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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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gut bemerkte, mit welchem auch dieser Dienstbote ihm
gehorchte. In der That waren sie kaum einhundert
Schritte auf dem Bergpasse davon geritten, so ertönte
eine schrille Pfeife aus dem Thurmfenster; der Knecht
hielt erst eine Weile still, wandte dann sein Pferd und
sprengte verhängten Zügels in die Burg zurück.

Steh'n wir so? sagte Don Correa bei sich selbst, als
er die Flucht des Burschen bemerkte. Anstatt denselben
zu verfolgen, setzte er aber seinen Weg fort, da er sich
lieber allein behelfen als solchen Dienern anvertrauen
wollte. Im Uebrigen belustigte ihn die Sache eher, als
sie ihn ärgerte, und fast bedünkte es ihn, es sei kurz¬
weiliger, ein Weibchen zu besitzen, wo sich ein bischen
Pfeffer und Salz daran finde, statt lauter Honig.

Die Angelegenheit in Lissabon erledigte sich nach
Wunsch. Er wurde zum Vice-Admiral ernannt und
Jedermann wollte, da er jetzt öffentlich auftrat, sein
bester Freund sein. Doch rüstete er sich sofort zur Ab¬
reise, da er von der Regierung den Auftrag hatte, mit
drei großen Kriegsschiffen nach Brasilien zu gehen und
die dortigen Geschäfte vor der Hand zu übernehmen.

Das Admiralschiff ließ er zur Aufnahme einer
vornehmen Dame einrichten und aus seinem Familien¬
palaste jede Bequemlichkeit und stattliches Geräthe hin¬
tragen. Auch kostbare Geschenke aller Art kaufte er ein,
welche er der Gemahlin bei ihrer Ankunft auf dem Schiffe
zu überreichen und so das von ihr Empfangene reichlich

gut bemerkte, mit welchem auch dieſer Dienſtbote ihm
gehorchte. In der That waren ſie kaum einhundert
Schritte auf dem Bergpaſſe davon geritten, ſo ertönte
eine ſchrille Pfeife aus dem Thurmfenſter; der Knecht
hielt erſt eine Weile ſtill, wandte dann ſein Pferd und
ſprengte verhängten Zügels in die Burg zurück.

Steh'n wir ſo? ſagte Don Correa bei ſich ſelbſt, als
er die Flucht des Burſchen bemerkte. Anſtatt denſelben
zu verfolgen, ſetzte er aber ſeinen Weg fort, da er ſich
lieber allein behelfen als ſolchen Dienern anvertrauen
wollte. Im Uebrigen beluſtigte ihn die Sache eher, als
ſie ihn ärgerte, und faſt bedünkte es ihn, es ſei kurz¬
weiliger, ein Weibchen zu beſitzen, wo ſich ein bischen
Pfeffer und Salz daran finde, ſtatt lauter Honig.

Die Angelegenheit in Liſſabon erledigte ſich nach
Wunſch. Er wurde zum Vice-Admiral ernannt und
Jedermann wollte, da er jetzt öffentlich auftrat, ſein
beſter Freund ſein. Doch rüſtete er ſich ſofort zur Ab¬
reiſe, da er von der Regierung den Auftrag hatte, mit
drei großen Kriegsſchiffen nach Braſilien zu gehen und
die dortigen Geſchäfte vor der Hand zu übernehmen.

Das Admiralſchiff ließ er zur Aufnahme einer
vornehmen Dame einrichten und aus ſeinem Familien¬
palaſte jede Bequemlichkeit und ſtattliches Geräthe hin¬
tragen. Auch koſtbare Geſchenke aller Art kaufte er ein,
welche er der Gemahlin bei ihrer Ankunft auf dem Schiffe
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[284/0294] gut bemerkte, mit welchem auch dieſer Dienſtbote ihm gehorchte. In der That waren ſie kaum einhundert Schritte auf dem Bergpaſſe davon geritten, ſo ertönte eine ſchrille Pfeife aus dem Thurmfenſter; der Knecht hielt erſt eine Weile ſtill, wandte dann ſein Pferd und ſprengte verhängten Zügels in die Burg zurück. Steh'n wir ſo? ſagte Don Correa bei ſich ſelbſt, als er die Flucht des Burſchen bemerkte. Anſtatt denſelben zu verfolgen, ſetzte er aber ſeinen Weg fort, da er ſich lieber allein behelfen als ſolchen Dienern anvertrauen wollte. Im Uebrigen beluſtigte ihn die Sache eher, als ſie ihn ärgerte, und faſt bedünkte es ihn, es ſei kurz¬ weiliger, ein Weibchen zu beſitzen, wo ſich ein bischen Pfeffer und Salz daran finde, ſtatt lauter Honig. Die Angelegenheit in Liſſabon erledigte ſich nach Wunſch. Er wurde zum Vice-Admiral ernannt und Jedermann wollte, da er jetzt öffentlich auftrat, ſein beſter Freund ſein. Doch rüſtete er ſich ſofort zur Ab¬ reiſe, da er von der Regierung den Auftrag hatte, mit drei großen Kriegsſchiffen nach Braſilien zu gehen und die dortigen Geſchäfte vor der Hand zu übernehmen. Das Admiralſchiff ließ er zur Aufnahme einer vornehmen Dame einrichten und aus ſeinem Familien¬ palaſte jede Bequemlichkeit und ſtattliches Geräthe hin¬ tragen. Auch koſtbare Geſchenke aller Art kaufte er ein, welche er der Gemahlin bei ihrer Ankunft auf dem Schiffe zu überreichen und ſo das von ihr Empfangene reichlich

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/294>, abgerufen am 15.05.2024.