Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihrem gütigen Versprechen gemäß einen abgedruckten Band er-
wartet; und erklärte mir das Ausbleiben nur daraus, daß Sie (zu-
folge unserem Commerzientraktat vom 21 Jun. 1808) dem Paquet
etwan die Jenner-Beilage hätten mitgeben wollen.

Ohne Brief wurde mir der Einsiedler zugeschickt. Sein Selbst-5
mord -- welcher mit einer kleinen, Göthen nachgeahmten, Nachsicht
für den Haufen, wäre abzuwenden gewesen -- thut mir sehr leid.
Z. B. die Geschichte des Bernhäuters ist für mich ein Meisterstück
und Meisteressen und Leckerbissen; -- denn dem Scherze vergeb'
ich alle Anspielungen -- Ich wünschte, die Gesellschaft liehe mir10
einige ihrer altdeutschen Komus-Schätze, damit ich sie nach meiner
Weise ausprägte; besonders den Schelmufski. In Bayreuth kann
man weder das Neueste noch das Älteste haben, sondern nur Mittel-
alter.

Leben Sie wol!15

Der Inhalt meines Briefs thut von selber die Bitte einer bal-
digen Antwort.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N. S. Ist die Rezension von Fichtens Reden abgedruckt?20

17. An Knebel in Jena.

Mein alter, aber nie veraltender Freund! -- Ich komme auch
wieder zu Ihnen; gebe der Himmel, daß Sie, da Sie leichter und
schneller Ihre Thüre öffnen als einen Brief, mich nicht lange25
draußen vor letzterem stehen lassen; denn ich wünschte gern bald
Ihre Antiphonie, d. h. Ihre Antwort -- -- -- Und zwar nicht blos
auf einen Brief sondern auf eine ordentliche Frage zugleich. Nämlich
ich arbeite eben eine Fortsetzung der Friedenspredigt zu Ende, obwol
unter anderem Titel und Kleide. Die moralischen und politischen30
Grundsätze allein sind die vorigen. Ich wünsche nun so gern dem
Erbprinzen und seiner Gemahlin, welche beide mir wolwollen wie
ich weiß, das Werkchen zuzueignen. Gleichwol wünscht' ich vorher

Ihrem gütigen Verſprechen gemäß einen abgedruckten Band er-
wartet; und erklärte mir das Ausbleiben nur daraus, daß Sie (zu-
folge unſerem Commerzientraktat vom 21 Jun. 1808) dem Paquet
etwan die Jenner-Beilage hätten mitgeben wollen.

Ohne Brief wurde mir der Einſiedler zugeſchickt. Sein Selbſt-5
mord — welcher mit einer kleinen, Göthen nachgeahmten, Nachſicht
für den Haufen, wäre abzuwenden geweſen — thut mir ſehr leid.
Z. B. die Geſchichte des Bernhäuters iſt für mich ein Meiſterſtück
und Meiſtereſſen und Leckerbiſſen; — denn dem Scherze vergeb’
ich alle Anſpielungen — Ich wünſchte, die Geſellſchaft liehe mir10
einige ihrer altdeutſchen Komus-Schätze, damit ich ſie nach meiner
Weiſe ausprägte; beſonders den Schelmufski. In Bayreuth kann
man weder das Neueſte noch das Älteſte haben, ſondern nur Mittel-
alter.

Leben Sie wol!15

Der Inhalt meines Briefs thut von ſelber die Bitte einer bal-
digen Antwort.

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

N. S. Iſt die Rezenſion von Fichtens Reden abgedruckt?20

17. An Knebel in Jena.

Mein alter, aber nie veraltender Freund! — Ich komme auch
wieder zu Ihnen; gebe der Himmel, daß Sie, da Sie leichter und
ſchneller Ihre Thüre öffnen als einen Brief, mich nicht lange25
draußen vor letzterem ſtehen laſſen; denn ich wünſchte gern bald
Ihre Antiphonie, d. h. Ihre Antwort — — — Und zwar nicht blos
auf einen Brief ſondern auf eine ordentliche Frage zugleich. Nämlich
ich arbeite eben eine Fortſetzung der Friedenspredigt zu Ende, obwol
unter anderem Titel und Kleide. Die moraliſchen und politiſchen30
Grundſätze allein ſind die vorigen. Ich wünſche nun ſo gern dem
Erbprinzen und ſeiner Gemahlin, welche beide mir wolwollen wie
ich weiß, das Werkchen zuzueignen. Gleichwol wünſcht’ ich vorher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="6"/>
Ihrem gütigen Ver&#x017F;prechen gemäß einen abgedruckten Band er-<lb/>
wartet; und erklärte mir das Ausbleiben nur daraus, daß Sie (zu-<lb/>
folge un&#x017F;erem Commerzientraktat vom 21 Jun. 1808) dem Paquet<lb/>
etwan die Jenner-Beilage hätten mitgeben wollen.</p><lb/>
        <p>Ohne Brief wurde mir der <hi rendition="#g">Ein&#x017F;iedler</hi> zuge&#x017F;chickt. Sein Selb&#x017F;t-<lb n="5"/>
mord &#x2014; welcher mit einer kleinen, <hi rendition="#aq">Göthen</hi> nachgeahmten, Nach&#x017F;icht<lb/>
für den Haufen, wäre abzuwenden gewe&#x017F;en &#x2014; thut mir &#x017F;ehr leid.<lb/>
Z. B. die Ge&#x017F;chichte des Bernhäuters i&#x017F;t für mich ein Mei&#x017F;ter&#x017F;tück<lb/>
und Mei&#x017F;tere&#x017F;&#x017F;en und Leckerbi&#x017F;&#x017F;en; &#x2014; denn dem Scherze vergeb&#x2019;<lb/>
ich <hi rendition="#b">alle</hi> An&#x017F;pielungen &#x2014; Ich wün&#x017F;chte, die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft liehe mir<lb n="10"/>
einige ihrer altdeut&#x017F;chen Komus-Schätze, damit ich &#x017F;ie nach meiner<lb/>
Wei&#x017F;e ausprägte; be&#x017F;onders den Schelmufski. In <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> kann<lb/>
man weder das Neue&#x017F;te noch das Älte&#x017F;te haben, &#x017F;ondern nur Mittel-<lb/>
alter.</p><lb/>
        <p>Leben Sie wol!<lb n="15"/>
</p>
        <p>Der Inhalt meines Briefs thut von &#x017F;elber die Bitte einer bal-<lb/>
digen Antwort.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <postscript>
          <p>N. S. I&#x017F;t die Rezen&#x017F;ion von Fichtens Reden abgedruckt?<lb n="20"/>
</p>
        </postscript>
      </div>
      <div type="letter" n="1">
        <head>17. An <hi rendition="#g">Knebel in Jena.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bayreuth d. 22 Jenn.</hi> 1809</hi> </dateline><lb/>
        <p>Mein alter, aber nie veraltender Freund! &#x2014; Ich komme auch<lb/>
wieder zu Ihnen; gebe der Himmel, daß Sie, da Sie leichter und<lb/>
&#x017F;chneller Ihre Thüre öffnen als einen Brief, mich nicht lange<lb n="25"/>
draußen vor letzterem &#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en; denn ich wün&#x017F;chte gern bald<lb/>
Ihre Antiphonie, d. h. Ihre Antwort &#x2014; &#x2014; &#x2014; Und zwar nicht blos<lb/>
auf einen Brief &#x017F;ondern auf eine ordentliche Frage zugleich. Nämlich<lb/>
ich arbeite eben eine Fort&#x017F;etzung der Friedenspredigt zu Ende, obwol<lb/>
unter anderem Titel und Kleide. Die morali&#x017F;chen und politi&#x017F;chen<lb n="30"/>
Grund&#x017F;ätze allein &#x017F;ind die vorigen. Ich wün&#x017F;che nun &#x017F;o gern dem<lb/>
Erbprinzen und &#x017F;einer Gemahlin, welche beide mir wolwollen wie<lb/>
ich weiß, das Werkchen zuzueignen. Gleichwol wün&#x017F;cht&#x2019; ich vorher<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0015] Ihrem gütigen Verſprechen gemäß einen abgedruckten Band er- wartet; und erklärte mir das Ausbleiben nur daraus, daß Sie (zu- folge unſerem Commerzientraktat vom 21 Jun. 1808) dem Paquet etwan die Jenner-Beilage hätten mitgeben wollen. Ohne Brief wurde mir der Einſiedler zugeſchickt. Sein Selbſt- 5 mord — welcher mit einer kleinen, Göthen nachgeahmten, Nachſicht für den Haufen, wäre abzuwenden geweſen — thut mir ſehr leid. Z. B. die Geſchichte des Bernhäuters iſt für mich ein Meiſterſtück und Meiſtereſſen und Leckerbiſſen; — denn dem Scherze vergeb’ ich alle Anſpielungen — Ich wünſchte, die Geſellſchaft liehe mir 10 einige ihrer altdeutſchen Komus-Schätze, damit ich ſie nach meiner Weiſe ausprägte; beſonders den Schelmufski. In Bayreuth kann man weder das Neueſte noch das Älteſte haben, ſondern nur Mittel- alter. Leben Sie wol! 15 Der Inhalt meines Briefs thut von ſelber die Bitte einer bal- digen Antwort. Ihr Jean Paul Fr. Richter N. S. Iſt die Rezenſion von Fichtens Reden abgedruckt? 20 17. An Knebel in Jena. Bayreuth d. 22 Jenn. 1809 Mein alter, aber nie veraltender Freund! — Ich komme auch wieder zu Ihnen; gebe der Himmel, daß Sie, da Sie leichter und ſchneller Ihre Thüre öffnen als einen Brief, mich nicht lange 25 draußen vor letzterem ſtehen laſſen; denn ich wünſchte gern bald Ihre Antiphonie, d. h. Ihre Antwort — — — Und zwar nicht blos auf einen Brief ſondern auf eine ordentliche Frage zugleich. Nämlich ich arbeite eben eine Fortſetzung der Friedenspredigt zu Ende, obwol unter anderem Titel und Kleide. Die moraliſchen und politiſchen 30 Grundſätze allein ſind die vorigen. Ich wünſche nun ſo gern dem Erbprinzen und ſeiner Gemahlin, welche beide mir wolwollen wie ich weiß, das Werkchen zuzueignen. Gleichwol wünſcht’ ich vorher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:17:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:17:09Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/15
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/15>, abgerufen am 19.03.2024.