ihm das Pfand, ohne Ein[busse?] wieder abzuiagen, so etc: Ich gab ihm nur so viel in seine Hände, [Lücke] er unter dem Vorwand mir zu helfen, nur sich selbst geholfen. -- Ich werde sobald nicht nach Leipzig kommen; aber wie Prinzessinnen, die sich verheirathen, wil ich mein Bild dahin vorauslaufen lassen, das ich ohne Mühe auf 20 Bögen zu-5 sammendrängen werde können. Bis ich die Unordnung meines Beutels berichtigt haben werde. In der That ich mus Ihr Freund werden, ungeachtet ich nur gar zu vielen Grund habe, zu muthmassen, daß Sie gar [?] eine wahre Misgeburt sind. Wenn ich erwäge, daß zu einer Misgeburt ein Wesen gehöret, das die Natur mit Gliedern10 beladet, die entweder überflüssig oder andern Menschen überhaupt abgehen: so dürften Sie wol nicht [aus] der Liste der Misgeburten herauszubringen sein. Sie haben z[wei Glieder,] die man bei ordent- lichen Menschen wol nicht antrift, nämlich einen Kopf[und ein Herz]. Diese sind nur gar zu geschikt, Sie völlig unvermögend zu15 machen, wie andre Menschen zu handeln und zu denken. Glükl[ich] die Mis]geburt, die diese Auswüchse den Augen der Welt geschikt zu ent- ziehen weis. Aber ich wil nicht den Balken aus dem Auge meines Bruders zu bringen suchen, indessen ich noch selbst einen Splitter aus meinem zu ziehen [habe]; und ich wil Ihre Auswüchse gern mit dem20 Mantel der Freundschaft bedekken. / Da Sie ein Arzt sind: so heilen Sie auch Ihren Körper, der die Heilungskosten Ihrer Sele gewis theuer bezahlen mus. --
[174]105. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr25 Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor,
Ein vernünftiger Man wird immer suchen, wenn er doch etwas ganz bekantes sagen mus, es wenigstens nicht deutsch sondern griechisch zu sagen. Auch klingt es viel besser, wenn ich mit dem Simonides sage: anagke oude theoi makhontai; als wenn ich mich so ausdrükte: ich30 konte Ihnen unmöglich von einer Antwort des H. v. Örthels Nach- richt geben, weil ich gar keine bekam. Ich schrieb an ihn 4 Briefe, auf die er mir nicht antwortete, bis ich mich entschlos, die Antwort mit meinen Ohren abzuholen. Ich bin nämlich iezt bei ihm. Die A. D. B. wird er Ihnen gewis abkaufen; aber iezt kan er es noch nicht, weil er35
ihm das Pfand, ohne Ein[buſſe?] wieder abzuiagen, ſo ꝛc: Ich gab ihm nur ſo viel in ſeine Hände, [Lücke] er unter dem Vorwand mir zu helfen, nur ſich ſelbſt geholfen. — Ich werde ſobald nicht nach Leipzig kommen; aber wie Prinzeſſinnen, die ſich verheirathen, wil ich mein Bild dahin vorauslaufen laſſen, das ich ohne Mühe auf 20 Bögen zu-5 ſammendrängen werde können. Bis ich die Unordnung meines Beutels berichtigt haben werde. In der That ich mus Ihr Freund werden, ungeachtet ich nur gar zu vielen Grund habe, zu muthmaſſen, daß Sie gar [?] eine wahre Misgeburt ſind. Wenn ich erwäge, daß zu einer Misgeburt ein Weſen gehöret, das die Natur mit Gliedern10 beladet, die entweder überflüſſig oder andern Menſchen überhaupt abgehen: ſo dürften Sie wol nicht [aus] der Liſte der Misgeburten herauszubringen ſein. Sie haben z[wei Glieder,] die man bei ordent- lichen Menſchen wol nicht antrift, nämlich einen Kopf[und ein Herz]. Dieſe ſind nur gar zu geſchikt, Sie völlig unvermögend zu15 machen, wie andre Menſchen zu handeln und zu denken. Glükl[ich] die Mis]geburt, die dieſe Auswüchſe den Augen der Welt geſchikt zu ent- ziehen weis. Aber ich wil nicht den Balken aus dem Auge meines Bruders zu bringen ſuchen, indeſſen ich noch ſelbſt einen Splitter aus meinem zu ziehen [habe]; und ich wil Ihre Auswüchſe gern mit dem20 Mantel der Freundſchaft bedekken. / Da Sie ein Arzt ſind: ſo heilen Sie auch Ihren Körper, der die Heilungskoſten Ihrer Sele gewis theuer bezahlen mus. —
[174]105. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr25 Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor,
Ein vernünftiger Man wird immer ſuchen, wenn er doch etwas ganz bekantes ſagen mus, es wenigſtens nicht deutſch ſondern griechiſch zu ſagen. Auch klingt es viel beſſer, wenn ich mit dem Simonides ſage: αναγκη ουδε θεοι μαχονται; als wenn ich mich ſo ausdrükte: ich30 konte Ihnen unmöglich von einer Antwort des H. v. Örthels Nach- richt geben, weil ich gar keine bekam. Ich ſchrieb an ihn 4 Briefe, auf die er mir nicht antwortete, bis ich mich entſchlos, die Antwort mit meinen Ohren abzuholen. Ich bin nämlich iezt bei ihm. Die A. D. B. wird er Ihnen gewis abkaufen; aber iezt kan er es noch nicht, weil er35
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nur ſo viel in ſeine Hände, [Lücke] er unter dem Vorwand mir zu
helfen, nur ſich ſelbſt geholfen. — Ich werde ſobald nicht nach Leipzig
kommen; aber wie Prinzeſſinnen, die ſich verheirathen, wil ich mein
Bild dahin vorauslaufen laſſen, das ich ohne Mühe auf 20 Bögen zu- 5
ſammendrängen werde können. Bis ich die Unordnung meines
Beutels berichtigt haben werde. In der That ich mus Ihr Freund
werden, ungeachtet ich nur gar zu vielen Grund habe, zu muthmaſſen,
daß Sie gar [?] eine wahre Misgeburt ſind. Wenn ich erwäge, daß
zu einer Misgeburt ein Weſen gehöret, das die Natur mit Gliedern 10
beladet, die entweder überflüſſig oder andern Menſchen überhaupt
abgehen: ſo dürften Sie wol nicht [aus] der Liſte der Misgeburten
herauszubringen ſein. Sie haben z[wei Glieder,] die man bei ordent-
lichen Menſchen wol nicht antrift, nämlich einen Kopf [und ein
Herz]. Dieſe ſind nur gar zu geſchikt, Sie völlig unvermögend zu 15
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Mis]geburt, die dieſe Auswüchſe den Augen der Welt geſchikt zu ent-
ziehen weis. Aber ich wil nicht den Balken aus dem Auge meines
Bruders zu bringen ſuchen, indeſſen ich noch ſelbſt einen Splitter aus
meinem zu ziehen [habe]; und ich wil Ihre Auswüchſe gern mit dem 20
Mantel der Freundſchaft bedekken. / Da Sie ein Arzt ſind: ſo heilen
Sie auch Ihren Körper, der die Heilungskoſten Ihrer Sele gewis
theuer bezahlen mus. —
105. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr 25
Hochzuverehrender Herr Pfarrer und Autor,
Ein vernünftiger Man wird immer ſuchen, wenn er doch etwas
ganz bekantes ſagen mus, es wenigſtens nicht deutſch ſondern griechiſch
zu ſagen. Auch klingt es viel beſſer, wenn ich mit dem Simonides ſage:
αναγκη ουδε θεοι μαχονται; als wenn ich mich ſo ausdrükte: ich 30
konte Ihnen unmöglich von einer Antwort des H. v. Örthels Nach-
richt geben, weil ich gar keine bekam. Ich ſchrieb an ihn 4 Briefe, auf
die er mir nicht antwortete, bis ich mich entſchlos, die Antwort mit
meinen Ohren abzuholen. Ich bin nämlich iezt bei ihm. Die A. D. B.
wird er Ihnen gewis abkaufen; aber iezt kan er es noch nicht, weil er 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/189>, abgerufen am 28.04.2024.
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