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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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hübsches Söhnchen besaß, war er zwar immer
wohlgemuth, aber um so ernsthafter und gemes¬
sener in seinen fleißigen Geschäften, als seine
Frau lustig, voll Gelächter und guter Dinge
war; denn es gefiel ihr über die Maßen in
diesem Hause und sie kam vortrefflich mit ihrer
Schwiegermutter aus, obgleich sie von dieser ver¬
schieden und wieder eine andere Art von gutem
Charakter war.

So schien nun das Erziehungswerk der Frau
Regula auf das beste gekrönt und der Zukunft
mit Ruhe entgegen zu sehen; denn auch die
beiden älteren Söhne, welche zwar trägen We¬
sens aber sonst gutartig waren, hatte sie hinter
dem wackeren Fritz her leidlich durchgeschleppt
und als dieselben herangewachsen, die Vorsicht
gebraucht, sie in anderen Städten in die Lehre
zu geben, wo sie denn auch blieben und ihr
ferneres Leben begründeten als ziemlich bequem¬
liche aber sonst ordentliche Menschen, von denen
nachher so wenig zu sagen war, wie vorher.

Fritz aber, da er bereits ein würdiger Fa¬
milienvater war, mußte doch noch ein Mal in die
Schule genommen werden von der Mutter, und

hübſches Söhnchen beſaß, war er zwar immer
wohlgemuth, aber um ſo ernſthafter und gemeſ¬
ſener in ſeinen fleißigen Geſchäften, als ſeine
Frau luſtig, voll Gelächter und guter Dinge
war; denn es gefiel ihr über die Maßen in
dieſem Hauſe und ſie kam vortrefflich mit ihrer
Schwiegermutter aus, obgleich ſie von dieſer ver¬
ſchieden und wieder eine andere Art von gutem
Charakter war.

So ſchien nun das Erziehungswerk der Frau
Regula auf das beſte gekrönt und der Zukunft
mit Ruhe entgegen zu ſehen; denn auch die
beiden älteren Söhne, welche zwar trägen We¬
ſens aber ſonſt gutartig waren, hatte ſie hinter
dem wackeren Fritz her leidlich durchgeſchleppt
und als dieſelben herangewachſen, die Vorſicht
gebraucht, ſie in anderen Städten in die Lehre
zu geben, wo ſie denn auch blieben und ihr
ferneres Leben begründeten als ziemlich bequem¬
liche aber ſonſt ordentliche Menſchen, von denen
nachher ſo wenig zu ſagen war, wie vorher.

Fritz aber, da er bereits ein würdiger Fa¬
milienvater war, mußte doch noch ein Mal in die
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[182/0194] hübſches Söhnchen beſaß, war er zwar immer wohlgemuth, aber um ſo ernſthafter und gemeſ¬ ſener in ſeinen fleißigen Geſchäften, als ſeine Frau luſtig, voll Gelächter und guter Dinge war; denn es gefiel ihr über die Maßen in dieſem Hauſe und ſie kam vortrefflich mit ihrer Schwiegermutter aus, obgleich ſie von dieſer ver¬ ſchieden und wieder eine andere Art von gutem Charakter war. So ſchien nun das Erziehungswerk der Frau Regula auf das beſte gekrönt und der Zukunft mit Ruhe entgegen zu ſehen; denn auch die beiden älteren Söhne, welche zwar trägen We¬ ſens aber ſonſt gutartig waren, hatte ſie hinter dem wackeren Fritz her leidlich durchgeſchleppt und als dieſelben herangewachſen, die Vorſicht gebraucht, ſie in anderen Städten in die Lehre zu geben, wo ſie denn auch blieben und ihr ferneres Leben begründeten als ziemlich bequem¬ liche aber ſonſt ordentliche Menſchen, von denen nachher ſo wenig zu ſagen war, wie vorher. Fritz aber, da er bereits ein würdiger Fa¬ milienvater war, mußte doch noch ein Mal in die Schule genommen werden von der Mutter, und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/194>, abgerufen am 29.04.2024.