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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Zeit bestehen also nicht aus einfachen Theilen. Was nur
zum Zustande einer Substanz gehöret, ob es gleich eine
Grösse hat, (z. B. die Veränderung), besteht auch nicht
aus dem Einfachen, d. i. ein gewisser Grad der Verände-
rung entsteht nicht durch einen Anwachs vieler einfachen
Veränderungen. Unser Schluß vom Zusammengesezten
auf das Einfache gilt nur von vor sich selbst bestehenden
Dingen. Accidenzen aber des Zustandes bestehen nicht
vor sich selbst. Man kan also den Beweis vor die Noth-
wendigkeit des Einfachen, als dem Bestandtheile alles Sub-
stanziellen-Zusammengesezten, und dadurch überhaupt sei-
ne Sache leichtlich dadurch verderben, wenn man ihn zu
weit ausdehnt und ihn vor alles Zusammengesezte ohne
Unterschied geltend machen will, wie es wirklich mehrmah-
len schon geschehen ist.

Ich rede übrigens hier nur von dem Einfachen, so
fern es nothwendig im Zusammengesezten gegeben ist, in-
dem dieses darin, als in seine Bestandtheile aufgelöset
werden kan. Die eigentliche Bedeutung des Wortes Mo-

nas

Zeit beſtehen alſo nicht aus einfachen Theilen. Was nur
zum Zuſtande einer Subſtanz gehoͤret, ob es gleich eine
Groͤſſe hat, (z. B. die Veraͤnderung), beſteht auch nicht
aus dem Einfachen, d. i. ein gewiſſer Grad der Veraͤnde-
rung entſteht nicht durch einen Anwachs vieler einfachen
Veraͤnderungen. Unſer Schluß vom Zuſammengeſezten
auf das Einfache gilt nur von vor ſich ſelbſt beſtehenden
Dingen. Accidenzen aber des Zuſtandes beſtehen nicht
vor ſich ſelbſt. Man kan alſo den Beweis vor die Noth-
wendigkeit des Einfachen, als dem Beſtandtheile alles Sub-
ſtanziellen-Zuſammengeſezten, und dadurch uͤberhaupt ſei-
ne Sache leichtlich dadurch verderben, wenn man ihn zu
weit ausdehnt und ihn vor alles Zuſammengeſezte ohne
Unterſchied geltend machen will, wie es wirklich mehrmah-
len ſchon geſchehen iſt.

Ich rede uͤbrigens hier nur von dem Einfachen, ſo
fern es nothwendig im Zuſammengeſezten gegeben iſt, in-
dem dieſes darin, als in ſeine Beſtandtheile aufgeloͤſet
werden kan. Die eigentliche Bedeutung des Wortes Mo-

nas
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[[440]/0470] Zeit beſtehen alſo nicht aus einfachen Theilen. Was nur zum Zuſtande einer Subſtanz gehoͤret, ob es gleich eine Groͤſſe hat, (z. B. die Veraͤnderung), beſteht auch nicht aus dem Einfachen, d. i. ein gewiſſer Grad der Veraͤnde- rung entſteht nicht durch einen Anwachs vieler einfachen Veraͤnderungen. Unſer Schluß vom Zuſammengeſezten auf das Einfache gilt nur von vor ſich ſelbſt beſtehenden Dingen. Accidenzen aber des Zuſtandes beſtehen nicht vor ſich ſelbſt. Man kan alſo den Beweis vor die Noth- wendigkeit des Einfachen, als dem Beſtandtheile alles Sub- ſtanziellen-Zuſammengeſezten, und dadurch uͤberhaupt ſei- ne Sache leichtlich dadurch verderben, wenn man ihn zu weit ausdehnt und ihn vor alles Zuſammengeſezte ohne Unterſchied geltend machen will, wie es wirklich mehrmah- len ſchon geſchehen iſt. Ich rede uͤbrigens hier nur von dem Einfachen, ſo fern es nothwendig im Zuſammengeſezten gegeben iſt, in- dem dieſes darin, als in ſeine Beſtandtheile aufgeloͤſet werden kan. Die eigentliche Bedeutung des Wortes Mo- nas

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. [440]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/470>, abgerufen am 29.04.2024.