andere, z. B. die Huber, zu beiläufigen Korrekturen. -- Die neue stuttgarter Zeitung hat sich ihre Aufhebung erschrieben durch einen Ausfall auf den preußischen König wegen Massenbach. --
Montag5
Gestern war ich von Beroldingen zu Mittag auf den Herzog und die Herzogin Wilhelm eingeladen, die mich sehen wollten. Jener ist durch sein wolwollendes und gelingendes Arztsein in der Gegend berühmt; und sie wars in der Jugend durch eine Schönheit, welche dem Künstler Dannecker nicht blos den Kopf verrückte, sondern auch den Hut, den er im Weggehen von ihr immer queer aufsetzte. Er10 sagte mirs gestern selber. Und sie ist noch etwas schön! Aber wie soll ich dir dieses neckende Springen von Ideen und dieses unfürst- liche liebe Theilnehmen an ihren bürgerlichen Bekannten (z. B. Dannecker, Leibarzt König etc.) und dieses naive Sprechen malen! Ich saß unter dem Essen neben ihr. Sie lachte mich über meine15 Lobreden Schmeicheleien aus, konnte aber doch nicht Herrin werden. Unten in der Laube bei dem Kaffee, als gesagt wurde, morgen sei der längste Tag und ich sagte: "und heute ist der kürzeste", behauptete sie wirklich dasselbe vorher gesagt zu haben in derselben, nur anders gekehrten Schmeichelbeziehung. Ihren Scherzen liegt20 aber schwerer Ernst, ja Trauer zum Grunde, wie auch ihre Briefe an Matthison zeigen. In dieser Woche fahr' ich mit einigen Freunden, da er und sie so einluden, nach Stetten zu ihnen. -- Der Himmel schafft endlich seine Wolken weg und gibt bessere Tage, aber immer fehlt mir die rechte Gegend dazu. Gleichwol will ich25 endlich fort; jetzo hab' ich das Meinige gesehen und genossen. So viele Bildung (und bester Gesellschaftton) hier ist, so fehlen mir doch Männer wie die Heidelberger. Sage dem Kutscher (durchaus der Sohn), er soll den 7ten July hier anlangen, aber zeitig genug zum Ausruhen seiner Pferde. -- Indeß wiederhol' ich diese Marsch-30 ordre natürlich noch einmal. Bliebe nur die Seeligmann etwas länger: so bescheerte mir Gott einmal eine Rückfuhre. Was bring' ich der nun einmal daran gewöhnten Magd mit? Eine Schürze, wie ich mich von den Kindern erinnere, aber welche? Und was ich vollends den Kindern oder gar dir mitbringe, da weiß ich meinem35 Leibe keinen Rath, wenn du mir nicht einen gibst. Gib ihn ja. --
18*
andere, z. B. die Huber, zu beiläufigen Korrekturen. — Die neue ſtuttgarter Zeitung hat ſich ihre Aufhebung erſchrieben durch einen Ausfall auf den preußiſchen König wegen Maſſenbach. —
Montag5
Geſtern war ich von Beroldingen zu Mittag auf den Herzog und die Herzogin Wilhelm eingeladen, die mich ſehen wollten. Jener iſt durch ſein wolwollendes und gelingendes Arztſein in der Gegend berühmt; und ſie wars in der Jugend durch eine Schönheit, welche dem Künſtler Dannecker nicht blos den Kopf verrückte, ſondern auch den Hut, den er im Weggehen von ihr immer queer aufſetzte. Er10 ſagte mirs geſtern ſelber. Und ſie iſt noch etwas ſchön! Aber wie ſoll ich dir dieſes neckende Springen von Ideen und dieſes unfürſt- liche liebe Theilnehmen an ihren bürgerlichen Bekannten (z. B. Dannecker, Leibarzt König ꝛc.) und dieſes naive Sprechen malen! Ich ſaß unter dem Eſſen neben ihr. Sie lachte mich über meine15 Lobreden 〈Schmeicheleien〉 aus, konnte aber doch nicht Herrin werden. Unten in der Laube bei dem Kaffee, als geſagt wurde, morgen ſei der längſte Tag und ich ſagte: „und heute iſt der kürzeſte“, behauptete ſie wirklich daſſelbe vorher geſagt zu haben in derſelben, nur anders gekehrten Schmeichelbeziehung. Ihren Scherzen liegt20 aber ſchwerer Ernſt, ja Trauer zum Grunde, wie auch ihre Briefe an Matthiſon zeigen. In dieſer Woche fahr’ ich mit einigen Freunden, da er und ſie ſo einluden, nach Stetten zu ihnen. — Der Himmel ſchafft endlich ſeine Wolken weg und gibt beſſere Tage, aber immer fehlt mir die rechte Gegend dazu. Gleichwol will ich25 endlich fort; jetzo hab’ ich das Meinige geſehen und genoſſen. So viele Bildung (und beſter Geſellſchaftton) hier iſt, ſo fehlen mir doch Männer wie die Heidelberger. Sage dem Kutſcher (durchaus der Sohn), er ſoll den 7ten July hier anlangen, aber zeitig genug zum Ausruhen ſeiner Pferde. — Indeß wiederhol’ ich dieſe Marſch-30 ordre natürlich noch einmal. Bliebe nur die Seeligmann etwas länger: ſo beſcheerte mir Gott einmal eine Rückfuhre. Was bring’ ich der nun einmal daran gewöhnten Magd mit? Eine Schürze, wie ich mich von den Kindern erinnere, aber welche? Und was ich vollends den Kindern oder gar dir mitbringe, da weiß ich meinem35 Leibe keinen Rath, wenn du mir nicht einen gibſt. Gib ihn ja. —
18*
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0283"n="275"/>
andere, z. B. die <hirendition="#aq">Huber,</hi> zu beiläufigen Korrekturen. — Die neue<lb/>ſtuttgarter Zeitung hat ſich ihre Aufhebung erſchrieben durch einen<lb/>
Ausfall auf den preußiſchen König wegen Maſſenbach. —</p></div><lb/><divn="2"><dateline><hirendition="#right">Montag</hi></dateline><lbn="5"/><p>Geſtern war ich von Beroldingen zu Mittag auf den Herzog und<lb/>
die Herzogin Wilhelm eingeladen, die mich ſehen wollten. Jener<lb/>
iſt durch ſein wolwollendes und gelingendes Arztſein in der Gegend<lb/>
berühmt; und ſie wars in der Jugend durch eine Schönheit, welche<lb/>
dem Künſtler Dannecker nicht blos den Kopf verrückte, ſondern auch<lb/>
den Hut, den er im Weggehen von ihr immer queer aufſetzte. Er<lbn="10"/>ſagte mirs geſtern ſelber. Und ſie iſt noch etwas ſchön! Aber wie<lb/>ſoll ich dir dieſes neckende Springen von Ideen und dieſes unfürſt-<lb/>
liche liebe Theilnehmen an ihren bürgerlichen Bekannten (z. B.<lb/>
Dannecker, Leibarzt König ꝛc.) und dieſes naive Sprechen malen!<lb/>
Ich ſaß unter dem Eſſen neben ihr. Sie lachte mich über meine<lbn="15"/>
Lobreden 〈Schmeicheleien〉 aus, konnte aber doch nicht Herrin<lb/>
werden. Unten in der Laube bei dem Kaffee, als geſagt wurde,<lb/>
morgen ſei der längſte Tag und ich ſagte: „und heute iſt der kürzeſte“,<lb/>
behauptete ſie wirklich daſſelbe vorher geſagt zu haben in derſelben,<lb/>
nur anders gekehrten Schmeichelbeziehung. Ihren Scherzen liegt<lbn="20"/>
aber ſchwerer Ernſt, ja Trauer zum Grunde, wie auch ihre Briefe<lb/>
an Matthiſon zeigen. In dieſer Woche fahr’ ich mit einigen<lb/>
Freunden, da er und ſie ſo einluden, nach <hirendition="#aq">Stetten</hi> zu ihnen. — Der<lb/>
Himmel ſchafft endlich ſeine Wolken weg und gibt beſſere Tage,<lb/>
aber immer fehlt mir die rechte Gegend dazu. Gleichwol will ich<lbn="25"/>
endlich fort; jetzo hab’ ich das Meinige geſehen und genoſſen. So<lb/>
viele Bildung (und beſter Geſellſchaftton) hier iſt, ſo fehlen mir doch<lb/>
Männer wie die <hirendition="#aq">Heidelberger.</hi> Sage dem Kutſcher (<hirendition="#g">durchaus<lb/>
der Sohn</hi>), er ſoll den 7<hirendition="#sup">ten</hi> July hier anlangen, aber zeitig genug<lb/>
zum Ausruhen ſeiner Pferde. — Indeß wiederhol’ ich dieſe Marſch-<lbn="30"/>
ordre natürlich noch einmal. Bliebe nur die <hirendition="#aq">Seeligmann</hi> etwas<lb/>
länger: ſo beſcheerte mir Gott einmal eine Rückfuhre. Was bring’<lb/>
ich der nun einmal daran gewöhnten Magd mit? Eine Schürze,<lb/>
wie ich mich von den Kindern erinnere, aber welche? Und was ich<lb/>
vollends den Kindern oder gar dir mitbringe, da weiß ich meinem<lbn="35"/>
Leibe keinen Rath, wenn du mir nicht einen gibſt. Gib ihn ja. —<lb/><fwplace="bottom"type="sig">18*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[275/0283]
andere, z. B. die Huber, zu beiläufigen Korrekturen. — Die neue
ſtuttgarter Zeitung hat ſich ihre Aufhebung erſchrieben durch einen
Ausfall auf den preußiſchen König wegen Maſſenbach. —
Montag 5
Geſtern war ich von Beroldingen zu Mittag auf den Herzog und
die Herzogin Wilhelm eingeladen, die mich ſehen wollten. Jener
iſt durch ſein wolwollendes und gelingendes Arztſein in der Gegend
berühmt; und ſie wars in der Jugend durch eine Schönheit, welche
dem Künſtler Dannecker nicht blos den Kopf verrückte, ſondern auch
den Hut, den er im Weggehen von ihr immer queer aufſetzte. Er 10
ſagte mirs geſtern ſelber. Und ſie iſt noch etwas ſchön! Aber wie
ſoll ich dir dieſes neckende Springen von Ideen und dieſes unfürſt-
liche liebe Theilnehmen an ihren bürgerlichen Bekannten (z. B.
Dannecker, Leibarzt König ꝛc.) und dieſes naive Sprechen malen!
Ich ſaß unter dem Eſſen neben ihr. Sie lachte mich über meine 15
Lobreden 〈Schmeicheleien〉 aus, konnte aber doch nicht Herrin
werden. Unten in der Laube bei dem Kaffee, als geſagt wurde,
morgen ſei der längſte Tag und ich ſagte: „und heute iſt der kürzeſte“,
behauptete ſie wirklich daſſelbe vorher geſagt zu haben in derſelben,
nur anders gekehrten Schmeichelbeziehung. Ihren Scherzen liegt 20
aber ſchwerer Ernſt, ja Trauer zum Grunde, wie auch ihre Briefe
an Matthiſon zeigen. In dieſer Woche fahr’ ich mit einigen
Freunden, da er und ſie ſo einluden, nach Stetten zu ihnen. — Der
Himmel ſchafft endlich ſeine Wolken weg und gibt beſſere Tage,
aber immer fehlt mir die rechte Gegend dazu. Gleichwol will ich 25
endlich fort; jetzo hab’ ich das Meinige geſehen und genoſſen. So
viele Bildung (und beſter Geſellſchaftton) hier iſt, ſo fehlen mir doch
Männer wie die Heidelberger. Sage dem Kutſcher (durchaus
der Sohn), er ſoll den 7ten July hier anlangen, aber zeitig genug
zum Ausruhen ſeiner Pferde. — Indeß wiederhol’ ich dieſe Marſch- 30
ordre natürlich noch einmal. Bliebe nur die Seeligmann etwas
länger: ſo beſcheerte mir Gott einmal eine Rückfuhre. Was bring’
ich der nun einmal daran gewöhnten Magd mit? Eine Schürze,
wie ich mich von den Kindern erinnere, aber welche? Und was ich
vollends den Kindern oder gar dir mitbringe, da weiß ich meinem 35
Leibe keinen Rath, wenn du mir nicht einen gibſt. Gib ihn ja. —
18*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/283>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.