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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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also geschlossen: Der GOtt, der in so un-
zählbaren eintzelen Stücken der Welt
eine so grosse Kunst und die deutlichste
Einsicht in das innere Wesen der Din-
ge und ihre Würckungen auf viel tau-
send Jahr an den Tag gelegt, wird die
übrigen Dinge eben so kennen, und gleich
weislich geordnet haben und folglich
allwissend seyn.
Jn diesem Schlusse ist
gar nicht nöthig, das Gantze zu übersehen,
sondern man bleibt bey eintzeln Stücken
stehen, und bemercket die Weisheit, so aus
selbigen für sich allein betrachtet, hervor-
leuchtet. Und dieses ist leicht. Es darf
nur einer die Augen aufthun, so siehet er,
daß die Bienen eines Stockes mit einander
in ihrem Bau überein stimmen, daß sie so
künstlich bauen, daß zwischen ihren Zellen
kein leerer und vergeblicher Raum entste-
het, und daß die Zellen zur Brut nach der
verschiedenen Grösse derselben abgemessen.
Er siehet ferner, daß die Gliedmassen dieser
Thiere zu ihrem Bau geschickt sind, und
was dergleichen mehr. Wer die gemei-
nen Spinnen betrachtet, der bemercket ohne
Mühe, daß ihre Nahrung unter andern der
Saft der Fliegen sey, und hiermit stimmet

sehr
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alſo geſchloſſen: Der GOtt, der in ſo un-
zaͤhlbaren eintzelen Stuͤcken der Welt
eine ſo groſſe Kunſt und die deutlichſte
Einſicht in das innere Weſen der Din-
ge und ihre Wuͤrckungen auf viel tau-
ſend Jahr an den Tag gelegt, wird die
uͤbrigen Dinge eben ſo kennen, und gleich
weislich geordnet haben und folglich
allwiſſend ſeyn.
Jn dieſem Schluſſe iſt
gar nicht noͤthig, das Gantze zu uͤberſehen,
ſondern man bleibt bey eintzeln Stuͤcken
ſtehen, und bemercket die Weisheit, ſo aus
ſelbigen fuͤr ſich allein betrachtet, hervor-
leuchtet. Und dieſes iſt leicht. Es darf
nur einer die Augen aufthun, ſo ſiehet er,
daß die Bienen eines Stockes mit einander
in ihrem Bau uͤberein ſtimmen, daß ſie ſo
kuͤnſtlich bauen, daß zwiſchen ihren Zellen
kein leerer und vergeblicher Raum entſte-
het, und daß die Zellen zur Brut nach der
verſchiedenen Groͤſſe derſelben abgemeſſen.
Er ſiehet ferner, daß die Gliedmaſſen dieſer
Thiere zu ihrem Bau geſchickt ſind, und
was dergleichen mehr. Wer die gemei-
nen Spinnen betrachtet, der bemercket ohne
Muͤhe, daß ihre Nahrung unter andern der
Saft der Fliegen ſey, und hiermit ſtimmet

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[325/0343] alſo geſchloſſen: Der GOtt, der in ſo un- zaͤhlbaren eintzelen Stuͤcken der Welt eine ſo groſſe Kunſt und die deutlichſte Einſicht in das innere Weſen der Din- ge und ihre Wuͤrckungen auf viel tau- ſend Jahr an den Tag gelegt, wird die uͤbrigen Dinge eben ſo kennen, und gleich weislich geordnet haben und folglich allwiſſend ſeyn. Jn dieſem Schluſſe iſt gar nicht noͤthig, das Gantze zu uͤberſehen, ſondern man bleibt bey eintzeln Stuͤcken ſtehen, und bemercket die Weisheit, ſo aus ſelbigen fuͤr ſich allein betrachtet, hervor- leuchtet. Und dieſes iſt leicht. Es darf nur einer die Augen aufthun, ſo ſiehet er, daß die Bienen eines Stockes mit einander in ihrem Bau uͤberein ſtimmen, daß ſie ſo kuͤnſtlich bauen, daß zwiſchen ihren Zellen kein leerer und vergeblicher Raum entſte- het, und daß die Zellen zur Brut nach der verſchiedenen Groͤſſe derſelben abgemeſſen. Er ſiehet ferner, daß die Gliedmaſſen dieſer Thiere zu ihrem Bau geſchickt ſind, und was dergleichen mehr. Wer die gemei- nen Spinnen betrachtet, der bemercket ohne Muͤhe, daß ihre Nahrung unter andern der Saft der Fliegen ſey, und hiermit ſtimmet ſehr X 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/343>, abgerufen am 27.04.2024.