selben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe verzeichnete. Freylich müssen bey diesen Beobachtun- gen verschiedene Umstände in genauen Betracht gezo- gen werden. Man müßte nicht allein die Höhe und den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be- merken; sondern man müßte auch zugleich diese Beob- achtungen nach dem Lauf des Monden, sowohl über- haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob- acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann, daß diese Umstände bey der Ebbe und Fluth des Mee- res einen großen Einfluß haben.
Eine solche Abnahme und Verminderung des Mee- res ist auch in Europa in mehrern Ländern beobachtet worden, und durch die augenscheinlichsten Beweise ganz außer Zweifel gesetzt. Es ereignet sich dieses in- sonderheit in Jtalien. Viele Städte, von welchen wir aus denen römischen Geschichtschreibern wissen, daß sie damahls an dem Meere gelegen gewesen sind, und gute Seehäfen gehabt haben, befinden sich jetzo eine halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man sagen, daß die jetzigen Städte nicht eben auf denjeni- gen Platz bey so vielen Zerstöhrungen und Verwüstun- gen, die in Jtalien durch die häufigen Kriege vorge- gangen sind, wieder erbauet worden wären, wo eben diese Städte gleiches Nahmens bey denen Römern ge- standen haben; so ist ein solcher Einwurf zwar leicht vorzubringen, aber schwehr zu erweisen. Bey allen Zerstöhrungen und Verwüstungen der Städte blei- bet dennoch immer vor die Einwohner viel übrig, das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und
nutzbar
VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert
ſelben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe verzeichnete. Freylich muͤſſen bey dieſen Beobachtun- gen verſchiedene Umſtaͤnde in genauen Betracht gezo- gen werden. Man muͤßte nicht allein die Hoͤhe und den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be- merken; ſondern man muͤßte auch zugleich dieſe Beob- achtungen nach dem Lauf des Monden, ſowohl uͤber- haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob- acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann, daß dieſe Umſtaͤnde bey der Ebbe und Fluth des Mee- res einen großen Einfluß haben.
Eine ſolche Abnahme und Verminderung des Mee- res iſt auch in Europa in mehrern Laͤndern beobachtet worden, und durch die augenſcheinlichſten Beweiſe ganz außer Zweifel geſetzt. Es ereignet ſich dieſes in- ſonderheit in Jtalien. Viele Staͤdte, von welchen wir aus denen roͤmiſchen Geſchichtſchreibern wiſſen, daß ſie damahls an dem Meere gelegen geweſen ſind, und gute Seehaͤfen gehabt haben, befinden ſich jetzo eine halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man ſagen, daß die jetzigen Staͤdte nicht eben auf denjeni- gen Platz bey ſo vielen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtun- gen, die in Jtalien durch die haͤufigen Kriege vorge- gangen ſind, wieder erbauet worden waͤren, wo eben dieſe Staͤdte gleiches Nahmens bey denen Roͤmern ge- ſtanden haben; ſo iſt ein ſolcher Einwurf zwar leicht vorzubringen, aber ſchwehr zu erweiſen. Bey allen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtungen der Staͤdte blei- bet dennoch immer vor die Einwohner viel uͤbrig, das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und
nutzbar
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VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert
ſelben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe
verzeichnete. Freylich muͤſſen bey dieſen Beobachtun-
gen verſchiedene Umſtaͤnde in genauen Betracht gezo-
gen werden. Man muͤßte nicht allein die Hoͤhe und
den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be-
merken; ſondern man muͤßte auch zugleich dieſe Beob-
achtungen nach dem Lauf des Monden, ſowohl uͤber-
haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob-
acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann,
daß dieſe Umſtaͤnde bey der Ebbe und Fluth des Mee-
res einen großen Einfluß haben.
Eine ſolche Abnahme und Verminderung des Mee-
res iſt auch in Europa in mehrern Laͤndern beobachtet
worden, und durch die augenſcheinlichſten Beweiſe
ganz außer Zweifel geſetzt. Es ereignet ſich dieſes in-
ſonderheit in Jtalien. Viele Staͤdte, von welchen
wir aus denen roͤmiſchen Geſchichtſchreibern wiſſen, daß
ſie damahls an dem Meere gelegen geweſen ſind, und
gute Seehaͤfen gehabt haben, befinden ſich jetzo eine
halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man
ſagen, daß die jetzigen Staͤdte nicht eben auf denjeni-
gen Platz bey ſo vielen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtun-
gen, die in Jtalien durch die haͤufigen Kriege vorge-
gangen ſind, wieder erbauet worden waͤren, wo eben
dieſe Staͤdte gleiches Nahmens bey denen Roͤmern ge-
ſtanden haben; ſo iſt ein ſolcher Einwurf zwar leicht
vorzubringen, aber ſchwehr zu erweiſen. Bey allen
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bet dennoch immer vor die Einwohner viel uͤbrig,
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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/242>, abgerufen am 16.06.2024.
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