Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





eine aus-
seror
dentliche
Gnade
GOttes
aufgeho-
ben wer-
den.
mehrsten in die Augen fällt. Wer kan
den Tod aufheben, wer kan der Seele
wieder ein neues Hauß bereiten, in wel-
chem sie ihre Geschäfte verrichtet? Wis-
sen wir eine andere Kraft, die hierzu hin-
reicht, als die Allmacht GOttes? Wer
ist mit solchen Kräften des Geistes verse-
hen, daß er sich selbst von allen Neigun-
gen kan frey machen, welche wider seine
und anderer Ruhe streiten? Müssen wir
dieses nicht von einer besondern Gnade
GOttes erwarten, wenn wir anders er-
rettet und in einen seeligern Zustand gese-
tzet werden sollen? Es trete jemand auf,
der sich rühmen könne, er habe es nun
dahin gebracht, daß seine Begierden nie-
mals mehr uneinig seyn, und er das ei-
ne mal sich zu etwas entschliesse, welches
ihn ein andermal nicht gereue? Es zeige
sich derjenige, welcher niemals mehr et-
was begehrt und thut, so ihm Verdruß
verursachet. Gewiß wir sind zu schwach
uns selbst in die Verfassung zu setzen, in
welcher alles zu unserm Vergnügen und
Glückseeligkeit abzielet. Ja der Tod
selbst macht dem Elende der Seele kein
Ende, wenn nicht eine besondre Gnade
GOTTes ihren Zustand ändert. Die
Schrift sagt, daß uns GOTT errettet
von der Obrigkeit der Finsterniß und
uns Sieg gegeben wider den Stachel des

Todes





eine auſ-
ſeror
dentliche
Gnade
GOttes
aufgeho-
ben wer-
den.
mehrſten in die Augen faͤllt. Wer kan
den Tod aufheben, wer kan der Seele
wieder ein neues Hauß bereiten, in wel-
chem ſie ihre Geſchaͤfte verrichtet? Wiſ-
ſen wir eine andere Kraft, die hierzu hin-
reicht, als die Allmacht GOttes? Wer
iſt mit ſolchen Kraͤften des Geiſtes verſe-
hen, daß er ſich ſelbſt von allen Neigun-
gen kan frey machen, welche wider ſeine
und anderer Ruhe ſtreiten? Muͤſſen wir
dieſes nicht von einer beſondern Gnade
GOttes erwarten, wenn wir anders er-
rettet und in einen ſeeligern Zuſtand geſe-
tzet werden ſollen? Es trete jemand auf,
der ſich ruͤhmen koͤnne, er habe es nun
dahin gebracht, daß ſeine Begierden nie-
mals mehr uneinig ſeyn, und er das ei-
ne mal ſich zu etwas entſchlieſſe, welches
ihn ein andermal nicht gereue? Es zeige
ſich derjenige, welcher niemals mehr et-
was begehrt und thut, ſo ihm Verdruß
verurſachet. Gewiß wir ſind zu ſchwach
uns ſelbſt in die Verfaſſung zu ſetzen, in
welcher alles zu unſerm Vergnuͤgen und
Gluͤckſeeligkeit abzielet. Ja der Tod
ſelbſt macht dem Elende der Seele kein
Ende, wenn nicht eine beſondre Gnade
GOTTes ihren Zuſtand aͤndert. Die
Schrift ſagt, daß uns GOTT errettet
von der Obrigkeit der Finſterniß und
uns Sieg gegeben wider den Stachel des

Todes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0386" n="354[350]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note place="left">eine au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eror<lb/>
dentliche<lb/>
Gnade<lb/>
GOttes<lb/>
aufgeho-<lb/>
ben wer-<lb/>
den.</note>mehr&#x017F;ten in die Augen fa&#x0364;llt. Wer kan<lb/>
den Tod aufheben, wer kan der Seele<lb/>
wieder ein neues Hauß bereiten, in wel-<lb/>
chem &#x017F;ie ihre Ge&#x017F;cha&#x0364;fte verrichtet? Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wir eine andere Kraft, die hierzu hin-<lb/>
reicht, als die Allmacht GOttes? Wer<lb/>
i&#x017F;t mit &#x017F;olchen Kra&#x0364;ften des Gei&#x017F;tes ver&#x017F;e-<lb/>
hen, daß er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t von allen Neigun-<lb/>
gen kan frey machen, welche wider &#x017F;eine<lb/>
und anderer Ruhe &#x017F;treiten? Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
die&#x017F;es nicht von einer be&#x017F;ondern Gnade<lb/>
GOttes erwarten, wenn wir anders er-<lb/>
rettet und in einen &#x017F;eeligern Zu&#x017F;tand ge&#x017F;e-<lb/>
tzet werden &#x017F;ollen? Es trete jemand auf,<lb/>
der &#x017F;ich ru&#x0364;hmen ko&#x0364;nne, er habe es nun<lb/>
dahin gebracht, daß &#x017F;eine Begierden nie-<lb/>
mals mehr uneinig &#x017F;eyn, und er das ei-<lb/>
ne mal &#x017F;ich zu etwas ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e, welches<lb/>
ihn ein andermal nicht gereue? Es zeige<lb/>
&#x017F;ich derjenige, welcher niemals mehr et-<lb/>
was begehrt und thut, &#x017F;o ihm Verdruß<lb/>
verur&#x017F;achet. Gewiß wir &#x017F;ind zu &#x017F;chwach<lb/>
uns &#x017F;elb&#x017F;t in die Verfa&#x017F;&#x017F;ung zu &#x017F;etzen, in<lb/>
welcher alles zu un&#x017F;erm Vergnu&#x0364;gen und<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit abzielet. Ja der Tod<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t macht dem Elende der Seele kein<lb/>
Ende, wenn nicht eine be&#x017F;ondre Gnade<lb/>
GOTTes ihren Zu&#x017F;tand a&#x0364;ndert. Die<lb/>
Schrift &#x017F;agt, daß uns GOTT errettet<lb/>
von der Obrigkeit der Fin&#x017F;terniß und<lb/>
uns Sieg gegeben wider den Stachel des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Todes</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354[350]/0386] mehrſten in die Augen faͤllt. Wer kan den Tod aufheben, wer kan der Seele wieder ein neues Hauß bereiten, in wel- chem ſie ihre Geſchaͤfte verrichtet? Wiſ- ſen wir eine andere Kraft, die hierzu hin- reicht, als die Allmacht GOttes? Wer iſt mit ſolchen Kraͤften des Geiſtes verſe- hen, daß er ſich ſelbſt von allen Neigun- gen kan frey machen, welche wider ſeine und anderer Ruhe ſtreiten? Muͤſſen wir dieſes nicht von einer beſondern Gnade GOttes erwarten, wenn wir anders er- rettet und in einen ſeeligern Zuſtand geſe- tzet werden ſollen? Es trete jemand auf, der ſich ruͤhmen koͤnne, er habe es nun dahin gebracht, daß ſeine Begierden nie- mals mehr uneinig ſeyn, und er das ei- ne mal ſich zu etwas entſchlieſſe, welches ihn ein andermal nicht gereue? Es zeige ſich derjenige, welcher niemals mehr et- was begehrt und thut, ſo ihm Verdruß verurſachet. Gewiß wir ſind zu ſchwach uns ſelbſt in die Verfaſſung zu ſetzen, in welcher alles zu unſerm Vergnuͤgen und Gluͤckſeeligkeit abzielet. Ja der Tod ſelbſt macht dem Elende der Seele kein Ende, wenn nicht eine beſondre Gnade GOTTes ihren Zuſtand aͤndert. Die Schrift ſagt, daß uns GOTT errettet von der Obrigkeit der Finſterniß und uns Sieg gegeben wider den Stachel des Todes eine auſ- ſeror dentliche Gnade GOttes aufgeho- ben wer- den.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/386
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 354[350]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/386>, abgerufen am 28.04.2024.