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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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bessert, mußte es ihm jetzt nicht einfallen mit¬
zugehen. Aber siehe da! Fritz erschien unver¬
sehens, als sie ihn bei seinen Geschäften glaubte,
im Hause, bürstete seine starken Werkeltagskleider
wohl aus, und steckte die Bürste nebst anderen
Ausrüstungsgegenständen und einiger Wäsche in
eine Reisetasche, welche er umhing, kreuzweis
mit der wohlgefüllten Patrontasche, und ergriff
abermals sein Gewehr und senkte es zum Ge¬
hen, nachdem er mit dem Daumen einige Male
den Hahn hin und hergezogen, um die Feder¬
kraft des Schlosses zu erproben.

"Diesmal," sagte er, "wollen wir die Sache
anders angreifen, adieu!" und so zog er ab,
ungehindert von der Mutter, welcher es aber¬
mals unmöglich war, ihn von seinem Thun ab¬
zuhalten, da sie wohl sah, daß es ihm Ernst
war. Um so besorgter war sie jetzt plötzlich
und sie erbleichte einen Augenblick lang, während
sie abermals mit Wohlgefallen seine Entschlossen¬
heit bemerkte. Die Seldwyler Schaar kehrte
am nächsten Tage ganz in der alten Weise zurück,
ohne noch zu wissen, wie es auf dem Kampf¬
platze ergangen; denn da sie die Grenze ein

beſſert, mußte es ihm jetzt nicht einfallen mit¬
zugehen. Aber ſiehe da! Fritz erſchien unver¬
ſehens, als ſie ihn bei ſeinen Geſchäften glaubte,
im Hauſe, bürſtete ſeine ſtarken Werkeltagskleider
wohl aus, und ſteckte die Bürſte nebſt anderen
Ausrüſtungsgegenſtänden und einiger Wäſche in
eine Reiſetaſche, welche er umhing, kreuzweis
mit der wohlgefüllten Patrontaſche, und ergriff
abermals ſein Gewehr und ſenkte es zum Ge¬
hen, nachdem er mit dem Daumen einige Male
den Hahn hin und hergezogen, um die Feder¬
kraft des Schloſſes zu erproben.

»Diesmal,« ſagte er, »wollen wir die Sache
anders angreifen, adieu!« und ſo zog er ab,
ungehindert von der Mutter, welcher es aber¬
mals unmöglich war, ihn von ſeinem Thun ab¬
zuhalten, da ſie wohl ſah, daß es ihm Ernſt
war. Um ſo beſorgter war ſie jetzt plötzlich
und ſie erbleichte einen Augenblick lang, während
ſie abermals mit Wohlgefallen ſeine Entſchloſſen¬
heit bemerkte. Die Seldwyler Schaar kehrte
am nächſten Tage ganz in der alten Weiſe zurück,
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[166/0178] beſſert, mußte es ihm jetzt nicht einfallen mit¬ zugehen. Aber ſiehe da! Fritz erſchien unver¬ ſehens, als ſie ihn bei ſeinen Geſchäften glaubte, im Hauſe, bürſtete ſeine ſtarken Werkeltagskleider wohl aus, und ſteckte die Bürſte nebſt anderen Ausrüſtungsgegenſtänden und einiger Wäſche in eine Reiſetaſche, welche er umhing, kreuzweis mit der wohlgefüllten Patrontaſche, und ergriff abermals ſein Gewehr und ſenkte es zum Ge¬ hen, nachdem er mit dem Daumen einige Male den Hahn hin und hergezogen, um die Feder¬ kraft des Schloſſes zu erproben. »Diesmal,« ſagte er, »wollen wir die Sache anders angreifen, adieu!« und ſo zog er ab, ungehindert von der Mutter, welcher es aber¬ mals unmöglich war, ihn von ſeinem Thun ab¬ zuhalten, da ſie wohl ſah, daß es ihm Ernſt war. Um ſo beſorgter war ſie jetzt plötzlich und ſie erbleichte einen Augenblick lang, während ſie abermals mit Wohlgefallen ſeine Entſchloſſen¬ heit bemerkte. Die Seldwyler Schaar kehrte am nächſten Tage ganz in der alten Weiſe zurück, ohne noch zu wiſſen, wie es auf dem Kampf¬ platze ergangen; denn da ſie die Grenze ein

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/178>, abgerufen am 29.04.2024.