sollen? Sei mäßig, sogar im Vorsetzen. Du bist noch in den frischen, kraftreichen, aber heimtückischen Jahren, wo der Körperbau sich ohne Bewegung und Zeichen eine lange Untergrabung gefallen läßt, bis er plötzlich mit dem ganzen Boden hinunter bricht und nichts über ihm übrig bleibt als ein -- Hügel mit dem Kreuz; indeß5 ältere, zärtere, empfindlichere Naturen, wie meine, schon vor jedem kleinsten Übermaße erzittern und jeden Misgriff des Augenblicks auf der Stelle durch Schmerzen angeben und so die Krankheit durch Kränklichkeit abwenden. -- Daß wir beide uns dennoch sähen, dazu könnte Gott doch Gelegenheit geben, wenn ich nach Stuttgart ginge10 in diesem Jahre; denn nur zwischen Stuttgart, und zwischen Mün- chen und Weimar schwank' ich noch, aber mit jenes Überschlag.
Deine Briefaushebung soll bald an deinen Abraham gelangen, aber wahrlich nicht ohne ein warmes Grußwort von mir.
Cotta hat es nur vergessen mit den S-Aufsätzen. Lies im Mor-15 genblatt ja alles davon hindurch, nicht blos die 12 Briefe. Die berlinische Gesellschaft für deutsche Sprache dankte mir dafür, ließ mich aber um 1 Exemplar bitten. Durch das Zerstücken des Mor- genblattes kam niemand zum rechten Anschauen.
Mutter, Tochter und Vater Paulus grüße von mir recht herzlich20 und sage diesem, daß mein Studium seines Kommentars so wie das wiederholte von Lessing mich immer stärker gegen die neuen Über- christen wie Kanne, Ammon, Harms, etc.etc. erbittern, wie es schon mein dießjähriger Neujahraufsatz im Morgenblatte zeigt. Ach hätten wir kein anderes Christenthum als in den 4 Evangelien25 wörtlich steht -- und also keine 3 Christen-Spaltungen, zumal die abscheulichste, die katholische -- wie viel Blut und Nacht wäre dem armen Europa ersparet worden!
Lieber Heinrich, den größern Gefallen thätest du mir und den Nichtlesern des Meßkatalogs, wenn du jetzo schon die Anzeige des30 neuen Siebenkäs im Morgenblatte geben wolltest. Sie braucht ja nur dürr den Unterschied zwischen dem neuen und alten auszusprechen. -- Inwiefern glaubst du, daß der Jubelsenior durch meine Lebens Beschreibung Licht erhielte? -- Machst du es nicht wie ich und legst während der Schreib-Pausen ein Blättchen hin, auf welches du35 die brieflichen Materien, die der Zwischenraum zuführt, mit einem Worte aufzeichnest, weil man gerade im Feuer des Briefs selber
ſollen? Sei mäßig, ſogar im Vorſetzen. Du biſt noch in den friſchen, kraftreichen, aber heimtückiſchen Jahren, wo der Körperbau ſich ohne Bewegung und Zeichen eine lange Untergrabung gefallen läßt, bis er plötzlich mit dem ganzen Boden hinunter bricht und nichts über ihm übrig bleibt als ein — Hügel mit dem Kreuz; indeß5 ältere, zärtere, empfindlichere Naturen, wie meine, ſchon vor jedem kleinſten Übermaße erzittern und jeden Misgriff des Augenblicks auf der Stelle durch Schmerzen angeben und ſo die Krankheit durch Kränklichkeit abwenden. — Daß wir beide uns dennoch ſähen, dazu könnte Gott doch Gelegenheit geben, wenn ich nach Stuttgart ginge10 in dieſem Jahre; denn nur zwiſchen Stuttgart, und zwiſchen Mün- chen und Weimar ſchwank’ ich noch, aber mit jenes Überſchlag.
Deine Briefaushebung ſoll bald an deinen Abraham gelangen, aber wahrlich nicht ohne ein warmes Grußwort von mir.
Cotta hat es nur vergeſſen mit den S-Aufſätzen. Lies im Mor-15 genblatt ja alles davon hindurch, nicht blos die 12 Briefe. Die berliniſche Geſellſchaft für deutſche Sprache dankte mir dafür, ließ mich aber um 1 Exemplar bitten. Durch das Zerſtücken des Mor- genblattes kam niemand zum rechten Anſchauen.
Mutter, Tochter und Vater Paulus grüße von mir recht herzlich20 und ſage dieſem, daß mein Studium ſeines Kommentars ſo wie das wiederholte von Leſſing mich immer ſtärker gegen die neuen Über- chriſten wie Kanne, Ammon, Harms, ꝛc.ꝛc. erbittern, wie es ſchon mein dießjähriger Neujahraufſatz im Morgenblatte zeigt. Ach hätten wir kein anderes Chriſtenthum als in den 4 Evangelien25 wörtlich ſteht — und alſo keine 3 Chriſten-Spaltungen, zumal die abſcheulichſte, die katholiſche — wie viel Blut und Nacht wäre dem armen Europa erſparet worden!
Lieber Heinrich, den größern Gefallen thäteſt du mir und den Nichtleſern des Meßkatalogs, wenn du jetzo ſchon die Anzeige des30 neuen Siebenkäs im Morgenblatte geben wollteſt. Sie braucht ja nur dürr den Unterſchied zwiſchen dem neuen und alten auszuſprechen. — Inwiefern glaubſt du, daß der Jubelſenior durch meine Lebens Beſchreibung Licht erhielte? — Machſt du es nicht wie ich und legſt während der Schreib-Pauſen ein Blättchen hin, auf welches du35 die brieflichen Materien, die der Zwiſchenraum zuführt, mit einem Worte aufzeichneſt, weil man gerade im Feuer des Briefs ſelber
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ältere, zärtere, empfindlichere Naturen, wie meine, ſchon vor jedem
kleinſten Übermaße erzittern und jeden Misgriff des Augenblicks
auf der Stelle durch Schmerzen angeben und ſo die Krankheit durch
Kränklichkeit abwenden. — Daß wir beide uns dennoch ſähen, dazu
könnte Gott doch Gelegenheit geben, wenn ich nach Stuttgart ginge 10
in dieſem Jahre; denn nur zwiſchen Stuttgart, und zwiſchen Mün-
chen und Weimar ſchwank’ ich noch, aber mit jenes Überſchlag.
Deine Briefaushebung ſoll bald an deinen Abraham gelangen,
aber wahrlich nicht ohne ein warmes Grußwort von mir.
Cotta hat es nur vergeſſen mit den S-Aufſätzen. Lies im Mor- 15
genblatt ja alles davon hindurch, nicht blos die 12 Briefe. Die
berliniſche Geſellſchaft für deutſche Sprache dankte mir dafür, ließ
mich aber um 1 Exemplar bitten. Durch das Zerſtücken des Mor-
genblattes kam niemand zum rechten Anſchauen.
Mutter, Tochter und Vater Paulus grüße von mir recht herzlich 20
und ſage dieſem, daß mein Studium ſeines Kommentars ſo wie das
wiederholte von Leſſing mich immer ſtärker gegen die neuen Über-
chriſten wie Kanne, Ammon, Harms, ꝛc.ꝛc. erbittern, wie es ſchon
mein dießjähriger Neujahraufſatz im Morgenblatte zeigt. Ach
hätten wir kein anderes Chriſtenthum als in den 4 Evangelien 25
wörtlich ſteht — und alſo keine 3 Chriſten-Spaltungen, zumal die
abſcheulichſte, die katholiſche — wie viel Blut und Nacht wäre dem
armen Europa erſparet worden!
Lieber Heinrich, den größern Gefallen thäteſt du mir und den
Nichtleſern des Meßkatalogs, wenn du jetzo ſchon die Anzeige des 30
neuen Siebenkäs im Morgenblatte geben wollteſt. Sie braucht ja
nur dürr den Unterſchied zwiſchen dem neuen und alten auszuſprechen.
— Inwiefern glaubſt du, daß der Jubelſenior durch meine Lebens
Beſchreibung Licht erhielte? — Machſt du es nicht wie ich und
legſt während der Schreib-Pauſen ein Blättchen hin, auf welches du 35
die brieflichen Materien, die der Zwiſchenraum zuführt, mit einem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/255>, abgerufen am 17.06.2024.
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