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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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dem Zusammenhange des Textes und
der natürlichen Bedeutung der Worte
am gemässesten zu seyn. Wir überse-
tzen den Griechischen Text folgender Ge-
stalt: So sehet ihr nun, daß der
Mensch durch die Wercke für ge-
recht erkannt oder erkläret wird,
nicht durch den Glauben allein.

Wir haben oben schon bemercket, daß
diese Redensart zweyerlei Erklärungen
leidet, welche auf keine Weise weit her-
geholet, sondern gantz natürlich und dem
Gebrauch der Worte gemäß sind.
GOtt erkläret den Sünder für ge-
recht
kan so viel heissen: GOtt setzt den
Sünder aus der Zahl der Ungerechten
in die Zahl der Gerechten, er nimmt ihn
auf zu einem Bürger in sein Gnaden-
reich. Es kan dieses aber auch so viel
bedeuten: GOtt erkläret einen Menschen
für einen Gerechten, nemlich für einen
solchen, der es schon lange gewesen, und
sich schon lange als einen treuen Bürger
aufgeführt und immer neue Proben sei-
ner Treue ableget. Wir untersuchen,
welche Bedeutung hier kan statt finden.
Jacobus beweiset aus dem Exempel A-
brahams, der auf Befehl GOttes sei-
nen Sohn opfern wolte, daß GOtt die
Menschen um der Wercke willen für ge-

recht
K k 3





dem Zuſammenhange des Textes und
der natuͤrlichen Bedeutung der Worte
am gemaͤſſeſten zu ſeyn. Wir uͤberſe-
tzen den Griechiſchen Text folgender Ge-
ſtalt: So ſehet ihr nun, daß der
Menſch durch die Wercke fuͤr ge-
recht erkannt oder erklaͤret wird,
nicht durch den Glauben allein.

Wir haben oben ſchon bemercket, daß
dieſe Redensart zweyerlei Erklaͤrungen
leidet, welche auf keine Weiſe weit her-
geholet, ſondern gantz natuͤrlich und dem
Gebrauch der Worte gemaͤß ſind.
GOtt erklaͤret den Suͤnder fuͤr ge-
recht
kan ſo viel heiſſen: GOtt ſetzt den
Suͤnder aus der Zahl der Ungerechten
in die Zahl der Gerechten, er nimmt ihn
auf zu einem Buͤrger in ſein Gnaden-
reich. Es kan dieſes aber auch ſo viel
bedeuten: GOtt erklaͤret einen Menſchen
fuͤr einen Gerechten, nemlich fuͤr einen
ſolchen, der es ſchon lange geweſen, und
ſich ſchon lange als einen treuen Buͤrger
aufgefuͤhrt und immer neue Proben ſei-
ner Treue ableget. Wir unterſuchen,
welche Bedeutung hier kan ſtatt finden.
Jacobus beweiſet aus dem Exempel A-
brahams, der auf Befehl GOttes ſei-
nen Sohn opfern wolte, daß GOtt die
Menſchen um der Wercke willen fuͤr ge-

recht
K k 3
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[517[513]/0549] dem Zuſammenhange des Textes und der natuͤrlichen Bedeutung der Worte am gemaͤſſeſten zu ſeyn. Wir uͤberſe- tzen den Griechiſchen Text folgender Ge- ſtalt: So ſehet ihr nun, daß der Menſch durch die Wercke fuͤr ge- recht erkannt oder erklaͤret wird, nicht durch den Glauben allein. Wir haben oben ſchon bemercket, daß dieſe Redensart zweyerlei Erklaͤrungen leidet, welche auf keine Weiſe weit her- geholet, ſondern gantz natuͤrlich und dem Gebrauch der Worte gemaͤß ſind. GOtt erklaͤret den Suͤnder fuͤr ge- recht kan ſo viel heiſſen: GOtt ſetzt den Suͤnder aus der Zahl der Ungerechten in die Zahl der Gerechten, er nimmt ihn auf zu einem Buͤrger in ſein Gnaden- reich. Es kan dieſes aber auch ſo viel bedeuten: GOtt erklaͤret einen Menſchen fuͤr einen Gerechten, nemlich fuͤr einen ſolchen, der es ſchon lange geweſen, und ſich ſchon lange als einen treuen Buͤrger aufgefuͤhrt und immer neue Proben ſei- ner Treue ableget. Wir unterſuchen, welche Bedeutung hier kan ſtatt finden. Jacobus beweiſet aus dem Exempel A- brahams, der auf Befehl GOttes ſei- nen Sohn opfern wolte, daß GOtt die Menſchen um der Wercke willen fuͤr ge- recht K k 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 517[513]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/549>, abgerufen am 24.05.2024.