Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
IV. Abtheilung.

Die Sache verhält sich so: Beyde Ausgänge,
nämlich die Nase, und der Zungenkanal sammt dem
Munde sind zugleich offen. Dadurch theilet sich die
Stimme, die bey allen übrigen Buchstaben nur al-
lein durch eine beyder Oeffnungen heraus geht, in
zwey Wege, folglich muß nothwendig derjenige Theil,
der durch die Nase geht, schwächer werden, als
bey einem jeden anderen N, bey dem der ganze
Strohm der Stimme vereinigt durch dieselbe durch-
zieht. Warum aber dieses en dennoch so sehr, und
noch weit mehr als alle andere N durch die Nase
zu lauten scheinet, davon wird die Ursache auch
sogleich in die Augen fallen, wenn man dasselbe
noch aus einem anderen Gesichtspunkte betrachtet,
in welchem es weiter nichts anders ist, als ein
Selbstlauter, bey dem sich zugleich auch
die Nase öffnet.
Will ich das französische en in
enlever aussprechen, so geb' ich das a an, und
lasse dabey die Nase offen; dieses gibt das vollkom-
mene en. So ist es mit allen übrigen Selbstlautern,
mit dem on in bonte, mit dem ain in ainsi u. s. w.
Nun ist oben gesagt worden, daß bey allen Selbst-
lautern
die Nase geschlossen seyn muß. Jst sie

es
IV. Abtheilung.

Die Sache verhaͤlt ſich ſo: Beyde Ausgaͤnge,
naͤmlich die Naſe, und der Zungenkanal ſammt dem
Munde ſind zugleich offen. Dadurch theilet ſich die
Stimme, die bey allen uͤbrigen Buchſtaben nur al-
lein durch eine beyder Oeffnungen heraus geht, in
zwey Wege, folglich muß nothwendig derjenige Theil,
der durch die Naſe geht, ſchwaͤcher werden, als
bey einem jeden anderen N, bey dem der ganze
Strohm der Stimme vereinigt durch dieſelbe durch-
zieht. Warum aber dieſes en dennoch ſo ſehr, und
noch weit mehr als alle andere N durch die Naſe
zu lauten ſcheinet, davon wird die Urſache auch
ſogleich in die Augen fallen, wenn man daſſelbe
noch aus einem anderen Geſichtspunkte betrachtet,
in welchem es weiter nichts anders iſt, als ein
Selbſtlauter, bey dem ſich zugleich auch
die Naſe oͤffnet.
Will ich das franzoͤſiſche en in
enlever ausſprechen, ſo geb' ich das a an, und
laſſe dabey die Naſe offen; dieſes gibt das vollkom-
mene en. So iſt es mit allen uͤbrigen Selbſtlautern,
mit dem on in bonté, mit dem ain in ainſi u. ſ. w.
Nun iſt oben geſagt worden, daß bey allen Selbſt-
lautern
die Naſe geſchloſſen ſeyn muß. Jſt ſie

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0378" n="316"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV</hi>. Abtheilung.</hi> </fw><lb/>
              <p>Die Sache verha&#x0364;lt &#x017F;ich &#x017F;o: Beyde Ausga&#x0364;nge,<lb/>
na&#x0364;mlich die Na&#x017F;e, und der Zungenkanal &#x017F;ammt dem<lb/>
Munde &#x017F;ind zugleich offen. Dadurch theilet &#x017F;ich die<lb/>
Stimme, die bey allen u&#x0364;brigen Buch&#x017F;taben nur al-<lb/>
lein durch eine beyder Oeffnungen heraus geht, in<lb/>
zwey Wege, folglich muß nothwendig derjenige Theil,<lb/>
der durch die Na&#x017F;e geht, &#x017F;chwa&#x0364;cher werden, als<lb/>
bey einem jeden anderen <hi rendition="#aq">N</hi>, bey dem der ganze<lb/>
Strohm der Stimme vereinigt durch die&#x017F;elbe durch-<lb/>
zieht. Warum aber die&#x017F;es <hi rendition="#aq">en</hi> dennoch &#x017F;o &#x017F;ehr, und<lb/>
noch weit mehr als alle andere <hi rendition="#aq">N</hi> durch die Na&#x017F;e<lb/>
zu lauten <hi rendition="#b">&#x017F;cheinet</hi>, davon wird die Ur&#x017F;ache auch<lb/>
&#x017F;ogleich in die Augen fallen, wenn man da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
noch aus einem anderen Ge&#x017F;ichtspunkte betrachtet,<lb/>
in welchem es weiter nichts anders i&#x017F;t, als ein<lb/><hi rendition="#b">Selb&#x017F;tlauter, bey dem &#x017F;ich zugleich auch<lb/>
die Na&#x017F;e o&#x0364;ffnet.</hi> Will ich das franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che <hi rendition="#aq">en</hi> in<lb/><hi rendition="#aq">enlever</hi> aus&#x017F;prechen, &#x017F;o geb' ich das <hi rendition="#aq">a</hi> an, und<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e dabey die Na&#x017F;e offen; die&#x017F;es gibt das vollkom-<lb/>
mene <hi rendition="#aq">en</hi>. So i&#x017F;t es mit allen u&#x0364;brigen Selb&#x017F;tlautern,<lb/>
mit dem <hi rendition="#aq">on</hi> in <hi rendition="#aq">bonté</hi>, mit dem <hi rendition="#aq">ain</hi> in <hi rendition="#aq">ain&#x017F;i</hi> u. &#x017F;. w.<lb/>
Nun i&#x017F;t oben ge&#x017F;agt worden, daß bey allen <hi rendition="#b">Selb&#x017F;t-<lb/>
lautern</hi> die <hi rendition="#b">Na&#x017F;e ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en</hi> &#x017F;eyn muß. J&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0378] IV. Abtheilung. Die Sache verhaͤlt ſich ſo: Beyde Ausgaͤnge, naͤmlich die Naſe, und der Zungenkanal ſammt dem Munde ſind zugleich offen. Dadurch theilet ſich die Stimme, die bey allen uͤbrigen Buchſtaben nur al- lein durch eine beyder Oeffnungen heraus geht, in zwey Wege, folglich muß nothwendig derjenige Theil, der durch die Naſe geht, ſchwaͤcher werden, als bey einem jeden anderen N, bey dem der ganze Strohm der Stimme vereinigt durch dieſelbe durch- zieht. Warum aber dieſes en dennoch ſo ſehr, und noch weit mehr als alle andere N durch die Naſe zu lauten ſcheinet, davon wird die Urſache auch ſogleich in die Augen fallen, wenn man daſſelbe noch aus einem anderen Geſichtspunkte betrachtet, in welchem es weiter nichts anders iſt, als ein Selbſtlauter, bey dem ſich zugleich auch die Naſe oͤffnet. Will ich das franzoͤſiſche en in enlever ausſprechen, ſo geb' ich das a an, und laſſe dabey die Naſe offen; dieſes gibt das vollkom- mene en. So iſt es mit allen uͤbrigen Selbſtlautern, mit dem on in bonté, mit dem ain in ainſi u. ſ. w. Nun iſt oben geſagt worden, daß bey allen Selbſt- lautern die Naſe geſchloſſen ſeyn muß. Jſt ſie es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/378
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/378>, abgerufen am 29.04.2024.