Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Fluch und Seegen damit verknüpfet; die-
jenigen Belohnungen und Strafen aber,
so nahmentlich angeführet werden, bezie-
hen sich nur auf dieses Leben und auf irdi-
sche Vortheile und deren Verlust. Es
sind zwar die deutlichsten Spuhren da, daß
denen Jsraeliten schon zu den Zeiten des
Moses die Unsterblichkeit der Seele und ein
Leben nach dem Tode bekannt gewesen.
Denn Moses mußte ja die abergläubische
Befragung der Todten durch ein ausdrück-
liches Gesetz verbieten *). Allein Gott be-
dienete sich dieser Erkänntniß nicht in dem
geschriebenen Gesetz, und auch in den übri-
gen heiligen Büchern des alten Bundes
findet man seltener etwas, so sich auf das
Leben nach dem Tode beziehet, als in den
Büchern des neuen Bundes, wo alles auf
eine seelige Ewigkeit geleitet wird. Es
hat mich dieses ehemahls selber beunruhiget.
Folgende Vorstellungen aber haben mein
Gemüth befriediget. Der vornehmste
Zweck der göttlichen Einrichtungen in jenen
finstern Zeiten war die Erkänntniß des ei-
nigen und wahren Gottes bey dem Jsrae-
litischen Volk recht fest zu setzen. Dieses
aber konnte durch die Verheissung eines
Himmels und durch die Bedrohung mit
der Hölle nicht erhalten werden. Die
Heiden droheten und versprachen ein glei-

ches.
*) 5 Mos. C. 18. v. 11.

Fluch und Seegen damit verknuͤpfet; die-
jenigen Belohnungen und Strafen aber,
ſo nahmentlich angefuͤhret werden, bezie-
hen ſich nur auf dieſes Leben und auf irdi-
ſche Vortheile und deren Verluſt. Es
ſind zwar die deutlichſten Spuhren da, daß
denen Jſraeliten ſchon zu den Zeiten des
Moſes die Unſterblichkeit der Seele und ein
Leben nach dem Tode bekannt geweſen.
Denn Moſes mußte ja die aberglaͤubiſche
Befragung der Todten durch ein ausdruͤck-
liches Geſetz verbieten *). Allein Gott be-
dienete ſich dieſer Erkaͤnntniß nicht in dem
geſchriebenen Geſetz, und auch in den uͤbri-
gen heiligen Buͤchern des alten Bundes
findet man ſeltener etwas, ſo ſich auf das
Leben nach dem Tode beziehet, als in den
Buͤchern des neuen Bundes, wo alles auf
eine ſeelige Ewigkeit geleitet wird. Es
hat mich dieſes ehemahls ſelber beunruhiget.
Folgende Vorſtellungen aber haben mein
Gemuͤth befriediget. Der vornehmſte
Zweck der goͤttlichen Einrichtungen in jenen
finſtern Zeiten war die Erkaͤnntniß des ei-
nigen und wahren Gottes bey dem Jſrae-
litiſchen Volk recht feſt zu ſetzen. Dieſes
aber konnte durch die Verheiſſung eines
Himmels und durch die Bedrohung mit
der Hoͤlle nicht erhalten werden. Die
Heiden droheten und verſprachen ein glei-

ches.
*) 5 Moſ. C. 18. v. 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="78"/>
Fluch und Seegen damit verknu&#x0364;pfet; die-<lb/>
jenigen Belohnungen und Strafen aber,<lb/>
&#x017F;o nahmentlich angefu&#x0364;hret werden, bezie-<lb/>
hen &#x017F;ich nur auf die&#x017F;es Leben und auf irdi-<lb/>
&#x017F;che Vortheile und deren Verlu&#x017F;t. Es<lb/>
&#x017F;ind zwar die deutlich&#x017F;ten Spuhren da, daß<lb/>
denen J&#x017F;raeliten &#x017F;chon zu den Zeiten des<lb/>
Mo&#x017F;es die Un&#x017F;terblichkeit der Seele und ein<lb/>
Leben nach dem Tode bekannt gewe&#x017F;en.<lb/>
Denn Mo&#x017F;es mußte ja die abergla&#x0364;ubi&#x017F;che<lb/>
Befragung der Todten durch ein ausdru&#x0364;ck-<lb/>
liches Ge&#x017F;etz verbieten <note place="foot" n="*)">5 Mo&#x017F;. C. 18. v. 11.</note>. Allein Gott be-<lb/>
dienete &#x017F;ich die&#x017F;er Erka&#x0364;nntniß nicht in dem<lb/>
ge&#x017F;chriebenen Ge&#x017F;etz, und auch in den u&#x0364;bri-<lb/>
gen heiligen Bu&#x0364;chern des alten Bundes<lb/>
findet man &#x017F;eltener etwas, &#x017F;o &#x017F;ich auf das<lb/>
Leben nach dem Tode beziehet, als in den<lb/>
Bu&#x0364;chern des neuen Bundes, wo alles auf<lb/>
eine &#x017F;eelige Ewigkeit geleitet wird. Es<lb/>
hat mich die&#x017F;es ehemahls &#x017F;elber beunruhiget.<lb/>
Folgende Vor&#x017F;tellungen aber haben mein<lb/>
Gemu&#x0364;th befriediget. Der vornehm&#x017F;te<lb/>
Zweck der go&#x0364;ttlichen Einrichtungen in jenen<lb/>
fin&#x017F;tern Zeiten war die Erka&#x0364;nntniß des ei-<lb/>
nigen und wahren Gottes bey dem J&#x017F;rae-<lb/>
liti&#x017F;chen Volk recht fe&#x017F;t zu &#x017F;etzen. Die&#x017F;es<lb/>
aber konnte durch die Verhei&#x017F;&#x017F;ung eines<lb/>
Himmels und durch die Bedrohung mit<lb/>
der Ho&#x0364;lle nicht erhalten werden. Die<lb/>
Heiden droheten und ver&#x017F;prachen ein glei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ches.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0098] Fluch und Seegen damit verknuͤpfet; die- jenigen Belohnungen und Strafen aber, ſo nahmentlich angefuͤhret werden, bezie- hen ſich nur auf dieſes Leben und auf irdi- ſche Vortheile und deren Verluſt. Es ſind zwar die deutlichſten Spuhren da, daß denen Jſraeliten ſchon zu den Zeiten des Moſes die Unſterblichkeit der Seele und ein Leben nach dem Tode bekannt geweſen. Denn Moſes mußte ja die aberglaͤubiſche Befragung der Todten durch ein ausdruͤck- liches Geſetz verbieten *). Allein Gott be- dienete ſich dieſer Erkaͤnntniß nicht in dem geſchriebenen Geſetz, und auch in den uͤbri- gen heiligen Buͤchern des alten Bundes findet man ſeltener etwas, ſo ſich auf das Leben nach dem Tode beziehet, als in den Buͤchern des neuen Bundes, wo alles auf eine ſeelige Ewigkeit geleitet wird. Es hat mich dieſes ehemahls ſelber beunruhiget. Folgende Vorſtellungen aber haben mein Gemuͤth befriediget. Der vornehmſte Zweck der goͤttlichen Einrichtungen in jenen finſtern Zeiten war die Erkaͤnntniß des ei- nigen und wahren Gottes bey dem Jſrae- litiſchen Volk recht feſt zu ſetzen. Dieſes aber konnte durch die Verheiſſung eines Himmels und durch die Bedrohung mit der Hoͤlle nicht erhalten werden. Die Heiden droheten und verſprachen ein glei- ches. *) 5 Moſ. C. 18. v. 11.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/98
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/98>, abgerufen am 29.04.2024.