Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

nach und nach eine grössere Zärtlichkeit ein-
flössen. Sie sollten sogar gegen das Vieh
mitleidig seyn und einem dreschenden Ochsen
das Maul nicht verbinden*). Sie sollten
ferner den Thieren, die ihre Arbeit verrich-
teten und ihre Lasten trugen, eine Ruhe gön-
nen**). Alle solche Gesetze führen zum
Mitleiden, und helfen zu einem zärtlichen
Gefühl, und folglich auch zur Menschen-
liebe.

§. 27.
Verboth
mit den
Heiden sich
nicht zu
verehli-
chen.

Alle diese höchst weisen Ordnungen wür-
den aber wenig gefruchtet und ihren Zweck
niemahls erreichet haben, wenn der Herr
nicht noch andere Veranstaltungen damit
verbunden. So bald die Jsraeliten mit
den Heiden in Gemeinschaft traten, und sich
besonders mit selbigen verehlichten, so gien-
gen sie von der Verehrung eines einigen
Gottes gar bald ab, und verliessen entwe-
der den Dienst des unsichtbaren Gottes
ganz, oder baueten den Götzen sowol Al-
täre als dem Jehova+). So gar der wei-
se Salomo ließ sich durch heidnische Ge-
mahlinnen zu dieser Thorheit verführen++).
Sollte derowegen der Götzendienst und die
heidnischen Sitten irgend einmahl aus dem

Jsraeli-
*) 5 B. Mos. C. 25. v. 4.
**) 2 B. Mos. 23. v. 12.
+) B. d. Richter Cap. 3. v. 5. 6. 7.
++) 1 Könige Cap. 11. v. 4. 5.

nach und nach eine groͤſſere Zaͤrtlichkeit ein-
floͤſſen. Sie ſollten ſogar gegen das Vieh
mitleidig ſeyn und einem dreſchenden Ochſen
das Maul nicht verbinden*). Sie ſollten
ferner den Thieren, die ihre Arbeit verrich-
teten und ihre Laſten trugen, eine Ruhe goͤn-
nen**). Alle ſolche Geſetze fuͤhren zum
Mitleiden, und helfen zu einem zaͤrtlichen
Gefuͤhl, und folglich auch zur Menſchen-
liebe.

§. 27.
Verboth
mit den
Heiden ſich
nicht zu
verehli-
chen.

Alle dieſe hoͤchſt weiſen Ordnungen wuͤr-
den aber wenig gefruchtet und ihren Zweck
niemahls erreichet haben, wenn der Herr
nicht noch andere Veranſtaltungen damit
verbunden. So bald die Jſraeliten mit
den Heiden in Gemeinſchaft traten, und ſich
beſonders mit ſelbigen verehlichten, ſo gien-
gen ſie von der Verehrung eines einigen
Gottes gar bald ab, und verlieſſen entwe-
der den Dienſt des unſichtbaren Gottes
ganz, oder baueten den Goͤtzen ſowol Al-
taͤre als dem Jehova†). So gar der wei-
ſe Salomo ließ ſich durch heidniſche Ge-
mahlinnen zu dieſer Thorheit verfuͤhren††).
Sollte derowegen der Goͤtzendienſt und die
heidniſchen Sitten irgend einmahl aus dem

Jſraeli-
*) 5 B. Moſ. C. 25. v. 4.
**) 2 B. Moſ. 23. v. 12.
†) B. d. Richter Cap. 3. v. 5. 6. 7.
††) 1 Koͤnige Cap. 11. v. 4. 5.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="70"/>
nach und nach eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Za&#x0364;rtlichkeit ein-<lb/>
flo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Sie &#x017F;ollten &#x017F;ogar gegen das Vieh<lb/>
mitleidig &#x017F;eyn und einem dre&#x017F;chenden Och&#x017F;en<lb/>
das Maul nicht verbinden<note place="foot" n="*)">5 B. Mo&#x017F;. C. 25. v. 4.</note>. Sie &#x017F;ollten<lb/>
ferner den Thieren, die ihre Arbeit verrich-<lb/>
teten und ihre La&#x017F;ten trugen, eine Ruhe go&#x0364;n-<lb/>
nen<note place="foot" n="**)">2 B. Mo&#x017F;. 23. v. 12.</note>. Alle &#x017F;olche Ge&#x017F;etze fu&#x0364;hren zum<lb/>
Mitleiden, und helfen zu einem za&#x0364;rtlichen<lb/>
Gefu&#x0364;hl, und folglich auch zur Men&#x017F;chen-<lb/>
liebe.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 27.</head><lb/>
          <note place="left">Verboth<lb/>
mit den<lb/>
Heiden &#x017F;ich<lb/>
nicht zu<lb/>
verehli-<lb/>
chen.</note>
          <p>Alle die&#x017F;e ho&#x0364;ch&#x017F;t wei&#x017F;en Ordnungen wu&#x0364;r-<lb/>
den aber wenig gefruchtet und ihren Zweck<lb/>
niemahls erreichet haben, wenn der Herr<lb/>
nicht noch andere Veran&#x017F;taltungen damit<lb/>
verbunden. So bald die J&#x017F;raeliten mit<lb/>
den Heiden in Gemein&#x017F;chaft traten, und &#x017F;ich<lb/>
be&#x017F;onders mit &#x017F;elbigen verehlichten, &#x017F;o gien-<lb/>
gen &#x017F;ie von der Verehrung eines einigen<lb/>
Gottes gar bald ab, und verlie&#x017F;&#x017F;en entwe-<lb/>
der den Dien&#x017F;t des un&#x017F;ichtbaren Gottes<lb/>
ganz, oder baueten den Go&#x0364;tzen &#x017F;owol Al-<lb/>
ta&#x0364;re als dem Jehova<note place="foot" n="&#x2020;)">B. d. Richter Cap. 3. v. 5. 6. 7.</note>. So gar der wei-<lb/>
&#x017F;e Salomo ließ &#x017F;ich durch heidni&#x017F;che Ge-<lb/>
mahlinnen zu die&#x017F;er Thorheit verfu&#x0364;hren<note place="foot" n="&#x2020;&#x2020;)">1 Ko&#x0364;nige Cap. 11. v. 4. 5.</note>.<lb/>
Sollte derowegen der Go&#x0364;tzendien&#x017F;t und die<lb/>
heidni&#x017F;chen Sitten irgend einmahl aus dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">J&#x017F;raeli-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0090] nach und nach eine groͤſſere Zaͤrtlichkeit ein- floͤſſen. Sie ſollten ſogar gegen das Vieh mitleidig ſeyn und einem dreſchenden Ochſen das Maul nicht verbinden *). Sie ſollten ferner den Thieren, die ihre Arbeit verrich- teten und ihre Laſten trugen, eine Ruhe goͤn- nen **). Alle ſolche Geſetze fuͤhren zum Mitleiden, und helfen zu einem zaͤrtlichen Gefuͤhl, und folglich auch zur Menſchen- liebe. §. 27. Alle dieſe hoͤchſt weiſen Ordnungen wuͤr- den aber wenig gefruchtet und ihren Zweck niemahls erreichet haben, wenn der Herr nicht noch andere Veranſtaltungen damit verbunden. So bald die Jſraeliten mit den Heiden in Gemeinſchaft traten, und ſich beſonders mit ſelbigen verehlichten, ſo gien- gen ſie von der Verehrung eines einigen Gottes gar bald ab, und verlieſſen entwe- der den Dienſt des unſichtbaren Gottes ganz, oder baueten den Goͤtzen ſowol Al- taͤre als dem Jehova †). So gar der wei- ſe Salomo ließ ſich durch heidniſche Ge- mahlinnen zu dieſer Thorheit verfuͤhren ††). Sollte derowegen der Goͤtzendienſt und die heidniſchen Sitten irgend einmahl aus dem Jſraeli- *) 5 B. Moſ. C. 25. v. 4. **) 2 B. Moſ. 23. v. 12. †) B. d. Richter Cap. 3. v. 5. 6. 7. ††) 1 Koͤnige Cap. 11. v. 4. 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/90
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/90>, abgerufen am 30.04.2024.