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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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gegen einander, so ist der ausdrückliche
Wille des Herrn, daß sie sich nicht ander-
wärts verheirathen, sondern wenn sie nicht
allein leben können, sich wieder versöhnen
und zusammen gehen und keines das ande-
re verlasse. 1 Cor. Cap. 7. v. 10. 11. Auch
die Absicht von diesem Gesetz ist leicht zu
finden. Wollte der Herr diejenigen Ehe-
scheidungen erlauben, in welche beyde Ehe-
gatten willigten, so würde folche Erlaub-
niß ungemein vielem Misbrauch unterwor-
fen seyn. Wenn ein Ehegatte des andern
gerne wollte los seyn, so würde er demsel-
ben das Leben so beschwerlich machen, daß
er sich genöthiget sähe, aus zweyen Uebeln
das geringste zu erwählen, und in die
Scheidung zu willigen. Nun aber pflegen
alle weise Regenten bey Verordnungen, an
deren Haltung ihnen viel gelegen, allem
Misbrauch so viel möglich vorzubeugen,
und alles was dazu Gelegenheit geben
kann, zu verbieten. Man betrachte in
allen Landen die Zoll-Accis-Zehnt-Ord-
nungen u. d. g. so wird man solches finden.
Es ist demnach leicht zu begreifen, warum
der weiseste Regent Himmels und der Er-
den nicht gewollt, daß durch beyder Ehe-
gatten Einwilligung die Ehen sollen aufge-
rufen werden, da solches ganz gewiß zu
vielem Misbrauch Anlaß geben würde.
Es haben dieses ehemals die Römer erfah-
ren, bey welchen die Ehescheidungen so ge-

mein
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gegen einander, ſo iſt der ausdruͤckliche
Wille des Herrn, daß ſie ſich nicht ander-
waͤrts verheirathen, ſondern wenn ſie nicht
allein leben koͤnnen, ſich wieder verſoͤhnen
und zuſammen gehen und keines das ande-
re verlaſſe. 1 Cor. Cap. 7. v. 10. 11. Auch
die Abſicht von dieſem Geſetz iſt leicht zu
finden. Wollte der Herr diejenigen Ehe-
ſcheidungen erlauben, in welche beyde Ehe-
gatten willigten, ſo wuͤrde folche Erlaub-
niß ungemein vielem Misbrauch unterwor-
fen ſeyn. Wenn ein Ehegatte des andern
gerne wollte los ſeyn, ſo wuͤrde er demſel-
ben das Leben ſo beſchwerlich machen, daß
er ſich genoͤthiget ſaͤhe, aus zweyen Uebeln
das geringſte zu erwaͤhlen, und in die
Scheidung zu willigen. Nun aber pflegen
alle weiſe Regenten bey Verordnungen, an
deren Haltung ihnen viel gelegen, allem
Misbrauch ſo viel moͤglich vorzubeugen,
und alles was dazu Gelegenheit geben
kann, zu verbieten. Man betrachte in
allen Landen die Zoll-Accis-Zehnt-Ord-
nungen u. d. g. ſo wird man ſolches finden.
Es iſt demnach leicht zu begreifen, warum
der weiſeſte Regent Himmels und der Er-
den nicht gewollt, daß durch beyder Ehe-
gatten Einwilligung die Ehen ſollen aufge-
rufen werden, da ſolches ganz gewiß zu
vielem Misbrauch Anlaß geben wuͤrde.
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ren, bey welchen die Eheſcheidungen ſo ge-

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[265/0285] gegen einander, ſo iſt der ausdruͤckliche Wille des Herrn, daß ſie ſich nicht ander- waͤrts verheirathen, ſondern wenn ſie nicht allein leben koͤnnen, ſich wieder verſoͤhnen und zuſammen gehen und keines das ande- re verlaſſe. 1 Cor. Cap. 7. v. 10. 11. Auch die Abſicht von dieſem Geſetz iſt leicht zu finden. Wollte der Herr diejenigen Ehe- ſcheidungen erlauben, in welche beyde Ehe- gatten willigten, ſo wuͤrde folche Erlaub- niß ungemein vielem Misbrauch unterwor- fen ſeyn. Wenn ein Ehegatte des andern gerne wollte los ſeyn, ſo wuͤrde er demſel- ben das Leben ſo beſchwerlich machen, daß er ſich genoͤthiget ſaͤhe, aus zweyen Uebeln das geringſte zu erwaͤhlen, und in die Scheidung zu willigen. Nun aber pflegen alle weiſe Regenten bey Verordnungen, an deren Haltung ihnen viel gelegen, allem Misbrauch ſo viel moͤglich vorzubeugen, und alles was dazu Gelegenheit geben kann, zu verbieten. Man betrachte in allen Landen die Zoll-Accis-Zehnt-Ord- nungen u. d. g. ſo wird man ſolches finden. Es iſt demnach leicht zu begreifen, warum der weiſeſte Regent Himmels und der Er- den nicht gewollt, daß durch beyder Ehe- gatten Einwilligung die Ehen ſollen aufge- rufen werden, da ſolches ganz gewiß zu vielem Misbrauch Anlaß geben wuͤrde. Es haben dieſes ehemals die Roͤmer erfah- ren, bey welchen die Eheſcheidungen ſo ge- mein R 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/285>, abgerufen am 27.04.2024.