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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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men noch manche Lebensumstände vor, deren Wahrheit jetzt
noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Diese
Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchst
schätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber
die Ergebnisse waren von der Art, daß mehrere Aussa-
gen unentschieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere
aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieser
Mangel nichts gegen die Besitzungen beweisen; denn wenn
auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee
oder Verstellung der Frau im Spiel gewesen sey, so würde
sie gerade die Lebensumstände, die ihr von den Verstorbe-
nen bekannt seyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf-
ter angegeben haben. Zu einer solchen Meinung ist aber
nicht der geringste Grund vorhanden, vielmehr sprechen alle
Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher-
stellung ihrer Gesundheit ist der stärkste Beweis dagegen.



Der Exorcismus.

Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey diesem
Worte hatte, habe ich überwunden, seitdem ich mich theils
durch evangelische, theils theoretische Gründe, theils durch
Selbstbeobachtungen, von dem Daseyn einer Unnatur über-
zeugt habe.

Die evangelischen Gründe finde ich nicht nur darin, daß
Christus den Exorcismus selbst häufig angewandt hat, und
daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und sprachen:
"Herr! in deinem Namen sind uns auch die Teufel unter-
than," sondern auch hauptsächlich in der sichern Verhei-
ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach seiner Auf-
erstehung, mithin für alle Zukunft, gab: "In meinem Na-
"men werden die Glaubigen Teufel austreiben, -- -- und,
"so sie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit
"ihnen besser werden." In dieser Stelle ist nicht nur die
volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, sondern die Be-

men noch manche Lebensumſtände vor, deren Wahrheit jetzt
noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Dieſe
Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchſt
ſchätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber
die Ergebniſſe waren von der Art, daß mehrere Ausſa-
gen unentſchieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere
aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieſer
Mangel nichts gegen die Beſitzungen beweiſen; denn wenn
auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee
oder Verſtellung der Frau im Spiel geweſen ſey, ſo würde
ſie gerade die Lebensumſtände, die ihr von den Verſtorbe-
nen bekannt ſeyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf-
ter angegeben haben. Zu einer ſolchen Meinung iſt aber
nicht der geringſte Grund vorhanden, vielmehr ſprechen alle
Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher-
ſtellung ihrer Geſundheit iſt der ſtärkſte Beweis dagegen.



Der Exorcismus.

Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey dieſem
Worte hatte, habe ich überwunden, ſeitdem ich mich theils
durch evangeliſche, theils theoretiſche Gründe, theils durch
Selbſtbeobachtungen, von dem Daſeyn einer Unnatur über-
zeugt habe.

Die evangeliſchen Gründe finde ich nicht nur darin, daß
Chriſtus den Exorcismus ſelbſt häufig angewandt hat, und
daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und ſprachen:
„Herr! in deinem Namen ſind uns auch die Teufel unter-
than,“ ſondern auch hauptſächlich in der ſichern Verhei-
ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach ſeiner Auf-
erſtehung, mithin für alle Zukunft, gab: „In meinem Na-
„men werden die Glaubigen Teufel austreiben, — — und,
„ſo ſie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit
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[146/0160] men noch manche Lebensumſtände vor, deren Wahrheit jetzt noch durch Erkundigung ausgemittelt werden konnte. Dieſe Erkundigung wurde von einem ganz unbefangenen, höchſt ſchätzbaren Freunde an Ort und Stelle unternommen, aber die Ergebniſſe waren von der Art, daß mehrere Ausſa- gen unentſchieden blieben, mehrere nur halbwahr, andere aber ganz wahr erfunden wurden. Uebrigens kann dieſer Mangel nichts gegen die Beſitzungen beweiſen; denn wenn auch die Meinung gefaßt werden wollte, daß eine fixe Idee oder Verſtellung der Frau im Spiel geweſen ſey, ſo würde ſie gerade die Lebensumſtände, die ihr von den Verſtorbe- nen bekannt ſeyn konnten, weit richtiger und unzweifelhaf- ter angegeben haben. Zu einer ſolchen Meinung iſt aber nicht der geringſte Grund vorhanden, vielmehr ſprechen alle Gründe dagegen, und der endliche Erfolg mit Wiederher- ſtellung ihrer Geſundheit iſt der ſtärkſte Beweis dagegen. Der Exorcismus. Den Aufklärungs-Schauer, den ich früher bey dieſem Worte hatte, habe ich überwunden, ſeitdem ich mich theils durch evangeliſche, theils theoretiſche Gründe, theils durch Selbſtbeobachtungen, von dem Daſeyn einer Unnatur über- zeugt habe. Die evangeliſchen Gründe finde ich nicht nur darin, daß Chriſtus den Exorcismus ſelbſt häufig angewandt hat, und daß die Jünger ihm mit Freuden berichteten und ſprachen: „Herr! in deinem Namen ſind uns auch die Teufel unter- than,“ ſondern auch hauptſächlich in der ſichern Verhei- ßung, die er Allen, die da glauben, noch nach ſeiner Auf- erſtehung, mithin für alle Zukunft, gab: „In meinem Na- „men werden die Glaubigen Teufel austreiben, — — und, „ſo ſie auf die Kranken die Hände legen, wird es mit „ihnen beſſer werden.“ In dieſer Stelle iſt nicht nur die volle Befugniß zum Exorcismus enthalten, ſondern die Be-

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/160>, abgerufen am 28.03.2024.