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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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wie wir hier angenommen, GOTT nicht
zugeben will; sondern er hat sich vorgesetzt,
dich auf eine auserordentliche Weise zur
steten Bereitung zum Tode zu bringen. Ver-
kündiget sie dir es aber zum voraus mit
ausdrücklichen und klaren Worten und
mit allen Umständen, so geschiehet es nicht,
und sie wird zur Lügnerin, besonders, wenn
du ein grosser Herr wärest, und nicht nö-
thig hättest eben allein, und über einen
Steg zu gehen? Was bliebe hier der
Weißheit GOttes vor ein Mittel übrig,
wenn sie dich durch eine solche Vorherver-
kündigung zu einer ernstlichen Bekehrung
bewegen, und doch keiner Lügen schuldig wer-
den wolte? Keines, als dieses, daß sie dir die
Art dieses Todes verblühmt und auf eine
verdeckte Art zu erkennen gäbe und die meh-
resten Umstände verschwiege. Denn dieses
wäre genug dich zu erinnern dein Hauß je-
derzeit zu bestellen, und die göttliche Weissa-
gung würde durch den Erfolg bekräfftiget
werden. Hieraus schliesse ich also diesen
Satz: Es sind Fälle möglich, bey welchen
GOtt, wenn er sie vorher verkündigen will,
sich dunckler und verblümter und solcher
Redens-Arten bedienen muß, wodurch
war die allgemeinen Umstände (generalia)

einer





wie wir hier angenommen, GOTT nicht
zugeben will; ſondern er hat ſich vorgeſetzt,
dich auf eine auſerordentliche Weiſe zur
ſteten Bereitung zum Tode zu bringen. Ver-
kuͤndiget ſie dir es aber zum voraus mit
ausdruͤcklichen und klaren Worten und
mit allen Umſtaͤnden, ſo geſchiehet es nicht,
und ſie wird zur Luͤgnerin, beſonders, wenn
du ein groſſer Herr waͤreſt, und nicht noͤ-
thig haͤtteſt eben allein, und uͤber einen
Steg zu gehen? Was bliebe hier der
Weißheit GOttes vor ein Mittel uͤbrig,
wenn ſie dich durch eine ſolche Vorherver-
kuͤndigung zu einer ernſtlichen Bekehrung
bewegen, und doch keiner Luͤgen ſchuldig wer-
den wolte? Keines, als dieſes, daß ſie dir die
Art dieſes Todes verbluͤhmt und auf eine
verdeckte Art zu erkennen gaͤbe und die meh-
reſten Umſtaͤnde verſchwiege. Denn dieſes
waͤre genug dich zu erinnern dein Hauß je-
derzeit zu beſtellen, und die goͤttliche Weiſſa-
gung wuͤrde durch den Erfolg bekraͤfftiget
werden. Hieraus ſchlieſſe ich alſo dieſen
Satz: Es ſind Faͤlle moͤglich, bey welchen
GOtt, wenn er ſie vorher verkuͤndigen will,
ſich dunckler und verbluͤmter und ſolcher
Redens-Arten bedienen muß, wodurch
war die allgemeinen Umſtaͤnde (generalia)

einer
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[70/0106] wie wir hier angenommen, GOTT nicht zugeben will; ſondern er hat ſich vorgeſetzt, dich auf eine auſerordentliche Weiſe zur ſteten Bereitung zum Tode zu bringen. Ver- kuͤndiget ſie dir es aber zum voraus mit ausdruͤcklichen und klaren Worten und mit allen Umſtaͤnden, ſo geſchiehet es nicht, und ſie wird zur Luͤgnerin, beſonders, wenn du ein groſſer Herr waͤreſt, und nicht noͤ- thig haͤtteſt eben allein, und uͤber einen Steg zu gehen? Was bliebe hier der Weißheit GOttes vor ein Mittel uͤbrig, wenn ſie dich durch eine ſolche Vorherver- kuͤndigung zu einer ernſtlichen Bekehrung bewegen, und doch keiner Luͤgen ſchuldig wer- den wolte? Keines, als dieſes, daß ſie dir die Art dieſes Todes verbluͤhmt und auf eine verdeckte Art zu erkennen gaͤbe und die meh- reſten Umſtaͤnde verſchwiege. Denn dieſes waͤre genug dich zu erinnern dein Hauß je- derzeit zu beſtellen, und die goͤttliche Weiſſa- gung wuͤrde durch den Erfolg bekraͤfftiget werden. Hieraus ſchlieſſe ich alſo dieſen Satz: Es ſind Faͤlle moͤglich, bey welchen GOtt, wenn er ſie vorher verkuͤndigen will, ſich dunckler und verbluͤmter und ſolcher Redens-Arten bedienen muß, wodurch war die allgemeinen Umſtaͤnde (generalia) einer

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/106>, abgerufen am 28.04.2024.