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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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104. An Amöne Herold.
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Ich stürbe vor Entzücken, wenn ich meine Freundin an mein Herz
bekäme. Der Sommer trage keine Blume vor Ihnen vorüber, die
nicht vorher an Ihrer Brust gewesen.5

105. An ?
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Ein freundschaftlicher Zirkel, den 2 Regenbogen schliessen.

106. An Friederike Otto.
[Kopie]10

Werfen Sie einige Flammen nach Neustadt, die den Nestling auf-
treiben und ihn mit andern Zugvögeln einem wärmern Klima zu-
zufliegen zwingen zujagen: warlich ich käme dan auch geflogen. Und
dan wägen Sie das Eden. Ach ja wohl soltest du schöne Stunden und
lauter Liebe in jedem Herz und einen kleinen Nachhal deiner eignen15
Güte haben, wenn ich, von der lauten Welt gesondert, auf einer
häuslichen Insel mit einem Wesen wohne, das dir entgegenfliegen und
dich umarmt an seinem Herz zu deinem Bruder führen kan. O wie wil
ich euch alle noch fortlieben durch mein Leben!

Die neuste Mode der mänlichen Köpfe ist wie immer das Widerspiel20
der weiblichen zu sein. Wenn diese sich ganze Perücken vol falscher
Haare aufsezen, so schneiden jene sich ihre wahren -- vielleicht um für
die Perücken Einschlag und Eintrag zu liefern -- bis auf die Haut fast
ab.

107. An Christian Otto.[80]25

Hier hast du ein Konvolut fremder, übrigens ziemlich brieflicher
Briefe. Deiner hat mich bis ins Mark des Herzens erquikt. Oft durch-
streif' ich vergeblich die Zukunft und pralle immer vor der Unmöglich-
keit zurük, je mit dir unter demselben geographischen Grade, derselben30
Minute, Sekunde, Terzie zu leben; und doch nimt dieser Wunsch mit
der Trennung zu. Ach könte denn nicht Gott Hof zu einer Stadt ge-
schaffen haben, in der man wenigstens nicht des Teufels würde, gesezt
auch man würde da mehrmals des Henkers? --

104. An Amöne Herold.
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Ich ſtürbe vor Entzücken, wenn ich meine Freundin an mein Herz
bekäme. Der Sommer trage keine Blume vor Ihnen vorüber, die
nicht vorher an Ihrer Bruſt geweſen.5

105. An ?
[Kopie]

Ein freundſchaftlicher Zirkel, den 2 Regenbogen ſchlieſſen.

106. An Friederike Otto.
[Kopie]10

Werfen Sie einige Flammen nach Neuſtadt, die den Neſtling auf-
treiben und ihn mit andern Zugvögeln einem wärmern Klima zu-
zufliegen zwingen 〈zujagen〉: warlich ich käme dan auch geflogen. Und
dan wägen Sie das Eden. Ach ja wohl ſolteſt du ſchöne Stunden und
lauter Liebe in jedem Herz und einen kleinen Nachhal deiner eignen15
Güte haben, wenn ich, von der lauten Welt geſondert, auf einer
häuslichen Inſel mit einem Weſen wohne, das dir entgegenfliegen und
dich umarmt an ſeinem Herz zu deinem Bruder führen kan. O wie wil
ich euch alle noch fortlieben durch mein Leben!

Die neuſte Mode der mänlichen Köpfe iſt wie immer das Widerſpiel20
der weiblichen zu ſein. Wenn dieſe ſich ganze Perücken vol falſcher
Haare aufſezen, ſo ſchneiden jene ſich ihre wahren — vielleicht um für
die Perücken Einſchlag und Eintrag zu liefern — bis auf die Haut faſt
ab.

107. An Chriſtian Otto.[80]25

Hier haſt du ein Konvolut fremder, übrigens ziemlich brieflicher
Briefe. Deiner hat mich bis ins Mark des Herzens erquikt. Oft durch-
ſtreif’ ich vergeblich die Zukunft und pralle immer vor der Unmöglich-
keit zurük, je mit dir unter demſelben geographiſchen Grade, derſelben30
Minute, Sekunde, Terzie zu leben; und doch nimt dieſer Wunſch mit
der Trennung zu. Ach könte denn nicht Gott Hof zu einer Stadt ge-
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auch man würde da mehrmals des Henkers? —

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[73/0081] 104. An Amöne Herold. [Leipzig, 2. (?) Juli 1798] Ich ſtürbe vor Entzücken, wenn ich meine Freundin an mein Herz bekäme. Der Sommer trage keine Blume vor Ihnen vorüber, die nicht vorher an Ihrer Bruſt geweſen. 5 105. An ? [Leipzig, Anfang Juli 1798] Ein freundſchaftlicher Zirkel, den 2 Regenbogen ſchlieſſen. 106. An Friederike Otto. [Leipzig, 7. Juli 1798] 10 Werfen Sie einige Flammen nach Neuſtadt, die den Neſtling auf- treiben und ihn mit andern Zugvögeln einem wärmern Klima zu- zufliegen zwingen 〈zujagen〉: warlich ich käme dan auch geflogen. Und dan wägen Sie das Eden. Ach ja wohl ſolteſt du ſchöne Stunden und lauter Liebe in jedem Herz und einen kleinen Nachhal deiner eignen 15 Güte haben, wenn ich, von der lauten Welt geſondert, auf einer häuslichen Inſel mit einem Weſen wohne, das dir entgegenfliegen und dich umarmt an ſeinem Herz zu deinem Bruder führen kan. O wie wil ich euch alle noch fortlieben durch mein Leben! Die neuſte Mode der mänlichen Köpfe iſt wie immer das Widerſpiel 20 der weiblichen zu ſein. Wenn dieſe ſich ganze Perücken vol falſcher Haare aufſezen, ſo ſchneiden jene ſich ihre wahren — vielleicht um für die Perücken Einſchlag und Eintrag zu liefern — bis auf die Haut faſt ab. 107. An Chriſtian Otto. 25 Leipzig d. 11 Jul. 98. Hier haſt du ein Konvolut fremder, übrigens ziemlich brieflicher Briefe. Deiner hat mich bis ins Mark des Herzens erquikt. Oft durch- ſtreif’ ich vergeblich die Zukunft und pralle immer vor der Unmöglich- keit zurük, je mit dir unter demſelben geographiſchen Grade, derſelben 30 Minute, Sekunde, Terzie zu leben; und doch nimt dieſer Wunſch mit der Trennung zu. Ach könte denn nicht Gott Hof zu einer Stadt ge- ſchaffen haben, in der man wenigſtens nicht des Teufels würde, geſezt auch man würde da mehrmals des Henkers? —

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/81>, abgerufen am 30.04.2024.