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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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[76]nicht daran; die neulichen wählt ich. -- Das Schiksal gab mir für
meinen Zuchthausempfang in Leipzig, das, was ich mir nicht ganz
geben kan -- die Sabbatswochen. Ich lebe stil und in mir friedlich und
durch den Sommer einsam -- besuche nur Leut[e] auf dem Land --
arbeite gelingend am Titan, von dem höchst wahrscheinlich zu Ostern5
2 historische Bände und 1 satirischer erscheinen -- jezt durch dich sogar
ohne die Stiche der brüderlichen Erinnerung -- fliege wie ein halb-
freier Vogel aus in die Gärten und Milch Inseln und ein in die helle
stille Stube -- und behalte einen sanften Herbstsonnenschein mit
ruhigen Wünschen ohne Wolken in meiner Seele! -- Und so sol es10
bis in den Oktober bleiben, nur daß ich mich mit neuen Reisen unter-
breche. Sage der Brüningk einen Grus, der so herzlich ist wie eine
gute Nacht, die ich ihr im Kabinette gebe. -- Und dir und allen
Deinigen auch einen solchen!

R.15
100. An Renate Otto.

Hier nur ein Billet, Liebe, als wär' ich noch in Ihrer schönen Nach-
barschaft. Oe[rtels] Brief schikt' ich zerstreuet nach Belgershain stat
nach Hof. -- Das Schiksal hat bisher meinen Faden lang gemacht und20
mich daran bis nach Dresden flattern lassen. -- Mög' es Ihnen ein
Dresden in Ihrem Zimmer geben! Ich schreibe bald einmal mehr. --
Ich schliesse mit herzlichen Grüssen und Wünschen für Sie und unsern
Christoph und Ihre Kinder und Emanuel!

R.25
101. An ?
[Kopie]

-- mit froher Erinnerung und Hofnung stehet die mondhelle und
sonnenwarme Stunde vor mir. --

*102. An Klamer Schmidt in Halberstadt.30

[77]Da ich leider mit der Metereomantie behaftet bin, und jezt heraus-
habe, daß es in den nächsten vier Monaten wenig regnen wird: so ist

[76]nicht daran; die neulichen wählt ich. — Das Schikſal gab mir für
meinen Zuchthausempfang in Leipzig, das, was ich mir nicht ganz
geben kan — die Sabbatswochen. Ich lebe ſtil und in mir friedlich und
durch den Sommer einſam — beſuche nur Leut[e] auf dem Land —
arbeite gelingend am Titan, von dem höchſt wahrſcheinlich zu Oſtern5
2 hiſtoriſche Bände und 1 ſatiriſcher erſcheinen — jezt durch dich ſogar
ohne die Stiche der brüderlichen Erinnerung — fliege wie ein halb-
freier Vogel aus in die Gärten und Milch Inſeln und ein in die helle
ſtille Stube — und behalte einen ſanften Herbſtſonnenſchein mit
ruhigen Wünſchen ohne Wolken in meiner Seele! — Und ſo ſol es10
bis in den Oktober bleiben, nur daß ich mich mit neuen Reiſen unter-
breche. Sage der Brüningk einen Grus, der ſo herzlich iſt wie eine
gute Nacht, die ich ihr im Kabinette gebe. — Und dir und allen
Deinigen auch einen ſolchen!

R.15
100. An Renate Otto.

Hier nur ein Billet, Liebe, als wär’ ich noch in Ihrer ſchönen Nach-
barſchaft. Oe[rtels] Brief ſchikt’ ich zerſtreuet nach Belgershain ſtat
nach Hof. — Das Schikſal hat bisher meinen Faden lang gemacht und20
mich daran bis nach Dresden flattern laſſen. — Mög’ es Ihnen ein
Dresden in Ihrem Zimmer geben! Ich ſchreibe bald einmal mehr. —
Ich ſchlieſſe mit herzlichen Grüſſen und Wünſchen für Sie und unſern
Chriſtoph und Ihre Kinder und Emanuel!

R.25
101. An ?
[Kopie]

— mit froher Erinnerung und Hofnung ſtehet die mondhelle und
ſonnenwarme Stunde vor mir. —

*102. An Klamer Schmidt in Halberſtadt.30

[77]Da ich leider mit der Metereomantie behaftet bin, und jezt heraus-
habe, daß es in den nächſten vier Monaten wenig regnen wird: ſo iſt

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[70/0078] nicht daran; die neulichen wählt ich. — Das Schikſal gab mir für meinen Zuchthausempfang in Leipzig, das, was ich mir nicht ganz geben kan — die Sabbatswochen. Ich lebe ſtil und in mir friedlich und durch den Sommer einſam — beſuche nur Leut[e] auf dem Land — arbeite gelingend am Titan, von dem höchſt wahrſcheinlich zu Oſtern 5 2 hiſtoriſche Bände und 1 ſatiriſcher erſcheinen — jezt durch dich ſogar ohne die Stiche der brüderlichen Erinnerung — fliege wie ein halb- freier Vogel aus in die Gärten und Milch Inſeln und ein in die helle ſtille Stube — und behalte einen ſanften Herbſtſonnenſchein mit ruhigen Wünſchen ohne Wolken in meiner Seele! — Und ſo ſol es 10 bis in den Oktober bleiben, nur daß ich mich mit neuen Reiſen unter- breche. Sage der Brüningk einen Grus, der ſo herzlich iſt wie eine gute Nacht, die ich ihr im Kabinette gebe. — Und dir und allen Deinigen auch einen ſolchen! [76] R. 15 100. An Renate Otto. [Leipzig, 18. Juni 1798] Hier nur ein Billet, Liebe, als wär’ ich noch in Ihrer ſchönen Nach- barſchaft. Oe[rtels] Brief ſchikt’ ich zerſtreuet nach Belgershain ſtat nach Hof. — Das Schikſal hat bisher meinen Faden lang gemacht und 20 mich daran bis nach Dresden flattern laſſen. — Mög’ es Ihnen ein Dresden in Ihrem Zimmer geben! Ich ſchreibe bald einmal mehr. — Ich ſchlieſſe mit herzlichen Grüſſen und Wünſchen für Sie und unſern Chriſtoph und Ihre Kinder und Emanuel! R. 25 101. An ? [Leipzig, Juni 1798] — mit froher Erinnerung und Hofnung ſtehet die mondhelle und ſonnenwarme Stunde vor mir. — *102. An Klamer Schmidt in Halberſtadt. 30 Leipzig d. 29. Jun. 98 [Freitag]. Da ich leider mit der Metereomantie behaftet bin, und jezt heraus- habe, daß es in den nächſten vier Monaten wenig regnen wird: ſo iſt [77]

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/78>, abgerufen am 30.04.2024.