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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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und die Gnade bis an ihr Ende verachten,
die ihnen zu ihrer Errettung aus der Sün-
de und dem Verderben derselben angebo-
then wird? Ein Sünder muß durch die
Gnugthuung JEsu, wenn er selbige recht
erwegt, nothwendig auf die Gedancken
kommen: ist es den unendlichen Vollkom-
menheiten GOttes gemäß gewesen, seinen
Abscheu für die Sünden an einem Unschul-
digen, der in der Sünder Stelle tritt, zu
zeigen; wie vielmehr wird er nicht gegen
diejenigen Rache ausüben, welche sich
hierdurch nicht abschrecken und warnen
lassen, sondern in ihren Boßheiten fort-
fahren, und die angebothenen Gnaden-
mittel nicht ergreiffen das Joch böser
Begierden abzuwerffen. Ein Sünder, so
bald er nur anfänget mit einiger Ver-
nunft und Ueberlegung an die Gnugthu-
ung JEsu zu gedencken, muß auf den
Schluß kommen: hat Christus einmahl
für meine Sünden gnug gethan, und ich
will mich dennoch nicht bekehren, so wer-
de ich endlich selbst meine Boßheit auf das
härteste büssen müssen. Es wird ihm leicht
beyfallen, wie man auch in weltlichen Ge-
richten eines solchen nicht verschonet, der
die Gnade des Richters und die Gnugthu-
ung seiner Freunde, die etwa sonsten von
dem Gericht angenommen worden, auf
Muthwillen ziehet. Der heilige Ver-

fas-





und die Gnade bis an ihr Ende verachten,
die ihnen zu ihrer Errettung aus der Suͤn-
de und dem Verderben derſelben angebo-
then wird? Ein Suͤnder muß durch die
Gnugthuung JEſu, wenn er ſelbige recht
erwegt, nothwendig auf die Gedancken
kommen: iſt es den unendlichen Vollkom-
menheiten GOttes gemaͤß geweſen, ſeinen
Abſcheu fuͤr die Suͤnden an einem Unſchul-
digen, der in der Suͤnder Stelle tritt, zu
zeigen; wie vielmehr wird er nicht gegen
diejenigen Rache ausuͤben, welche ſich
hierdurch nicht abſchrecken und warnen
laſſen, ſondern in ihren Boßheiten fort-
fahren, und die angebothenen Gnaden-
mittel nicht ergreiffen das Joch boͤſer
Begierden abzuwerffen. Ein Suͤnder, ſo
bald er nur anfaͤnget mit einiger Ver-
nunft und Ueberlegung an die Gnugthu-
ung JEſu zu gedencken, muß auf den
Schluß kommen: hat Chriſtus einmahl
fuͤr meine Suͤnden gnug gethan, und ich
will mich dennoch nicht bekehren, ſo wer-
de ich endlich ſelbſt meine Boßheit auf das
haͤrteſte buͤſſen muͤſſen. Es wird ihm leicht
beyfallen, wie man auch in weltlichen Ge-
richten eines ſolchen nicht verſchonet, der
die Gnade des Richters und die Gnugthu-
ung ſeiner Freunde, die etwa ſonſten von
dem Gericht angenommen worden, auf
Muthwillen ziehet. Der heilige Ver-

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[446[442]/0478] und die Gnade bis an ihr Ende verachten, die ihnen zu ihrer Errettung aus der Suͤn- de und dem Verderben derſelben angebo- then wird? Ein Suͤnder muß durch die Gnugthuung JEſu, wenn er ſelbige recht erwegt, nothwendig auf die Gedancken kommen: iſt es den unendlichen Vollkom- menheiten GOttes gemaͤß geweſen, ſeinen Abſcheu fuͤr die Suͤnden an einem Unſchul- digen, der in der Suͤnder Stelle tritt, zu zeigen; wie vielmehr wird er nicht gegen diejenigen Rache ausuͤben, welche ſich hierdurch nicht abſchrecken und warnen laſſen, ſondern in ihren Boßheiten fort- fahren, und die angebothenen Gnaden- mittel nicht ergreiffen das Joch boͤſer Begierden abzuwerffen. Ein Suͤnder, ſo bald er nur anfaͤnget mit einiger Ver- nunft und Ueberlegung an die Gnugthu- ung JEſu zu gedencken, muß auf den Schluß kommen: hat Chriſtus einmahl fuͤr meine Suͤnden gnug gethan, und ich will mich dennoch nicht bekehren, ſo wer- de ich endlich ſelbſt meine Boßheit auf das haͤrteſte buͤſſen muͤſſen. Es wird ihm leicht beyfallen, wie man auch in weltlichen Ge- richten eines ſolchen nicht verſchonet, der die Gnade des Richters und die Gnugthu- ung ſeiner Freunde, die etwa ſonſten von dem Gericht angenommen worden, auf Muthwillen ziehet. Der heilige Ver- faſ-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 446[442]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/478>, abgerufen am 29.04.2024.