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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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da es nothwendig bey der überhand neh-
menden Abgötterey das gantze Volck un-
glücklich zu machen, und in die grausamen
Hände seiner Feinde zu geben, und also den
Unschuldigen mit dem Schuldigen leiden
zu lassen, so müste man die Tugendhafften
und denen, die sich bekehren würden, die
theuersten und vielfältigsten Versicherun-
gen geben, daß sich diese harten Schicksale
zu seiner Zeit ändern, und das Volck GOt-
tes wieder herrschen würde. Man nehme
diese Versicherungen hinweg, was sollte
auch wohl die Standhafftesten abgehalten
haben, besonders bey ihren damals gehegten
Grundsätzen auf folgende zweiffelhafften
Gedancken zu gerathen. Es ist keine
weise Vorsehung. Es ist nichts mit
der Religion, welche wir verehren. Die
Verheissungen, so unsern Vätern ge-
schehen, sind eitel. Es ist vergebens,
auf den einigen GOtt hoffen, welchem
Abraham, Jsaac und Jacob vertraut.
Das Volck, so sich mehren sollte, wie die
Sterne am Himmel und der Sand am
Meer, wird ein Opffer der Heiden.
Das Volck, aus welchem ein Saame
verheissen, in welchem alle Völcker soll-

ten
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da es nothwendig bey der uͤberhand neh-
menden Abgoͤtterey das gantze Volck un-
gluͤcklich zu machen, und in die grauſamen
Haͤnde ſeiner Feinde zu geben, und alſo den
Unſchuldigen mit dem Schuldigen leiden
zu laſſen, ſo muͤſte man die Tugendhafften
und denen, die ſich bekehren wuͤrden, die
theuerſten und vielfaͤltigſten Verſicherun-
gen geben, daß ſich dieſe harten Schickſale
zu ſeiner Zeit aͤndern, und das Volck GOt-
tes wieder herrſchen wuͤrde. Man nehme
dieſe Verſicherungen hinweg, was ſollte
auch wohl die Standhaffteſten abgehalten
haben, beſonders bey ihren damals gehegten
Grundſaͤtzen auf folgende zweiffelhafften
Gedancken zu gerathen. Es iſt keine
weiſe Vorſehung. Es iſt nichts mit
der Religion, welche wir verehren. Die
Verheiſſungen, ſo unſern Vaͤtern ge-
ſchehen, ſind eitel. Es iſt vergebens,
auf den einigen GOtt hoffen, welchem
Abraham, Jſaac und Jacob vertraut.
Das Volck, ſo ſich mehren ſollte, wie die
Sterne am Himmel und der Sand am
Meer, wird ein Opffer der Heiden.
Das Volck, aus welchem ein Saame
verheiſſen, in welchem alle Voͤlcker ſoll-

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J 3
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[133/0151] da es nothwendig bey der uͤberhand neh- menden Abgoͤtterey das gantze Volck un- gluͤcklich zu machen, und in die grauſamen Haͤnde ſeiner Feinde zu geben, und alſo den Unſchuldigen mit dem Schuldigen leiden zu laſſen, ſo muͤſte man die Tugendhafften und denen, die ſich bekehren wuͤrden, die theuerſten und vielfaͤltigſten Verſicherun- gen geben, daß ſich dieſe harten Schickſale zu ſeiner Zeit aͤndern, und das Volck GOt- tes wieder herrſchen wuͤrde. Man nehme dieſe Verſicherungen hinweg, was ſollte auch wohl die Standhaffteſten abgehalten haben, beſonders bey ihren damals gehegten Grundſaͤtzen auf folgende zweiffelhafften Gedancken zu gerathen. Es iſt keine weiſe Vorſehung. Es iſt nichts mit der Religion, welche wir verehren. Die Verheiſſungen, ſo unſern Vaͤtern ge- ſchehen, ſind eitel. Es iſt vergebens, auf den einigen GOtt hoffen, welchem Abraham, Jſaac und Jacob vertraut. Das Volck, ſo ſich mehren ſollte, wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meer, wird ein Opffer der Heiden. Das Volck, aus welchem ein Saame verheiſſen, in welchem alle Voͤlcker ſoll- ten J 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/151>, abgerufen am 27.04.2024.