anverwandten
von einem ſchlimmeren Uebel befreit ſehe, als
dem Blutſturze, nämlich von ſeinem verkehrten
Heirathsvorſatze. Der Oberamtmann faſſe Alles
zu rauh an, ſie als Frau wiſſe allein in ſolcher
Verwickelung das Richtige zu treffen und den
Knäuel mit Feinheit zu entwirren. — Du kennſt
meine Feſtigkeit, Edmund, ſagte ſie zuletzt; ich
bin ganz feſt in dieſer Sache, zu deren Behand-
lung mich der Himmel ſelbſt offenbar hieher hat
kommen laſſen, alſo ſtehe ab von dem Vorſatze,
mich nach deinen Wünſchen bewegen zu wollen.
Er erwiederte ihr darauf höflich, daß er an ihrer
Feſtigkeit nie gezweifelt habe, daß ſie ihm aber
unter ſolchen Umſtänden verzeihen möge, wenn er,
ſo lange ihr Geſchäft hier daure, einen Beſuch bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0216" n="204"/>
wollen, da &#x017F;ie unmöglich jetzt noch eine Sorge um<lb/>
Oswald mit auf die Rei&#x017F;e nehmen könne. Schon<lb/>
daß er &#x017F;o be&#x017F;timmt &#x017F;prach, regte ihren Wider&#x017F;pruch<lb/>
auf und &#x017F;ie fühlte wohl, daß wenn &#x017F;ie den An-<lb/>
fängen &#x017F;olcher Emancipation nicht entgegentrete,<lb/>
es leicht um die ganze Zukunft ihres Regiments<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn dürfte. Sie erklärte daher eben &#x017F;o<lb/>
be&#x017F;timmt, daß &#x017F;ie noch bleiben und &#x017F;o lange bleiben<lb/>
werde, bis &#x017F;ie ihren geliebte&#x017F;ten Anverwandten<lb/>
von einem &#x017F;chlimmeren Uebel befreit &#x017F;ehe, als<lb/>
dem Blut&#x017F;turze, nämlich von &#x017F;einem verkehrten<lb/>
Heirathsvor&#x017F;atze. Der Oberamtmann fa&#x017F;&#x017F;e Alles<lb/>
zu rauh an, &#x017F;ie als Frau wi&#x017F;&#x017F;e allein in &#x017F;olcher<lb/>
Verwickelung das Richtige zu treffen und den<lb/>
Knäuel mit Feinheit zu entwirren. &#x2014; Du kenn&#x017F;t<lb/>
meine Fe&#x017F;tigkeit, Edmund, &#x017F;agte &#x017F;ie zuletzt; ich<lb/>
bin ganz fe&#x017F;t in die&#x017F;er Sache, zu deren Behand-<lb/>
lung mich der Himmel &#x017F;elb&#x017F;t offenbar hieher hat<lb/>
kommen la&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;o &#x017F;tehe ab von dem Vor&#x017F;atze,<lb/>
mich nach deinen Wün&#x017F;chen bewegen zu wollen.<lb/>
Er erwiederte ihr darauf höflich, daß er an ihrer<lb/>
Fe&#x017F;tigkeit nie gezweifelt habe, daß &#x017F;ie ihm aber<lb/>
unter &#x017F;olchen Um&#x017F;tänden verzeihen möge, wenn er,<lb/>
&#x017F;o lange ihr Ge&#x017F;chäft hier daure, einen Be&#x017F;uch bei<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0216] wollen, da ſie unmöglich jetzt noch eine Sorge um Oswald mit auf die Reiſe nehmen könne. Schon daß er ſo beſtimmt ſprach, regte ihren Widerſpruch auf und ſie fühlte wohl, daß wenn ſie den An- fängen ſolcher Emancipation nicht entgegentrete, es leicht um die ganze Zukunft ihres Regiments geſchehen ſeyn dürfte. Sie erklärte daher eben ſo beſtimmt, daß ſie noch bleiben und ſo lange bleiben werde, bis ſie ihren geliebteſten Anverwandten von einem ſchlimmeren Uebel befreit ſehe, als dem Blutſturze, nämlich von ſeinem verkehrten Heirathsvorſatze. Der Oberamtmann faſſe Alles zu rauh an, ſie als Frau wiſſe allein in ſolcher Verwickelung das Richtige zu treffen und den Knäuel mit Feinheit zu entwirren. — Du kennſt meine Feſtigkeit, Edmund, ſagte ſie zuletzt; ich bin ganz feſt in dieſer Sache, zu deren Behand- lung mich der Himmel ſelbſt offenbar hieher hat kommen laſſen, alſo ſtehe ab von dem Vorſatze, mich nach deinen Wünſchen bewegen zu wollen. Er erwiederte ihr darauf höflich, daß er an ihrer Feſtigkeit nie gezweifelt habe, daß ſie ihm aber unter ſolchen Umſtänden verzeihen möge, wenn er, ſo lange ihr Geſchäft hier daure, einen Beſuch bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/216
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/216>, abgerufen am 14.05.2024.