Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgemeine
der Handgriffe, erlernt werden: und erfo-
dern daher eigene Geschicklichkeiten. Jn bei-
den Fällen verdient der Arbeiter den Namen
eines Künstlers, und sein Gewerb ist
Kunst.

§. 231. Hingegen haben die Handwerker
nur eine gewisse Anzahl solcher Heischesäze,
die dem schlichten Verstande begreiflich, und
deren Ausübung durch Erlernung der Hand-
griffe keine vorzügliche Geschicklichkeit erfo-
dert. Es ist also klar, daß die Künste Men-
schen von höherer Fähigkeit und Cultur erhei-
schen als die Handwerker, und daher den-
selben der Vorzug von Rechts wegen gebühre.

§. 232. Die ganze Kette der Kunstgewer-
be fängt mit der geringsten Handarbeit an,
und endigt sich mit dem grösten Kunstwerke.
Jn so weit nun ein Handwerk Geheimnisse und
schwere Kunstgriffe enthält, ist es auch Kunst.
Und in so weit eine jede Kunst sich mit der
Hand bearbeiten läßt, ist sie Handwerk. Da
nun vom Vornehmsten die Benennung ge-
schehen soll, so kann man die Handwerker
und Künste zusammen Kunstgewerbe oder
Kunstwirthschaft nennen.

§. 233.

Allgemeine
der Handgriffe, erlernt werden: und erfo-
dern daher eigene Geſchicklichkeiten. Jn bei-
den Faͤllen verdient der Arbeiter den Namen
eines Kuͤnſtlers, und ſein Gewerb iſt
Kunſt.

§. 231. Hingegen haben die Handwerker
nur eine gewiſſe Anzahl ſolcher Heiſcheſaͤze,
die dem ſchlichten Verſtande begreiflich, und
deren Ausuͤbung durch Erlernung der Hand-
griffe keine vorzuͤgliche Geſchicklichkeit erfo-
dert. Es iſt alſo klar, daß die Kuͤnſte Men-
ſchen von hoͤherer Faͤhigkeit und Cultur erhei-
ſchen als die Handwerker, und daher den-
ſelben der Vorzug von Rechts wegen gebuͤhre.

§. 232. Die ganze Kette der Kunſtgewer-
be faͤngt mit der geringſten Handarbeit an,
und endigt ſich mit dem groͤſten Kunſtwerke.
Jn ſo weit nun ein Handwerk Geheimniſſe und
ſchwere Kunſtgriffe enthaͤlt, iſt es auch Kunſt.
Und in ſo weit eine jede Kunſt ſich mit der
Hand bearbeiten laͤßt, iſt ſie Handwerk. Da
nun vom Vornehmſten die Benennung ge-
ſchehen ſoll, ſo kann man die Handwerker
und Kuͤnſte zuſammen Kunſtgewerbe oder
Kunſtwirthſchaft nennen.

§. 233.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0134" n="114"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine</hi></fw><lb/>
der Handgriffe, erlernt werden: und erfo-<lb/>
dern daher eigene Ge&#x017F;chicklichkeiten. Jn bei-<lb/>
den Fa&#x0364;llen verdient der Arbeiter den Namen<lb/>
eines <hi rendition="#fr">Ku&#x0364;n&#x017F;tlers,</hi> und &#x017F;ein Gewerb i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#fr">Kun&#x017F;t.</hi></p><lb/>
            <p>§. 231. Hingegen haben die Handwerker<lb/>
nur eine gewi&#x017F;&#x017F;e Anzahl &#x017F;olcher Hei&#x017F;che&#x017F;a&#x0364;ze,<lb/>
die dem &#x017F;chlichten Ver&#x017F;tande begreiflich, und<lb/>
deren Ausu&#x0364;bung durch Erlernung der Hand-<lb/>
griffe keine vorzu&#x0364;gliche Ge&#x017F;chicklichkeit erfo-<lb/>
dert. Es i&#x017F;t al&#x017F;o klar, daß die Ku&#x0364;n&#x017F;te Men-<lb/>
&#x017F;chen von ho&#x0364;herer Fa&#x0364;higkeit und Cultur erhei-<lb/>
&#x017F;chen als die Handwerker, und daher den-<lb/>
&#x017F;elben der Vorzug von Rechts wegen gebu&#x0364;hre.</p><lb/>
            <p>§. 232. Die ganze Kette der Kun&#x017F;tgewer-<lb/>
be fa&#x0364;ngt mit der gering&#x017F;ten Handarbeit an,<lb/>
und endigt &#x017F;ich mit dem gro&#x0364;&#x017F;ten Kun&#x017F;twerke.<lb/>
Jn &#x017F;o weit nun ein Handwerk Geheimni&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;chwere Kun&#x017F;tgriffe entha&#x0364;lt, i&#x017F;t es auch Kun&#x017F;t.<lb/>
Und in &#x017F;o weit eine jede Kun&#x017F;t &#x017F;ich mit der<lb/>
Hand bearbeiten la&#x0364;ßt, i&#x017F;t &#x017F;ie Handwerk. Da<lb/>
nun vom Vornehm&#x017F;ten die Benennung ge-<lb/>
&#x017F;chehen &#x017F;oll, &#x017F;o kann man die Handwerker<lb/>
und Ku&#x0364;n&#x017F;te zu&#x017F;ammen <hi rendition="#fr">Kun&#x017F;tgewerbe</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">Kun&#x017F;twirth&#x017F;chaft</hi> nennen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 233.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0134] Allgemeine der Handgriffe, erlernt werden: und erfo- dern daher eigene Geſchicklichkeiten. Jn bei- den Faͤllen verdient der Arbeiter den Namen eines Kuͤnſtlers, und ſein Gewerb iſt Kunſt. §. 231. Hingegen haben die Handwerker nur eine gewiſſe Anzahl ſolcher Heiſcheſaͤze, die dem ſchlichten Verſtande begreiflich, und deren Ausuͤbung durch Erlernung der Hand- griffe keine vorzuͤgliche Geſchicklichkeit erfo- dert. Es iſt alſo klar, daß die Kuͤnſte Men- ſchen von hoͤherer Faͤhigkeit und Cultur erhei- ſchen als die Handwerker, und daher den- ſelben der Vorzug von Rechts wegen gebuͤhre. §. 232. Die ganze Kette der Kunſtgewer- be faͤngt mit der geringſten Handarbeit an, und endigt ſich mit dem groͤſten Kunſtwerke. Jn ſo weit nun ein Handwerk Geheimniſſe und ſchwere Kunſtgriffe enthaͤlt, iſt es auch Kunſt. Und in ſo weit eine jede Kunſt ſich mit der Hand bearbeiten laͤßt, iſt ſie Handwerk. Da nun vom Vornehmſten die Benennung ge- ſchehen ſoll, ſo kann man die Handwerker und Kuͤnſte zuſammen Kunſtgewerbe oder Kunſtwirthſchaft nennen. §. 233.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/134
Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/134>, abgerufen am 29.04.2024.