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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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bürtigen Brüdern und Schwestern *).
Und zwar merke ich hierbey an, daß die
Völker sich hierbey auf nichts, als auf das
Herkommen und alte Gesetze, und die na-
türliche Anständigkeit beziehen. Selbst
grosse Gelehrte unter den heidnischen Rö-
mern glaubten, daß so gar unter den Thie-
ren eine natürliche Schamhaftigkeit wäre,
welche sie abhielte, sich mit ihren Töchtern
oder Müttern zu vermischen **). Solche
glaubten daher, daß eine der Natur der
Thiere, und noch vielmehr der Menschen
eingeprägte Schamhaftigkeit vorhanden,
die da machte, daß man die Vermischung
zwischen Eltern und Kindern für unanstän-
dig ja abscheulich hielte. Daß in den
Thieren eine solche Schamhaftigkeit seyn
sollte, ist wol gegen die Erfahrung. Ob
die Menschen durch gewisse Empfindungen
dahin gebracht werden, Ehen zwischen El-
tern und Kindern für abscheuungswürdig,
und zwischen Brüdern und Schwestern
wider den Wolstand laufend zu halten,
unternehme mit mehrern zu untersuchen.

§. 9.
*) Jch führe dieserwegen nur an Fabricii Bi-
bliographiam antiquariam
und in derselben
Cap. XX. §. VI. und die Allgemeine Histo-
rie der Reisen,
in welcher man die Regi-
ster unter der Rubrik Ehe aufschlagen
kann.
**) Wo dieses zu finden, lese man in Fabricii
Bibliographia antiquaria pag.
598.

buͤrtigen Bruͤdern und Schweſtern *).
Und zwar merke ich hierbey an, daß die
Voͤlker ſich hierbey auf nichts, als auf das
Herkommen und alte Geſetze, und die na-
tuͤrliche Anſtaͤndigkeit beziehen. Selbſt
groſſe Gelehrte unter den heidniſchen Roͤ-
mern glaubten, daß ſo gar unter den Thie-
ren eine natuͤrliche Schamhaftigkeit waͤre,
welche ſie abhielte, ſich mit ihren Toͤchtern
oder Muͤttern zu vermiſchen **). Solche
glaubten daher, daß eine der Natur der
Thiere, und noch vielmehr der Menſchen
eingepraͤgte Schamhaftigkeit vorhanden,
die da machte, daß man die Vermiſchung
zwiſchen Eltern und Kindern fuͤr unanſtaͤn-
dig ja abſcheulich hielte. Daß in den
Thieren eine ſolche Schamhaftigkeit ſeyn
ſollte, iſt wol gegen die Erfahrung. Ob
die Menſchen durch gewiſſe Empfindungen
dahin gebracht werden, Ehen zwiſchen El-
tern und Kindern fuͤr abſcheuungswuͤrdig,
und zwiſchen Bruͤdern und Schweſtern
wider den Wolſtand laufend zu halten,
unternehme mit mehrern zu unterſuchen.

§. 9.
*) Jch fuͤhre dieſerwegen nur an Fabricii Bi-
bliographiam antiquariam
und in derſelben
Cap. XX. §. VI. und die Allgemeine Hiſto-
rie der Reiſen,
in welcher man die Regi-
ſter unter der Rubrik Ehe aufſchlagen
kann.
**) Wo dieſes zu finden, leſe man in Fabricii
Bibliographia antiquaria pag.
598.
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[351/0371] buͤrtigen Bruͤdern und Schweſtern *). Und zwar merke ich hierbey an, daß die Voͤlker ſich hierbey auf nichts, als auf das Herkommen und alte Geſetze, und die na- tuͤrliche Anſtaͤndigkeit beziehen. Selbſt groſſe Gelehrte unter den heidniſchen Roͤ- mern glaubten, daß ſo gar unter den Thie- ren eine natuͤrliche Schamhaftigkeit waͤre, welche ſie abhielte, ſich mit ihren Toͤchtern oder Muͤttern zu vermiſchen **). Solche glaubten daher, daß eine der Natur der Thiere, und noch vielmehr der Menſchen eingepraͤgte Schamhaftigkeit vorhanden, die da machte, daß man die Vermiſchung zwiſchen Eltern und Kindern fuͤr unanſtaͤn- dig ja abſcheulich hielte. Daß in den Thieren eine ſolche Schamhaftigkeit ſeyn ſollte, iſt wol gegen die Erfahrung. Ob die Menſchen durch gewiſſe Empfindungen dahin gebracht werden, Ehen zwiſchen El- tern und Kindern fuͤr abſcheuungswuͤrdig, und zwiſchen Bruͤdern und Schweſtern wider den Wolſtand laufend zu halten, unternehme mit mehrern zu unterſuchen. §. 9. *) Jch fuͤhre dieſerwegen nur an Fabricii Bi- bliographiam antiquariam und in derſelben Cap. XX. §. VI. und die Allgemeine Hiſto- rie der Reiſen, in welcher man die Regi- ſter unter der Rubrik Ehe aufſchlagen kann. **) Wo dieſes zu finden, leſe man in Fabricii Bibliographia antiquaria pag. 598.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/371>, abgerufen am 30.04.2024.