Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

sich daher auf ihre eigenen Kräfte und Ein-
sichten verlassen, und ihrem eigenen Kopfe
und denen, die sie für Weise und ihre
Freunde halten, folgen. Jndessen kön-
nen doch auch andere zu einer solchen Ver-
härtung vieles beytragen. Es kann sol-
ches auf mancherley Art geschehen, und
wir bitten unsere Leser, selbige wol zu be-
merken. Man kann jemanden eine schlech-
te Erziehung geben, und den verderbten
Trieben des Menschen den Zügel immer
schiessen lassen, und ihm allezeit seinen
Willen thun, so wird er nicht leicht ler-
nen, sich selber zu besiegen und andern zu
folgen. Man kann ihm das Gute als
Böse, und das Böse als gut vorstellen,
man kann ihm beybringen, daß in den
schändlichsten Dingen eine grosse Ehre lie-
ge. Man kann ihn als einen klugen Kopf
oder als einen grossen Held loben, wenn
er sich in gewissen Lastern hervorthut. Ein
Befehlshaber kann seine Untergebene auf
allerhand Ausschweifungen unempfindlich
und hart machen, wenn er zu lange nach-
siehet, und viele Vergehungen geschehen
lässet, ohne dagegen zu eifern und nach-
drückliche Mittel zu gebrauchen. Ein je-
der siehet gar leicht, daß diese Arten der
Verhärtung von keinem weisen, liebreichen
und gerechten Gemüthe veranlasset werden
können. Aber man merke auch auf folgen-
de Arten. Jene jungen Leute verfallen auf

aller-
O 5

ſich daher auf ihre eigenen Kraͤfte und Ein-
ſichten verlaſſen, und ihrem eigenen Kopfe
und denen, die ſie fuͤr Weiſe und ihre
Freunde halten, folgen. Jndeſſen koͤn-
nen doch auch andere zu einer ſolchen Ver-
haͤrtung vieles beytragen. Es kann ſol-
ches auf mancherley Art geſchehen, und
wir bitten unſere Leſer, ſelbige wol zu be-
merken. Man kann jemanden eine ſchlech-
te Erziehung geben, und den verderbten
Trieben des Menſchen den Zuͤgel immer
ſchieſſen laſſen, und ihm allezeit ſeinen
Willen thun, ſo wird er nicht leicht ler-
nen, ſich ſelber zu beſiegen und andern zu
folgen. Man kann ihm das Gute als
Boͤſe, und das Boͤſe als gut vorſtellen,
man kann ihm beybringen, daß in den
ſchaͤndlichſten Dingen eine groſſe Ehre lie-
ge. Man kann ihn als einen klugen Kopf
oder als einen groſſen Held loben, wenn
er ſich in gewiſſen Laſtern hervorthut. Ein
Befehlshaber kann ſeine Untergebene auf
allerhand Ausſchweifungen unempfindlich
und hart machen, wenn er zu lange nach-
ſiehet, und viele Vergehungen geſchehen
laͤſſet, ohne dagegen zu eifern und nach-
druͤckliche Mittel zu gebrauchen. Ein je-
der ſiehet gar leicht, daß dieſe Arten der
Verhaͤrtung von keinem weiſen, liebreichen
und gerechten Gemuͤthe veranlaſſet werden
koͤnnen. Aber man merke auch auf folgen-
de Arten. Jene jungen Leute verfallen auf

aller-
O 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0237" n="217"/>
&#x017F;ich daher auf ihre eigenen Kra&#x0364;fte und Ein-<lb/>
&#x017F;ichten verla&#x017F;&#x017F;en, und ihrem eigenen Kopfe<lb/>
und denen, die &#x017F;ie fu&#x0364;r Wei&#x017F;e und ihre<lb/>
Freunde halten, folgen. Jnde&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;n-<lb/>
nen doch auch andere zu einer &#x017F;olchen Ver-<lb/>
ha&#x0364;rtung vieles beytragen. Es kann &#x017F;ol-<lb/>
ches auf mancherley Art ge&#x017F;chehen, und<lb/>
wir bitten un&#x017F;ere Le&#x017F;er, &#x017F;elbige wol zu be-<lb/>
merken. Man kann jemanden eine &#x017F;chlech-<lb/>
te Erziehung geben, und den verderbten<lb/>
Trieben des Men&#x017F;chen den Zu&#x0364;gel immer<lb/>
&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, und ihm allezeit &#x017F;einen<lb/>
Willen thun, &#x017F;o wird er nicht leicht ler-<lb/>
nen, &#x017F;ich &#x017F;elber zu be&#x017F;iegen und andern zu<lb/>
folgen. Man kann ihm das Gute als<lb/>
Bo&#x0364;&#x017F;e, und das Bo&#x0364;&#x017F;e als gut vor&#x017F;tellen,<lb/>
man kann ihm beybringen, daß in den<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;ten Dingen eine gro&#x017F;&#x017F;e Ehre lie-<lb/>
ge. Man kann ihn als einen klugen Kopf<lb/>
oder als einen gro&#x017F;&#x017F;en Held loben, wenn<lb/>
er &#x017F;ich in gewi&#x017F;&#x017F;en La&#x017F;tern hervorthut. Ein<lb/>
Befehlshaber kann &#x017F;eine Untergebene auf<lb/>
allerhand Aus&#x017F;chweifungen unempfindlich<lb/>
und hart machen, wenn er zu lange nach-<lb/>
&#x017F;iehet, und viele Vergehungen ge&#x017F;chehen<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, ohne dagegen zu eifern und nach-<lb/>
dru&#x0364;ckliche Mittel zu gebrauchen. Ein je-<lb/>
der &#x017F;iehet gar leicht, daß die&#x017F;e Arten der<lb/>
Verha&#x0364;rtung von keinem wei&#x017F;en, liebreichen<lb/>
und gerechten Gemu&#x0364;the veranla&#x017F;&#x017F;et werden<lb/>
ko&#x0364;nnen. Aber man merke auch auf folgen-<lb/>
de Arten. Jene jungen Leute verfallen auf<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 5</fw><fw place="bottom" type="catch">aller-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0237] ſich daher auf ihre eigenen Kraͤfte und Ein- ſichten verlaſſen, und ihrem eigenen Kopfe und denen, die ſie fuͤr Weiſe und ihre Freunde halten, folgen. Jndeſſen koͤn- nen doch auch andere zu einer ſolchen Ver- haͤrtung vieles beytragen. Es kann ſol- ches auf mancherley Art geſchehen, und wir bitten unſere Leſer, ſelbige wol zu be- merken. Man kann jemanden eine ſchlech- te Erziehung geben, und den verderbten Trieben des Menſchen den Zuͤgel immer ſchieſſen laſſen, und ihm allezeit ſeinen Willen thun, ſo wird er nicht leicht ler- nen, ſich ſelber zu beſiegen und andern zu folgen. Man kann ihm das Gute als Boͤſe, und das Boͤſe als gut vorſtellen, man kann ihm beybringen, daß in den ſchaͤndlichſten Dingen eine groſſe Ehre lie- ge. Man kann ihn als einen klugen Kopf oder als einen groſſen Held loben, wenn er ſich in gewiſſen Laſtern hervorthut. Ein Befehlshaber kann ſeine Untergebene auf allerhand Ausſchweifungen unempfindlich und hart machen, wenn er zu lange nach- ſiehet, und viele Vergehungen geſchehen laͤſſet, ohne dagegen zu eifern und nach- druͤckliche Mittel zu gebrauchen. Ein je- der ſiehet gar leicht, daß dieſe Arten der Verhaͤrtung von keinem weiſen, liebreichen und gerechten Gemuͤthe veranlaſſet werden koͤnnen. Aber man merke auch auf folgen- de Arten. Jene jungen Leute verfallen auf aller- O 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/237
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/237>, abgerufen am 29.04.2024.