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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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57. An Friederike Otto.
[Kopie]

Der Gedanke an eine kleine grüne Stelle neben der Lorenzkirche wird
der einzige bittere Tropfe sein, der in die Blumenkelche meines Früh-
lings rint. Sie solten meinen Arbeiten etwas vergeben und Ihren etwas5
nehmen. Welche Tage öfnen ihre Pforten!

58. An Karoline Herold.
[Kopie]

Ein langes Schweigen ist fast ein 2ter Abschied. 3 Monde [?] sind
wie glänzende leichte Sommerwölkgen über die Erde geflohen und10
vergangen. Jeder längere Tag drängt ganze Frühlinge in meine Brust
hinein. Alle Liebe ist vol Schmerz und durch die Freude wird sie mat.

59. An Sophie von Brüningk in Hohenberg.
[Kopie]

Wenn ich nur eine Minute dem Schmerz die Krallen halten könte,15
[48]womit er die unbewehrte Seele schlägt. Gienge die Zeit so schnel wie
mein Herz: etc. Ich wolte ihr nur eine sanfte Erinnerung bringen und
ihr nur sagen: leide wenigstens diese Minute nicht.

60. An Frau von Boxberg in Joditz.
[Kopie]20

Mein Hesperus kostet so viel wie der am Himmel, mög' er sanft
in Ihre Stunden schimmern.

61. An Christian Otto.

Eh' ich, mein guter Christian, mein Schweigen vertheidige -- d. h.25
erkläre -- und deines verklage: wil ich -- besonders da du vielleicht
mit der nächsten Post es brichst und aufklärest -- hier ein historisches
Pot-pourri vorausstellen. -- Ein Gedankenstrich ist ein Kapitel oder
Sektor. -- Lichtenberg hat seinen Kommentar geliefert. -- Beigang
hat immer 2 bis 3000 Bücher ausser Hause: der Geschäfte sind so viel,30
daß du ohne mein wiederholtes Auslesen aus deiner Auslese -- die

57. An Friederike Otto.
[Kopie]

Der Gedanke an eine kleine grüne Stelle neben der Lorenzkirche wird
der einzige bittere Tropfe ſein, der in die Blumenkelche meines Früh-
lings rint. Sie ſolten meinen Arbeiten etwas vergeben und Ihren etwas5
nehmen. Welche Tage öfnen ihre Pforten!

58. An Karoline Herold.
[Kopie]

Ein langes Schweigen iſt faſt ein 2ter Abſchied. 3 Monde [?] ſind
wie glänzende leichte Sommerwölkgen über die Erde geflohen und10
vergangen. Jeder längere Tag drängt ganze Frühlinge in meine Bruſt
hinein. Alle Liebe iſt vol Schmerz und durch die Freude wird ſie mat.

59. An Sophie von Brüningk in Hohenberg.
[Kopie]

Wenn ich nur eine Minute dem Schmerz die Krallen halten könte,15
[48]womit er die unbewehrte Seele ſchlägt. Gienge die Zeit ſo ſchnel wie
mein Herz: ꝛc. Ich wolte ihr nur eine ſanfte Erinnerung bringen und
ihr nur ſagen: leide wenigſtens dieſe Minute nicht.

60. An Frau von Boxberg in Joditz.
[Kopie]20

Mein Heſperus koſtet ſo viel wie der am Himmel, mög’ er ſanft
in Ihre Stunden ſchimmern.

61. An Chriſtian Otto.

Eh’ ich, mein guter Chriſtian, mein Schweigen vertheidige — d. h.25
erkläre — und deines verklage: wil ich — beſonders da du vielleicht
mit der nächſten Poſt es brichſt und aufkläreſt — hier ein hiſtoriſches
Pot-pourri vorausſtellen. — Ein Gedankenſtrich iſt ein Kapitel oder
Sektor. — Lichtenberg hat ſeinen Kommentar geliefert. — Beigang
hat immer 2 bis 3000 Bücher auſſer Hauſe: der Geſchäfte ſind ſo viel,30
daß du ohne mein wiederholtes Ausleſen aus deiner Ausleſe — die

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[44/0051] 57. An Friederike Otto. [Leipzig, 21. Febr. 1798] Der Gedanke an eine kleine grüne Stelle neben der Lorenzkirche wird der einzige bittere Tropfe ſein, der in die Blumenkelche meines Früh- lings rint. Sie ſolten meinen Arbeiten etwas vergeben und Ihren etwas 5 nehmen. Welche Tage öfnen ihre Pforten! 58. An Karoline Herold. [Leipzig, 26. Febr. 1798] Ein langes Schweigen iſt faſt ein 2ter Abſchied. 3 Monde [?] ſind wie glänzende leichte Sommerwölkgen über die Erde geflohen und 10 vergangen. Jeder längere Tag drängt ganze Frühlinge in meine Bruſt hinein. Alle Liebe iſt vol Schmerz und durch die Freude wird ſie mat. 59. An Sophie von Brüningk in Hohenberg. [Leipzig, 26. Febr. 1798] Wenn ich nur eine Minute dem Schmerz die Krallen halten könte, 15 womit er die unbewehrte Seele ſchlägt. Gienge die Zeit ſo ſchnel wie mein Herz: ꝛc. Ich wolte ihr nur eine ſanfte Erinnerung bringen und ihr nur ſagen: leide wenigſtens dieſe Minute nicht. [48] 60. An Frau von Boxberg in Joditz. [Leipzig, 26. Febr. 1798] 20 Mein Heſperus koſtet ſo viel wie der am Himmel, mög’ er ſanft in Ihre Stunden ſchimmern. 61. An Chriſtian Otto. L[eipzig] d. 21 Febr. 98. Eh’ ich, mein guter Chriſtian, mein Schweigen vertheidige — d. h. 25 erkläre — und deines verklage: wil ich — beſonders da du vielleicht mit der nächſten Poſt es brichſt und aufkläreſt — hier ein hiſtoriſches Pot-pourri vorausſtellen. — Ein Gedankenſtrich iſt ein Kapitel oder Sektor. — Lichtenberg hat ſeinen Kommentar geliefert. — Beigang hat immer 2 bis 3000 Bücher auſſer Hauſe: der Geſchäfte ſind ſo viel, 30 daß du ohne mein wiederholtes Ausleſen aus deiner Ausleſe — die

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/51>, abgerufen am 30.04.2024.