Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

und eine Pflicht die andere hindere. Was
hierunter aus Noth das eine oder das ande-
re Mal geschehen muß, und in einigen Fäl-
len mit Vortheil geschiehet, in den mehre-
sten aber nachtheilig ist, muß nicht zur Re-
gel gemacht werden. Wie sehr Gott bey
den Ehen zu verhüten gesuchet, daß nicht
diese oder jene Pflicht in Gefahr gesetzet
werden möchte, nehme man aus diesem
Gesetze ab. Da Gott den Jsraeliten we-
gen der damaligen Zeiten und Umstände
die Vielweiberey nachsahe, so wollte er
doch nicht, daß jemand nach dem Exem-
pel des Jacobs zwo Schwestern zugleich
in der Ehe haben sollte. Da zwischen zwo
solchen Frauen insgemein Eifersucht herr-
schet, und die erste Ehegattin durch An-
nehmung der Zwoten beleidigt zu seyn glau-
bet; so wollte Gott nicht, daß diese Beleidi-
gung der einen Schwester durch die andere
zugefüget werden, und die schwesterliche Liebe
durch die eheliche Liebe leiden sollte. Wie viel-
mehr wird Gott darauf sehen, daß die kindli-
che Ehrerbietung gegen eine Mutter nicht in
Gefahr gesetzet werde, welches bey einer
Heirath mit einem Sohne augenscheinlich
geschiehet, und ich kann mir nicht vorstel-
len, daß es mit einem göttlichen Wolge-
fallen geschehen könnte, wenn eine Mutter
ein so schädliches Exempel geben, und we-
gen eines ehelichen Umganges mit einem
Sohne auf ihre mütterlichen Rechte, die

der

und eine Pflicht die andere hindere. Was
hierunter aus Noth das eine oder das ande-
re Mal geſchehen muß, und in einigen Faͤl-
len mit Vortheil geſchiehet, in den mehre-
ſten aber nachtheilig iſt, muß nicht zur Re-
gel gemacht werden. Wie ſehr Gott bey
den Ehen zu verhuͤten geſuchet, daß nicht
dieſe oder jene Pflicht in Gefahr geſetzet
werden moͤchte, nehme man aus dieſem
Geſetze ab. Da Gott den Jſraeliten we-
gen der damaligen Zeiten und Umſtaͤnde
die Vielweiberey nachſahe, ſo wollte er
doch nicht, daß jemand nach dem Exem-
pel des Jacobs zwo Schweſtern zugleich
in der Ehe haben ſollte. Da zwiſchen zwo
ſolchen Frauen insgemein Eiferſucht herr-
ſchet, und die erſte Ehegattin durch An-
nehmung der Zwoten beleidigt zu ſeyn glau-
bet; ſo wollte Gott nicht, daß dieſe Beleidi-
gung der einen Schweſter durch die andere
zugefuͤget werden, und die ſchweſterliche Liebe
durch die eheliche Liebe leiden ſollte. Wie viel-
mehr wird Gott darauf ſehen, daß die kindli-
che Ehrerbietung gegen eine Mutter nicht in
Gefahr geſetzet werde, welches bey einer
Heirath mit einem Sohne augenſcheinlich
geſchiehet, und ich kann mir nicht vorſtel-
len, daß es mit einem goͤttlichen Wolge-
fallen geſchehen koͤnnte, wenn eine Mutter
ein ſo ſchaͤdliches Exempel geben, und we-
gen eines ehelichen Umganges mit einem
Sohne auf ihre muͤtterlichen Rechte, die

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="366"/>
und eine Pflicht die andere hindere. Was<lb/>
hierunter aus Noth das eine oder das ande-<lb/>
re Mal ge&#x017F;chehen muß, und in einigen Fa&#x0364;l-<lb/>
len mit Vortheil ge&#x017F;chiehet, in den mehre-<lb/>
&#x017F;ten aber nachtheilig i&#x017F;t, muß nicht zur Re-<lb/>
gel gemacht werden. Wie &#x017F;ehr Gott bey<lb/>
den Ehen zu verhu&#x0364;ten ge&#x017F;uchet, daß nicht<lb/>
die&#x017F;e oder jene Pflicht in Gefahr ge&#x017F;etzet<lb/>
werden mo&#x0364;chte, nehme man aus die&#x017F;em<lb/>
Ge&#x017F;etze ab. Da Gott den J&#x017F;raeliten we-<lb/>
gen der damaligen Zeiten und Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
die Vielweiberey nach&#x017F;ahe, &#x017F;o wollte er<lb/>
doch nicht, daß jemand nach dem Exem-<lb/>
pel des Jacobs zwo Schwe&#x017F;tern zugleich<lb/>
in der Ehe haben &#x017F;ollte. Da zwi&#x017F;chen zwo<lb/>
&#x017F;olchen Frauen insgemein Eifer&#x017F;ucht herr-<lb/>
&#x017F;chet, und die er&#x017F;te Ehegattin durch An-<lb/>
nehmung der Zwoten beleidigt zu &#x017F;eyn glau-<lb/>
bet; &#x017F;o wollte Gott nicht, daß die&#x017F;e Beleidi-<lb/>
gung der einen Schwe&#x017F;ter durch die andere<lb/>
zugefu&#x0364;get werden, und die &#x017F;chwe&#x017F;terliche Liebe<lb/>
durch die eheliche Liebe leiden &#x017F;ollte. Wie viel-<lb/>
mehr wird Gott darauf &#x017F;ehen, daß die kindli-<lb/>
che Ehrerbietung gegen eine Mutter nicht in<lb/>
Gefahr ge&#x017F;etzet werde, welches bey einer<lb/>
Heirath mit einem Sohne augen&#x017F;cheinlich<lb/>
ge&#x017F;chiehet, und ich kann mir nicht vor&#x017F;tel-<lb/>
len, daß es mit einem go&#x0364;ttlichen Wolge-<lb/>
fallen ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnte, wenn eine Mutter<lb/>
ein &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;dliches Exempel geben, und we-<lb/>
gen eines ehelichen Umganges mit einem<lb/>
Sohne auf ihre mu&#x0364;tterlichen Rechte, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0386] und eine Pflicht die andere hindere. Was hierunter aus Noth das eine oder das ande- re Mal geſchehen muß, und in einigen Faͤl- len mit Vortheil geſchiehet, in den mehre- ſten aber nachtheilig iſt, muß nicht zur Re- gel gemacht werden. Wie ſehr Gott bey den Ehen zu verhuͤten geſuchet, daß nicht dieſe oder jene Pflicht in Gefahr geſetzet werden moͤchte, nehme man aus dieſem Geſetze ab. Da Gott den Jſraeliten we- gen der damaligen Zeiten und Umſtaͤnde die Vielweiberey nachſahe, ſo wollte er doch nicht, daß jemand nach dem Exem- pel des Jacobs zwo Schweſtern zugleich in der Ehe haben ſollte. Da zwiſchen zwo ſolchen Frauen insgemein Eiferſucht herr- ſchet, und die erſte Ehegattin durch An- nehmung der Zwoten beleidigt zu ſeyn glau- bet; ſo wollte Gott nicht, daß dieſe Beleidi- gung der einen Schweſter durch die andere zugefuͤget werden, und die ſchweſterliche Liebe durch die eheliche Liebe leiden ſollte. Wie viel- mehr wird Gott darauf ſehen, daß die kindli- che Ehrerbietung gegen eine Mutter nicht in Gefahr geſetzet werde, welches bey einer Heirath mit einem Sohne augenſcheinlich geſchiehet, und ich kann mir nicht vorſtel- len, daß es mit einem goͤttlichen Wolge- fallen geſchehen koͤnnte, wenn eine Mutter ein ſo ſchaͤdliches Exempel geben, und we- gen eines ehelichen Umganges mit einem Sohne auf ihre muͤtterlichen Rechte, die der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/386
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/386>, abgerufen am 01.05.2024.