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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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im Auge Ewigkeit; Ernst und feyerlichen Auf-
schwung tief in der Brust; hohe und höhere
Ahndungen im Geiste; vollen wirklichen Genuß
des Unsichtbaren in der Seele.

O des armen Stolzes, der alles das als
Dinge des verschwindenden Gefühls, als we-
senlose Täuschungen der geringeren Seele ver-
achten, unter seine Füße treten will. Oeffnet
uns das Allerheiligste eures Unveränderlichen,
Selbstständigen, Wirklichen, in sich Wahren,
Würdigen und Guten! -- Auf dem Vorhange
steht: Alleinige Vernunft! --
Wohl! Es muß, da überhaupt Vernunft vor-
handen ist, auch eine reine Vernunft, eine
Vollkommenheit des Lebens
vorhanden seyn. Alle andre Vermunft ist von
dieser nur Erscheinung oder Wiederschein. Und

sagt im Prediger, einem canonischen
Buche: "Es ist ein Unglück das ich sah unter
der Sonne, nämlich Unverstand, der
unter den Gewaltigen
gemein ist."

im Auge Ewigkeit; Ernſt und feyerlichen Auf-
ſchwung tief in der Bruſt; hohe und hoͤhere
Ahndungen im Geiſte; vollen wirklichen Genuß
des Unſichtbaren in der Seele.

O des armen Stolzes, der alles das als
Dinge des verſchwindenden Gefuͤhls, als we-
ſenloſe Taͤuſchungen der geringeren Seele ver-
achten, unter ſeine Fuͤße treten will. Oeffnet
uns das Allerheiligſte eures Unveraͤnderlichen,
Selbſtſtaͤndigen, Wirklichen, in ſich Wahren,
Wuͤrdigen und Guten! — Auf dem Vorhange
ſteht: Alleinige Vernunft! —
Wohl! Es muß, da uͤberhaupt Vernunft vor-
handen iſt, auch eine reine Vernunft, eine
Vollkommenheit des Lebens
vorhanden ſeyn. Alle andre Vermunft iſt von
dieſer nur Erſcheinung oder Wiederſchein. Und

ſagt im Prediger, einem canoniſchen
Buche: „Es iſt ein Ungluͤck das ich ſah unter
der Sonne, naͤmlich Unverſtand, der
unter den Gewaltigen
gemein iſt.”
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[294/0332] im Auge Ewigkeit; Ernſt und feyerlichen Auf- ſchwung tief in der Bruſt; hohe und hoͤhere Ahndungen im Geiſte; vollen wirklichen Genuß des Unſichtbaren in der Seele. O des armen Stolzes, der alles das als Dinge des verſchwindenden Gefuͤhls, als we- ſenloſe Taͤuſchungen der geringeren Seele ver- achten, unter ſeine Fuͤße treten will. Oeffnet uns das Allerheiligſte eures Unveraͤnderlichen, Selbſtſtaͤndigen, Wirklichen, in ſich Wahren, Wuͤrdigen und Guten! — Auf dem Vorhange ſteht: Alleinige Vernunft! — Wohl! Es muß, da uͤberhaupt Vernunft vor- handen iſt, auch eine reine Vernunft, eine Vollkommenheit des Lebens vorhanden ſeyn. Alle andre Vermunft iſt von dieſer nur Erſcheinung oder Wiederſchein. Und (*) (*) ſagt im Prediger, einem canoniſchen Buche: „Es iſt ein Ungluͤck das ich ſah unter der Sonne, naͤmlich Unverſtand, der unter den Gewaltigen gemein iſt.”

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/332>, abgerufen am 22.05.2024.