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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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wirkliche kleine Bübchen; aber der kleine Berg¬
geist, welcher vorn auf dem Wagen stand, ein
strahlendes Grubenlicht auf dem Köpfchen, den
Hammer in der Hand, war ein kaum drei Span¬
nen hoher, ausgewachsener Künstler, aber dennoch
ebenmäßig fein gebaut, mit männlich schönem
Gesichtchen, wundervollen blauen Augen und blon¬
dem Zwickelbart; das kleine Wesen, einem Zau¬
bermährchen gleichend, war nichts weniger als
eine bloße Seltsamkeit, vielmehr ein wohlbewu߬
ter und rühmlicher Maler.

Hinter dem Bergkönig auf demselben Wagen
schlug der Prägemeister aus Silber und blankem
Kupfer (statt des Goldes) kleine Denkmünzen auf
das Fest; ein Drache speiete sie in ein klingendes
Becken und sie diesem entnehmend, warfen zwei
Pagen "Gold" und "Silber", die schimmern¬
den Münzen, unter das schauende Volk.

Ganz zuletzt und einsam schlich der Narr
Gülichisch her, traurig und achselzuckend den ge¬
leerten Beutel schüttelnd, umkehrend und rings
umher zeigend. Es war aber noch nicht ernst
gemeint mit diesem Bedauern; denn dem nach¬

wirkliche kleine Buͤbchen; aber der kleine Berg¬
geiſt, welcher vorn auf dem Wagen ſtand, ein
ſtrahlendes Grubenlicht auf dem Koͤpfchen, den
Hammer in der Hand, war ein kaum drei Span¬
nen hoher, ausgewachſener Kuͤnſtler, aber dennoch
ebenmaͤßig fein gebaut, mit maͤnnlich ſchoͤnem
Geſichtchen, wundervollen blauen Augen und blon¬
dem Zwickelbart; das kleine Weſen, einem Zau¬
bermaͤhrchen gleichend, war nichts weniger als
eine bloße Seltſamkeit, vielmehr ein wohlbewu߬
ter und ruͤhmlicher Maler.

Hinter dem Bergkoͤnig auf demſelben Wagen
ſchlug der Praͤgemeiſter aus Silber und blankem
Kupfer (ſtatt des Goldes) kleine Denkmuͤnzen auf
das Feſt; ein Drache ſpeiete ſie in ein klingendes
Becken und ſie dieſem entnehmend, warfen zwei
Pagen »Gold« und »Silber«, die ſchimmern¬
den Muͤnzen, unter das ſchauende Volk.

Ganz zuletzt und einſam ſchlich der Narr
Guͤlichiſch her, traurig und achſelzuckend den ge¬
leerten Beutel ſchuͤttelnd, umkehrend und rings
umher zeigend. Es war aber noch nicht ernſt
gemeint mit dieſem Bedauern; denn dem nach¬

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[279/0289] wirkliche kleine Buͤbchen; aber der kleine Berg¬ geiſt, welcher vorn auf dem Wagen ſtand, ein ſtrahlendes Grubenlicht auf dem Koͤpfchen, den Hammer in der Hand, war ein kaum drei Span¬ nen hoher, ausgewachſener Kuͤnſtler, aber dennoch ebenmaͤßig fein gebaut, mit maͤnnlich ſchoͤnem Geſichtchen, wundervollen blauen Augen und blon¬ dem Zwickelbart; das kleine Weſen, einem Zau¬ bermaͤhrchen gleichend, war nichts weniger als eine bloße Seltſamkeit, vielmehr ein wohlbewu߬ ter und ruͤhmlicher Maler. Hinter dem Bergkoͤnig auf demſelben Wagen ſchlug der Praͤgemeiſter aus Silber und blankem Kupfer (ſtatt des Goldes) kleine Denkmuͤnzen auf das Feſt; ein Drache ſpeiete ſie in ein klingendes Becken und ſie dieſem entnehmend, warfen zwei Pagen »Gold« und »Silber«, die ſchimmern¬ den Muͤnzen, unter das ſchauende Volk. Ganz zuletzt und einſam ſchlich der Narr Guͤlichiſch her, traurig und achſelzuckend den ge¬ leerten Beutel ſchuͤttelnd, umkehrend und rings umher zeigend. Es war aber noch nicht ernſt gemeint mit dieſem Bedauern; denn dem nach¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/289>, abgerufen am 12.05.2024.