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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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fertig seyn werde. Höre; da schlägt es sieben!
und sieh die Sonne, wie sie eben über das Eck
meines lieben blauen Tisches sich herbey macht.
Ich bin Punkt drey aufgestanden; und das ha-
ben mir die häßlichen Katzen mit ihrem Poltern
und Schreyen angethan. Sonst schlafe ich leicht
über dem Lärm selbst wieder ein, und bleibe
nachher im Schlafe; aber die Erinnerung an
Clerdons Posse machte mirs so lächerlich, daß
ich vollends aus dem Schlummer kam. Da
entschloß ich mich denn kurz und gut zum Auf-
stehen. Du bist jetzt auch aufgestanden, und
ich könnte Dich meinen Brief beym Frühstücke
lesen lassen, wenn nicht die Entfernung den
unglückseligen Bund mit der Zeit hätte. Laß
mir diese ungereimte Klage hingehen, damit sie
mir Weg mache, der Zeit und Entfernung zum
Trotz, Dir meinen Brief zu Deinem heutigen
Frühstücke wenigstens zu dedizieren. Em-
pfange den Morgengruß, den ich von meinem
blauen Tische her, unter dem frohen Gezwit-
scher einer Menge Vögel, die in unseren Hecken
und Obstbäumen flattern und nisten, an Dich

J 2

fertig ſeyn werde. Hoͤre; da ſchlaͤgt es ſieben!
und ſieh die Sonne, wie ſie eben uͤber das Eck
meines lieben blauen Tiſches ſich herbey macht.
Ich bin Punkt drey aufgeſtanden; und das ha-
ben mir die haͤßlichen Katzen mit ihrem Poltern
und Schreyen angethan. Sonſt ſchlafe ich leicht
uͤber dem Laͤrm ſelbſt wieder ein, und bleibe
nachher im Schlafe; aber die Erinnerung an
Clerdons Poſſe machte mirs ſo laͤcherlich, daß
ich vollends aus dem Schlummer kam. Da
entſchloß ich mich denn kurz und gut zum Auf-
ſtehen. Du biſt jetzt auch aufgeſtanden, und
ich koͤnnte Dich meinen Brief beym Fruͤhſtuͤcke
leſen laſſen, wenn nicht die Entfernung den
ungluͤckſeligen Bund mit der Zeit haͤtte. Laß
mir dieſe ungereimte Klage hingehen, damit ſie
mir Weg mache, der Zeit und Entfernung zum
Trotz, Dir meinen Brief zu Deinem heutigen
Fruͤhſtuͤcke wenigſtens zu dedizieren. Em-
pfange den Morgengruß, den ich von meinem
blauen Tiſche her, unter dem frohen Gezwit-
ſcher einer Menge Voͤgel, die in unſeren Hecken
und Obſtbaͤumen flattern und niſten, an Dich

J 2
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[131/0169] fertig ſeyn werde. Hoͤre; da ſchlaͤgt es ſieben! und ſieh die Sonne, wie ſie eben uͤber das Eck meines lieben blauen Tiſches ſich herbey macht. Ich bin Punkt drey aufgeſtanden; und das ha- ben mir die haͤßlichen Katzen mit ihrem Poltern und Schreyen angethan. Sonſt ſchlafe ich leicht uͤber dem Laͤrm ſelbſt wieder ein, und bleibe nachher im Schlafe; aber die Erinnerung an Clerdons Poſſe machte mirs ſo laͤcherlich, daß ich vollends aus dem Schlummer kam. Da entſchloß ich mich denn kurz und gut zum Auf- ſtehen. Du biſt jetzt auch aufgeſtanden, und ich koͤnnte Dich meinen Brief beym Fruͤhſtuͤcke leſen laſſen, wenn nicht die Entfernung den ungluͤckſeligen Bund mit der Zeit haͤtte. Laß mir dieſe ungereimte Klage hingehen, damit ſie mir Weg mache, der Zeit und Entfernung zum Trotz, Dir meinen Brief zu Deinem heutigen Fruͤhſtuͤcke wenigſtens zu dedizieren. Em- pfange den Morgengruß, den ich von meinem blauen Tiſche her, unter dem frohen Gezwit- ſcher einer Menge Voͤgel, die in unſeren Hecken und Obſtbaͤumen flattern und niſten, an Dich J 2

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/169>, abgerufen am 28.04.2024.