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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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269. An Karoline Richter in Würzburg.

Theuerste Karoline! Deine liebereichen Zeichen bekamen wir gestern,
wo überhaupt allerlei Angenehmes für mich, z. B. der Wein, ankam.
Verzeih jetzo meine Kürze, da ich vor dem Arbeiten schreibe. -- Emma5
erfreut mich durch ihre Kochkunst und Heiterkeit und alles. Auch ihr
wird jede Freude gegönnt. -- Eile nicht mit der Rückkehr; denn ich
warte doch erst das schönste Wetter ab. Aber wie könnt' ich in deiner
Abwesenheit verreisen mit der Sehnsucht schon, da es genug ist, mit ihr
heimzukommen. Wenigstens 8 Tage muß ich vorher mit dir zusammen10
sein. An Minna hab' ich geschrieben. Aber schreib ihr von Würzburg
aus, daß sie meine Stube nicht schon vor meiner Ankunft miethe, die
ich nicht übereilen und prophezeien will. -- Heitere deine beklommene
Seele durch Geselligkeit aus. Erforsche, ob ich, wenn mich später einmal
die Sehnsucht nach Würzburg treibt, da freundliche Leser und Leserinnen15
antreffe und besonders, was ich am Hofe zu erwarten hätte. -- Was
sagte H. Heine zu meinen Zeilen und Bitten? Stell' ihm ja meinen
Wunsch der frühen Zurückkehr Odilias recht lebhaft dar, da er zwar die
Kur nicht beschleunigen, aber sie doch leicht deiner Sorgfalt und meiner
Einsicht früher anvertrauen kann. -- Grüße ihn und Auguste, diese20
Pflegeltern unsers lieben Kindes, recht von mir. -- Nichts hass' ich
mehr als eine Zusammenkleisterung mehrer Gesichter, noch dazu von
einem Maler, der den Gegenstand nie gesehen und dem keine Er-
innerung nachhelfen kann. Wollen wir uns mit dem doch ähnlichen
Sterbegesicht unsers Max behelfen, bis wir auch eines machen. --25
Ich bin bei diesem wetterwendischen Wetter gesund genug. Unterbrich
deine Feiertage durch keine Reise; und es gehe dir innigst wohl; dieß
verdient dein Herz der Liebe.

Dein
R.30

Der Wein, dessen erste Flasche mir zu bekommen scheint, wird morgen
durch den Hofbüttner abgezogen, weil das ohne Überfaß gekommene
Faß Gefahr droht und auch weil ich froh bin, daß ich dir eine so schwere
Arbeit, zumal bei einer Ankunft, abnehmen kann.

Lasse Odilie, welche durch Neuheit und Jahrzeit Zerstreuungen genug35
haben kann, nicht die theuern und unnützen des Theaters suchen.

11 Jean Paul Briefe. VIII.
269. An Karoline Richter in Würzburg.

Theuerſte Karoline! Deine liebereichen Zeichen bekamen wir geſtern,
wo überhaupt allerlei Angenehmes für mich, z. B. der Wein, ankam.
Verzeih jetzo meine Kürze, da ich vor dem Arbeiten ſchreibe. — Emma5
erfreut mich durch ihre Kochkunſt und Heiterkeit und alles. Auch ihr
wird jede Freude gegönnt. — Eile nicht mit der Rückkehr; denn ich
warte doch erſt das ſchönſte Wetter ab. Aber wie könnt’ ich in deiner
Abweſenheit verreiſen mit der Sehnſucht ſchon, da es genug iſt, mit ihr
heimzukommen. Wenigſtens 8 Tage muß ich vorher mit dir zuſammen10
ſein. An Minna hab’ ich geſchrieben. Aber ſchreib ihr von Würzburg
aus, daß ſie meine Stube nicht ſchon vor meiner Ankunft miethe, die
ich nicht übereilen und prophezeien will. — Heitere deine beklommene
Seele durch Geſelligkeit aus. Erforſche, ob ich, wenn mich ſpäter einmal
die Sehnſucht nach Würzburg treibt, da freundliche Leſer und Leſerinnen15
antreffe und beſonders, was ich am Hofe zu erwarten hätte. — Was
ſagte H. Heine zu meinen Zeilen und Bitten? Stell’ ihm ja meinen
Wunſch der frühen Zurückkehr Odilias recht lebhaft dar, da er zwar die
Kur nicht beſchleunigen, aber ſie doch leicht deiner Sorgfalt und meiner
Einſicht früher anvertrauen kann. — Grüße ihn und Auguſte, dieſe20
Pflegeltern unſers lieben Kindes, recht von mir. — Nichts haſſ’ ich
mehr als eine Zuſammenkleiſterung mehrer Geſichter, noch dazu von
einem Maler, der den Gegenſtand nie geſehen und dem keine Er-
innerung nachhelfen kann. Wollen wir uns mit dem doch ähnlichen
Sterbegeſicht unſers Max behelfen, bis wir auch eines machen. —25
Ich bin bei dieſem wetterwendiſchen Wetter geſund genug. Unterbrich
deine Feiertage durch keine Reiſe; und es gehe dir innigſt wohl; dieß
verdient dein Herz der Liebe.

Dein
R.30

Der Wein, deſſen erſte Flaſche mir zu bekommen ſcheint, wird morgen
durch den Hofbüttner abgezogen, weil das ohne Überfaß gekommene
Faß Gefahr droht und auch weil ich froh bin, daß ich dir eine ſo ſchwere
Arbeit, zumal bei einer Ankunft, abnehmen kann.

Laſſe Odilie, welche durch Neuheit und Jahrzeit Zerſtreuungen genug35
haben kann, nicht die theuern und unnützen des Theaters ſuchen.

11 Jean Paul Briefe. VIII.
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[161/0168] 269. An Karoline Richter in Würzburg. Baireut d. 31. März 1822 Theuerſte Karoline! Deine liebereichen Zeichen bekamen wir geſtern, wo überhaupt allerlei Angenehmes für mich, z. B. der Wein, ankam. Verzeih jetzo meine Kürze, da ich vor dem Arbeiten ſchreibe. — Emma 5 erfreut mich durch ihre Kochkunſt und Heiterkeit und alles. Auch ihr wird jede Freude gegönnt. — Eile nicht mit der Rückkehr; denn ich warte doch erſt das ſchönſte Wetter ab. Aber wie könnt’ ich in deiner Abweſenheit verreiſen mit der Sehnſucht ſchon, da es genug iſt, mit ihr heimzukommen. Wenigſtens 8 Tage muß ich vorher mit dir zuſammen 10 ſein. An Minna hab’ ich geſchrieben. Aber ſchreib ihr von Würzburg aus, daß ſie meine Stube nicht ſchon vor meiner Ankunft miethe, die ich nicht übereilen und prophezeien will. — Heitere deine beklommene Seele durch Geſelligkeit aus. Erforſche, ob ich, wenn mich ſpäter einmal die Sehnſucht nach Würzburg treibt, da freundliche Leſer und Leſerinnen 15 antreffe und beſonders, was ich am Hofe zu erwarten hätte. — Was ſagte H. Heine zu meinen Zeilen und Bitten? Stell’ ihm ja meinen Wunſch der frühen Zurückkehr Odilias recht lebhaft dar, da er zwar die Kur nicht beſchleunigen, aber ſie doch leicht deiner Sorgfalt und meiner Einſicht früher anvertrauen kann. — Grüße ihn und Auguſte, dieſe 20 Pflegeltern unſers lieben Kindes, recht von mir. — Nichts haſſ’ ich mehr als eine Zuſammenkleiſterung mehrer Geſichter, noch dazu von einem Maler, der den Gegenſtand nie geſehen und dem keine Er- innerung nachhelfen kann. Wollen wir uns mit dem doch ähnlichen Sterbegeſicht unſers Max behelfen, bis wir auch eines machen. — 25 Ich bin bei dieſem wetterwendiſchen Wetter geſund genug. Unterbrich deine Feiertage durch keine Reiſe; und es gehe dir innigſt wohl; dieß verdient dein Herz der Liebe. Dein R. 30 Der Wein, deſſen erſte Flaſche mir zu bekommen ſcheint, wird morgen durch den Hofbüttner abgezogen, weil das ohne Überfaß gekommene Faß Gefahr droht und auch weil ich froh bin, daß ich dir eine ſo ſchwere Arbeit, zumal bei einer Ankunft, abnehmen kann. Laſſe Odilie, welche durch Neuheit und Jahrzeit Zerſtreuungen genug 35 haben kann, nicht die theuern und unnützen des Theaters ſuchen. 11 Jean Paul Briefe. VIII.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/168>, abgerufen am 01.11.2024.