Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Ziehn Ungewitter sich zusammen --
Gedenke stets an meinen Rath,
Nie wieder eine Stadt deswegen zu verdammen,
Weil der und jener nicht nach Deiner Hoffnung that,
Und weil nicht tausend Hände lärmen
Beim Auf- und Abtritt in dem Spiel.
Wer wird sich um den Schall des Lobgeklatsches
härmen!
Hast Du der Kenner fein Gefühl
Der klugen Leute Ruhm erstrebet,
Was frägst Du nach des Pöbels Preis,
Der seine Stimme laut erhebet
Und nicht den Grund zu sagen weiß,
Warum er klatscht und bravo schreyet,
Warum er kalt ist, oder heiß,
Warum er sich betrübt, kränkt, ärgert und erfreuet --

Sey über Viel hinweg, verdopple Deinen Fleiß,
Verfeinre Deine Kunst, und reiße keine Possen
Zum Lachen für die Gallerie.
Leg alles ab, was mich verdrossen;
Es kostet Dich ja keine Müh
Dem Pfade der Natur beständig treu zu bleiben,
Mit guter Art ihr nachzugehn;
Wie wird es mich erfreun, wenn große Richter
schreiben:

Ziehn Ungewitter ſich zuſammen —
Gedenke ſtets an meinen Rath,
Nie wieder eine Stadt deswegen zu verdammen,
Weil der und jener nicht nach Deiner Hoffnung that,
Und weil nicht tauſend Haͤnde laͤrmen
Beim Auf- und Abtritt in dem Spiel.
Wer wird ſich um den Schall des Lobgeklatſches
haͤrmen!
Haſt Du der Kenner fein Gefuͤhl
Der klugen Leute Ruhm erſtrebet,
Was fraͤgſt Du nach des Poͤbels Preis,
Der ſeine Stimme laut erhebet
Und nicht den Grund zu ſagen weiß,
Warum er klatſcht und bravo ſchreyet,
Warum er kalt iſt, oder heiß,
Warum er ſich betruͤbt, kraͤnkt, aͤrgert und erfreuet —

Sey uͤber Viel hinweg, verdopple Deinen Fleiß,
Verfeinre Deine Kunſt, und reiße keine Poſſen
Zum Lachen fuͤr die Gallerie.
Leg alles ab, was mich verdroſſen;
Es koſtet Dich ja keine Muͤh
Dem Pfade der Natur beſtaͤndig treu zu bleiben,
Mit guter Art ihr nachzugehn;
Wie wird es mich erfreun, wenn große Richter
ſchreiben:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <pb facs="#f0335" n="175"/>
                <l>Ziehn Ungewitter &#x017F;ich zu&#x017F;ammen &#x2014;</l><lb/>
                <l>Gedenke &#x017F;tets an meinen Rath,</l><lb/>
                <l>Nie wieder eine Stadt deswegen zu verdammen,</l><lb/>
                <l>Weil der und jener nicht nach Deiner Hoffnung that,</l><lb/>
                <l>Und weil nicht tau&#x017F;end Ha&#x0364;nde la&#x0364;rmen</l><lb/>
                <l>Beim Auf- und Abtritt in dem Spiel.</l><lb/>
                <l>Wer wird &#x017F;ich um den Schall des Lobgeklat&#x017F;ches</l><lb/>
                <l>ha&#x0364;rmen!</l><lb/>
                <l>Ha&#x017F;t Du der Kenner fein Gefu&#x0364;hl</l><lb/>
                <l>Der klugen Leute Ruhm er&#x017F;trebet,</l><lb/>
                <l>Was fra&#x0364;g&#x017F;t Du nach des Po&#x0364;bels Preis,</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;eine Stimme laut erhebet</l><lb/>
                <l>Und nicht den Grund zu &#x017F;agen weiß,</l><lb/>
                <l>Warum er klat&#x017F;cht und bravo &#x017F;chreyet,</l><lb/>
                <l>Warum er kalt i&#x017F;t, oder heiß,</l><lb/>
                <l>Warum er &#x017F;ich betru&#x0364;bt, kra&#x0364;nkt, a&#x0364;rgert und erfreuet &#x2014;</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Sey u&#x0364;ber Viel hinweg, verdopple Deinen Fleiß,</l><lb/>
                <l>Verfeinre Deine Kun&#x017F;t, und reiße keine Po&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
                <l>Zum Lachen fu&#x0364;r die Gallerie.</l><lb/>
                <l>Leg alles ab, was mich verdro&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
                <l>Es ko&#x017F;tet Dich ja keine Mu&#x0364;h</l><lb/>
                <l>Dem Pfade der Natur be&#x017F;ta&#x0364;ndig treu zu bleiben,</l><lb/>
                <l>Mit guter Art ihr nachzugehn;</l><lb/>
                <l>Wie wird es mich erfreun, wenn große Richter</l><lb/>
                <l>&#x017F;chreiben:</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0335] Ziehn Ungewitter ſich zuſammen — Gedenke ſtets an meinen Rath, Nie wieder eine Stadt deswegen zu verdammen, Weil der und jener nicht nach Deiner Hoffnung that, Und weil nicht tauſend Haͤnde laͤrmen Beim Auf- und Abtritt in dem Spiel. Wer wird ſich um den Schall des Lobgeklatſches haͤrmen! Haſt Du der Kenner fein Gefuͤhl Der klugen Leute Ruhm erſtrebet, Was fraͤgſt Du nach des Poͤbels Preis, Der ſeine Stimme laut erhebet Und nicht den Grund zu ſagen weiß, Warum er klatſcht und bravo ſchreyet, Warum er kalt iſt, oder heiß, Warum er ſich betruͤbt, kraͤnkt, aͤrgert und erfreuet — Sey uͤber Viel hinweg, verdopple Deinen Fleiß, Verfeinre Deine Kunſt, und reiße keine Poſſen Zum Lachen fuͤr die Gallerie. Leg alles ab, was mich verdroſſen; Es koſtet Dich ja keine Muͤh Dem Pfade der Natur beſtaͤndig treu zu bleiben, Mit guter Art ihr nachzugehn; Wie wird es mich erfreun, wenn große Richter ſchreiben:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/335
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/335>, abgerufen am 03.05.2024.